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Schlüsselspiele für drei Paare

Schlüsselspiele für drei Paare

Titel: Schlüsselspiele für drei Paare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Nervenbündel. Er sah sich in dem Netz der ekligen Spinne, die Ostra hieß, und er war zu feige, das Gespinst zu zerreißen. Zuviel stand auf dem Spiel: seine Stellung als Direktor, seine Villa in Grünwald, sein Ansehen bei den Vereinen, sein guter bürgerlicher Ruf weit und breit, seine Freundschaften im Geldadel Münchens. Alles ging in die Brüche, wenn Volbert sich wehrte und für die Anständigkeit opferte. Ostra hatte es ihm deutlich genug gesagt, als ahnte er die Gedanken Volberts.
    »Anständigkeit zahlt sich nicht aus, Friedrich. Man wird es dir zehn Minuten lang hoch anrechnen, daß du den Schuft Ostra dem Gesetz übergeben hast – aber bis zu deinem Lebensende wird man dir nachtragen, daß du Schlüsselspiele, lebende Bilder und andere Scherze veranstaltet hast. Ein geknicktes und geschweißtes Eisen hat nie die Festigkeit eines unbeschädigten Stahles. Sag ehrlich: Was sind zehn Minuten Triumph und Händeschütteln gegen das, was dann kommt?«
    »Du bist ein Satan!« hatte Volbert geantwortet. Das war das einzige, was er tun konnte: fluchen und beleidigen. Aber es tropfte an Ostra ab wie Wasser an einer Gummischürze.
    »Es kann gar nichts schiefgehen«, sagte Ostra jetzt. Draußen rumpelte der Militärlastwagen mit den Steuergeräten aus dem Tor; der Nachtwächter stand vor seinem gläsernen Häuschen und grüßte stramm. »Wir haben eine normale, angemeldete Sendung nach Honduras. Zehntausend Tauchsieder. Verzollt und bezahlt. Die Papiere sind in Ordnung. Die Ausfuhrgenehmigung liegt vor.«
    Volbert sah Ostra von der Seite an. Manchmal fürchtete er direkt die eiskalte Art, mit der Ostra gleichgültig ungeheure Dinge sagte. »Woher sind denn die Papiere?« fragte er. »Du kannst doch unmöglich diese amtlichen Bescheinigungen …«
    Ostra winkte ab und rieb sich sein Knie mit dem Lineal. »Natürlich nicht. Aber ich habe unseren guten Düppel …«
    Volbert sprang wie gestochen auf. »Um Himmels willen, du hast Ludwig auch noch eingeweiht? Düppel ist ein Trottel!«
    »Wem sagst du das? Ludwig weiß gar nichts. Er druckt nur die falschen Papiere, ohne zu wissen, wozu. Das Ausfüllen der ›amtlichen Formulare‹ mache ich allein.« Ostra hieb mit dem Lineal ein paarmal durch die Luft wie ein Fechter. Er hatte Fechten gelernt, damals, auf der Führerschule der SS. Sein berühmtester Gegner war Heydrich gewesen … und er hatte ihn gewinnen lassen, als er das kalte Feuer in Heydrichs Augen sah, wenn er ihn mit dem Säbel traf und die Schiedsrichter mit betroffener Stimme zählten. Himmel, wie lange war das her! Und was lag alles dazwischen. Nur noch Bruckmayer wußte von all diesen Dingen. Der Herr Ministerialrat. Ostra lachte leise in sich hinein. Volbert sah ihn erstaunt an.
    »Du kannst noch lachen«, sagte er bitter. »Mir drückt es die Kehle zu.«
    »Ich mußte nur an ein Kuriosum denken. Weißt du, Friedrich, daß die Welt voll von Abnormitäten ist?«
    »Willst du jetzt philosophieren?« Volbert ging unruhig in seinem großen Büro hin und her. Wieder hatte er den Gedanken, alles hinzuwerfen und sich doch zu opfern. Man konnte wegziehen, nach Norddeutschland, wo einen keiner kannte. Ein kleines Haus am Heiderand kaufen, ein Gärtchen, einen Wagen … dazu reichte es allemal. Und den Rest des Lebens in Ruhe verbringen, abseits von allen Gaunereien, mit denen das Dasein so vollgestopft war. Das Leben genießen. Mit Eva, mit neuen Freunden, mit neuen Schlüsselspielen, die diesmal völlig ungefährlich waren, denn es gab nichts mehr bei Volbert zu erpressen. Weder Geld, noch Steuergeräte, noch Ehre. Ein Leben wie ein Null ouvert.
    Die Stimme Ostras riß ihn aus seinen Gedanken. »Ich komme übermorgen die Geräte holen«, sagte er leichthin. In den Ohren Volberts war es wie ein Knall.
    »Morgen?«
    »Übermorgen.«
    »Und wie? An der Pforte schellen und sagen: Ach, ich bin der und der. Ich wollte die Raketenersatzteile abholen …«
    »Es ist beleidigend, daß du mich für einen Idioten hältst«, sagte Ostra bitter.
    »Kein Privatmann hat bisher die Geräte abgeholt. Das weiß der Portier.«
    »Wer sagt, daß es ein Privatmann ist?«
    Volbert starrte Ostra entgeistert an. Das unheimliche Gefühl, einem Teufel gegenüberzusitzen, kam wieder in ihm hoch. Ein Würgen saß ihm in der Kehle. »Du … du hast noch mehr Helfer?« fragte er heiser.
    »Nein. Ich bin allein. Ganz allein.«
    »Aber –«
    Ostra sprang auf und warf das Lineal auf den Tisch zurück. Elastisch, groß, breitschultrig ging er

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