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Schluss mit dem ewigen Aufschieben

Schluss mit dem ewigen Aufschieben

Titel: Schluss mit dem ewigen Aufschieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Rückert
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seien, wie weit zurück mit lächerlich einfachen Aufgaben, wie wenig in der Lage, den inneren Schweinehund
     zu überwinden. Disziplinlos, haltlos, unverantwortlich! Mir ist dann immer wieder aufgefallen, dass sich eine gute Stimmung
     ausbreitet, wenn die Gruppenteilnehmer beschreiben,
wie
sie aufschieben. Das Ergebnis des Aufschiebens ist zwar oft traurig bis trostlos, aber der Vorgang der Vermeidung, wie man
     sich selbst austrickst, überlistet und sich in den Schlendrian wegsacken lässt, das wird häufig mit Spaß und Genuss geschildert.
     Manche Aufschieber beeindrucken durch ungeahnten Wortwitz und launige Pointen. Gut, manches ist Galgenhumor und es werden
     auch Schamgefühle weggelacht. Aber neben allem Leid und Selbstvorwürfen sind offenbar auch Befriedigungen im Spiel, die von
     den anderen Teilnehmern in der Gruppe, die ja alle Experten im Aufschieben sind, meist auch schnell aufgespießt werden. Der
     Psychotherapeut C. G. Jung hat diesen Sachverhalt so beschrieben:
     
    »Ich anerkenne, dass ein psychischer Faktor in mir tätig ist, der sich meinem bewussten Willen in der unglaublichsten Weise
     entziehen kann. Er kann mir außerordentliche Ideen in den Kopf setzen, mir ungewollte und unwillkommene Launen und Affekte
     verursachen, mich zu erstaunlichen Handlungen, für die ich keine Verantwortung übernehmen kann, veranlassen, meine Beziehungen |53| zu anderen Menschen in irritierender Weise stören und so weiter. Ich fühle mich ohnmächtig dieser Tatsache gegenüber,
und was das Allerschlimmste ist: Ich bin in sie verliebt, sodass ich sie erst noch bewundern muss.«
(Jung, 1990, S. 112, Hervorhebung H. W. R.)
     
    Wenn Sie diese Verliebtheit in etwas Subversives in Ihnen, das sich Ihren bewussten Zielen entgegenstellt, erkennen, kann
     Ihnen das helfen, die wirklichen Gründe für Ihr Aufschieben besser zu verstehen und sie zu verändern.
    Womöglich erleben Sie Ihre Vorhaben, Aufgaben und Pläne nur noch als Verpflichtungen. Sie müssen sie nicht einmal als lästige
     Pflichten empfinden, sodass Sie erwarten könnten, dass Sie sich drücken wollen, sondern es sind Pflichten, die auch aus Ihrer
     Sicht erledigt werden müssen. Sie verhalten sich dann wie ein Auftraggeber, der auf rasche und pünktliche Erledigung pocht.
     In dieser Rolle schimpfen Sie über sich, dass Sie in Verzug sind, die Sachen nicht ordentlich erledigt haben und überhaupt
     unzuverlässig sind. Genauso würden Sie sich auch in der Autowerkstatt verhalten, wo Ihr Wagen nun schon seit Wochen zur Reparatur
     steht und Sie vom einen auf den andern Tag vertröstet würden. Allerdings sind Sie als Aufschiebeexperte auch der Auftragnehmer,
     also der Werkstattchef. Für den ist unter Umständen Ihr Auto wirklich nicht so wichtig. Und je mehr Sie drängen, desto mehr
     schaltet er auf stur. Druck erzeugt Gegendruck. Sie sind der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaft in einer Person. Moderne
     Methoden der Konfliktlösung sind Ihnen in beiden Rollen unbekannt, deswegen versuchen Sie es mit Autorität einerseits (»Klappe
     halten und arbeiten! Rund um die Uhr, sonst gibt’s Ärger!«) und einer Art Sitzstreik andererseits. In der verschärften Form
     sperren Sie sich gleichzeitig aus und demonstrieren vor Ihrem Werkstor gegen sich. Was Ihnen fehlt, ist ein Vermittler.
    In der Sprache der Psychoanalyse sagt man, dass Sie sich mit Ihrem Über-Ich (der Ort, in dem die Gebote und Verbote stecken)
     identifiziert haben und gleichzeitig vom Es (Ihrer triebhaften Seite) her unter ständigem Sperrfeuer liegen. Wenn Sie über
     kein starkes Ich verfügen, das beide Seiten wahrnehmen kann, ohne ihnen gleich zu folgen, dann werden Sie zum Diener mal der
     einen, mal der anderen Seite. Um es sich mit keiner endgültig zu verderben, schieben Sie auf. Das Über-Ich kommandiert, dass
     dieses und jenes gemacht |54| werden müsse und droht Ihnen ein paar saftige Strafen an. Sie knallen verängstigt und gehorsam die Hacken zusammen und wollen
     loslegen, aber da kommt so ein verführerischer kleiner Triebimpuls: Man könnte doch erst einmal ein bisschen trödeln, fernsehen,
     ausweichen, und lächelnd folgen Sie ihm. Das Über-Ich aber sinnt auf Rache und setzt Sie das nächste Mal noch mehr unter Druck.
     Und umso leichter gehen Sie jetzt auf die geringste Verlockung ein, weil Sie ja noch viel geängstigter sind, also schneller
     und dringender eine unmittelbare Entlastung von der Angst und dem Unbehagen brauchen. Und vielleicht haben Sie auch

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