Schluss mit frustig
Das war nicht immer so in meinem Leben, das musste ich erst lernen. Deshalb bin ich auch zutiefst überzeugt davon, dass jeder Mensch es lernen kann. Ich selbst war lange Jahre meines Lebens wie taub und blind. Ich trieb Raubbau an meinem Körper und beschäftigte mich ständig mit Reaktionen. Ich hatte vergessen, welche Möglichkeiten in mir schlummern. Irgendwann hatte ich die Maske aufgesetzt und es nicht mal gemerkt. Ich war ein Workoholic. Vierzehn bis sechzehn Arbeitsstunden pro Tag an sechs Tagen in der Woche waren für mich normal. Rückblickend sehe ich, dass mein Leben nur aus Anspannung und Ängsten bestand. Seinerzeit hatte ich gar keine Zeit, das zu erkennen, denn ich war rund um die Uhr beschäftigt. Im Alter von siebenunddreißig Jahren kam der erste Weckruf. Ein Tinnitus. Der hielt mich nicht auf. Ich versuchte ihn zu überhören und machte weiter wie bisher. Mit vierzig musste ich mich einer schweren Herzoperation unterziehen. Da konnte ich nichts mehr überhören oder wegschieben. Das war existenziell. Im Krankenhaus erkannte ich, dass ich nicht so weitermachen konnte. Nicht nur meine Gesundheit war zusammengebrochen, mein ganzes Leben war betroffen, eine Scheidung stand ins Haus, aus dem ich obendrein ausziehen musste. Ich war mit den Trümmern meiner Illusionen konfrontiert. So stellte ich mir die grundsätzliche Frage: Wer bin ich und was erwarte ich vom Leben?
Was ist entscheidend?
Die Antworten, die ich fand, waren wie eine Strickleiter, mit deren Hilfe ich mich wieder nach oben kämpfte. Ich fing bei null an. Und es war gut so, denn ich war nun endlich angekommen bei mir selbst. Ich hatte mir die Maske vom Gesicht gerissen. Ich wusste jetzt, worauf es ankommt. Raus aus der Komfortzone und echt sein. Den Gefühlen trauen. Auf die Gefühle bauen. Gute Gefühle! Darauf kam es mir an: ein schönes Leben mit guten Gefühlen, und dazu brauchte ich keine Kreuzfahrt.
Ich lernte, dass ich keinen äußeren Luxus benötige, wenn ich über den Schatz des inneren Luxus verfüge: Mich selbst, mein ureigenes Sein ausdrücken zu können. Echt und frei sein – fast ein bisschen wie damals als Kind. Ich lernte wieder zu lachen, indem ich mit anderen Menschen Lachyoga machte, und zu weinen, weil ich den Schmerz nicht mehr unterdrückte. Das machte mich verletzlich und lebendig zugleich. Ich ließ das Leiden, das ich gar nicht als solches erkannt hatte, hinter mir. Ich lernte, was es bedeutet, für sein eigenes Leben im vollen Umfang verantwortlich zu sein, als ich kein Geld mehr verdiente, mit einem Minimum an Erspartem auskommen musste und drei Monate auf dem Zeltplatz lebte. Dabei wurde mir klar, dass das alles keine Belastung, sondern eine Befreiung war. Und ich erkannte, dass ich selbst derjenige bin, der die guten Gefühle steuern kann. Ich kann sie herbeirufen, wann immer ich das möchte.
Und das können Sie auch. Sogar ohne die Extreme zu durchleben wie ich, denn Sie halten ja bereits dieses Buch in der Hand. Sie wissen also schon, dass in Ihrem Leben etwas nicht stimmt, dass sich etwas ändern muss in Ihrem Denken, Ihrem Handeln. Dass Sie in die Aktion kommen und Ihre Komfortzone verlassen müssen.
Gehen Sie in sich
Wer sind Sie und was erwarten Sie vom Leben? Was ist Ihnen am wichtigsten? Und damit meine ich keine materiellen Werte, sondern die Dinge, auf die es letztlich ankommt: Liebe, Freiheit … Worauf legen Sie am meisten Wert? Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit und schreiben Sie auf, was Ihnen einfällt. Wenn Sie es herausgefunden haben, können Sie zwischen vier Möglichkeiten wählen, wie Sie mit den anstehenden Entscheidungen, die Ihre wichtigsten Werte auch im Alltag auf die ersten Plätze rücken, umgehen möchten:
Ich will die Dinge sofort radikal ändern.
Ich will die Dinge mit kleinen Schritten ändern.
Ich will die Entscheidung vertagen, bis ich mehr Kraft habe.
Ich will leben wie bisher.
Das können Sie jetzt gleich ausprobieren, indem Sie Ihre Liste zu den fünf Krafträubern bearbeiten. Notieren Sie also hinter jedem Ihrer fünf Krafträuber eine der vier vorstehend genannten Möglichkeiten …
Ein Beispiel
Angenommen Sie haben im Bereich Beziehung den Krafträuber »zu viel Arbeit« dingfest gemacht. Wie wollen Sie ihn in einen Kraftspender verwandeln? Möchten Sie das Problem radikal oder mit kleinen Schritten lösen, wollen Sie die Entscheidung vertagen oder vergessen? Das könnte dann wie folgt aussehen:
Ich will die Dinge sofort radikal verändern: Sie wissen, dass
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