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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Devine würde ihn nicht hören.
     
    Chris starrte ratlos auf das Anwesen in Holland Park. Sie wußte beim besten Willen nicht, was sie jetzt machen sollte. Zunächst hatte sie Tony und Vance laut und deutlich gehört, und dann war der Kontakt plötzlich abgerissen. Das letzte, was sie mitgehört hatte, war der Satz »Die erste Tür rechts«. Das sagte ihr nicht viel, zumal sie nicht mal wußte, welches Stockwerk gemeint war.
    Zuerst hatte sie geglaubt, an dem Gerät wäre etwas nicht in Ordnung. Ein lockerer Draht oder eine Batterie, die nicht richtig in der Halterung saß. Sie überprüfte in hektischer Eile den Kugelschreiber, fand aber nichts. Chris zerbrach sich den Kopf, was da los sein könnte. Ein Gerangel, weil Vance den Minisender entdeckt hatte, hätte sie gehört. Es konnte eigentlich nur so sein, daß Tony den Sender selbst abgestellt hatte. Zum Beispiel, weil er sich in einem Zimmer befand, in dem die elektronische Rückkopplung ihn verraten hätte. Vance hatte was von einem Studio gesagt. Wahrscheinlich standen dort Geräte, die zu einer Rückkopplung führten.
    Sie konnte sich, wenn sie unschlüssig war, selber nicht leiden. Wer weiß, was Tony zugestoßen war. Er hielt sich im Haus eines Mörders auf, bei dem er, wie er selber gesagt hatte, damit rechnen mußte, daß er versuchen würde, ihn umzubringen.
    Natürlich konnte sie es mit seinem Mobiltelefon versuchen. Aber sie hatten abgesprochen, daß sie das nur im äußersten Notfall tun sollte. Andererseits, eine außerplanmäßige Funkstille war ein solcher Notfall. Sie drückte die Wahlwiederholung, unter der seine Nummer gespeichert war, und die Sendetaste. Einige Sekunden vergingen, dann sagte eine aufreizend ruhige weibliche Automatenstimme: »Die von Ihnen angewählte Telefonanlage ist zur Zeit nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es später wieder.«
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße«, zischte sie. Sie war am Ende ihres Lateins. Es konnte sein, daß sie Tony die Tour vermasselte, aber wenn sie damit Schlimmeres verhüten würde, nahm sie es in Kauf. Sie sprang aus dem Wagen, überquerte die Straße und rannte auf Vance’ Haus zu.
     
    Tony war sich des Risikos, das er einging, voll bewußt. »Nette kleine Spielzeugsammlung, die Sie hier aufgebaut haben.«
    Vance konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Das Beste, was man mit Geld kaufen kann. So, was sollte ich mir ansehen?«
    Tony gab ihm die Videokassette und sah zu, wie er sie in den Recorder schob. Ihm fiel auf, daß Vance hier, wo ihm alles vertraut war, von der Behinderung nichts anzumerken war. Interessant. Eine Jury würde ihm kaum abkaufen, daß er wirklich so unbeholfen war, wie er sich beim Auftanken von Shaz’ Wagen angestellt hatte. Tony nahm sich vor, dem Gericht, wenn es zum Prozeß kam, vorzuschlagen, daß Vance den Tankvorgang in Anwesenheit der Geschworenen wiederholen sollte.
    »Nehmen Sie irgendwo Platz«, sagte Vance.
    Tony wählte einen Sessel, von dem aus er Vance von der Seite beobachten konnte. Das Band lief, Vance dimmte mit einer Fernbedienung die künstliche Beleuchtung. Tony rüstete sich innerlich für die nächste Stufe der Konfrontation. Zunächst gab das Band den Tankvorgang unbearbeitet wieder, man sah Vance mit der Fliegerbrille, der grauen Perücke und den aufgedunsenen Wangen. Aus Vance’ Kehle kam ein leiser, dumpfer Laut, fast wie ein unterdrücktes Knurren. Als das Band weiterlief, veränderten sich die Tonhöhe und die Lautstärke des Knurrens. Es war ein Lachen, wurde Tony klar.
    »Soll ich das etwa sein?« brachte Vance schließlich glucksend heraus und sah Tony grinsend an.
    »Das
sind
Sie. Sie wissen es, ich weiß es, und bald werden es alle wissen.« Tony hoffte, daß er den richtigen Ton getroffen hatte, irgendwo zwischen Überzeugung und Zweifel. Solange Vance glaubte, alles unter Kontrolle zu haben, gab es die Chance, daß er einen Fehler beging.
    Vance’ Blick huschte zum Bildschirm. Dort lief jetzt das computerbearbeitete Band, in Slow-motion. Die Ähnlichkeit zwischen dem Mann auf dem Video und dem, der mit der Fernbedienung in der Hand in diesem Studio saß, war unverkennbar.
    »Ach du liebes bißchen«, japste Vance amüsiert, »glauben Sie wirklich, irgend jemand würde auf der Basis solcher gefälschter Bilder Anklage erheben?«
    »Das ist noch nicht alles«, sagte Tony gelassen. »Sehen Sie sich’s weiter an. Die Passage, in der Sie das zweite Mal nach Leeds fahren, um den Rest der Arbeit zu erledigen, mag ich besonders.«
    Vance

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