Schmeckts noch
ans Futter zu gelangen. Ausgerupfte Federn und Verletzungen sind die Folge der Enge. Legehennen können nicht mit den Flügeln schlagen. Sie müssen sich mit einem Raum von der Größe eines DIN-A4-Blatts begnügen. Das macht die von Natur aus bewegungsfreudigen Vögel aggressiv. Sie picken sich in den Käfigen gegenseitig an und verletzen sich dabei oft schwer. Die Fußballen der Laufvögel sind am Ende ihres erbärmlichen Hühnerlebens geschwollen, denn Legehennen stehen bis zum bitteren Ende auf Gitterböden, damit der Kot nach unten fallen kann. Ist ihre Legezeitabgelaufen, wird der ganze Bestand zur Schlachtung transportiert. Dann wird der Stall mit den Käfigen desinfiziert und neu besetzt. Die Rotation im Stall soll Krankheiten verhindern. Ein Teil der ausgepowerten Legehennen landet dabei als Suppenhuhn im Topf, die anderen gehen als Kadaver in die Tierfutterindustrie. Auf Omas Hühnerhof konnten die munteren Vögel über 15 Jahre alt werden, und ihr Gefieder sah am Ende immer noch prachtvoll aus.
Eierlegen im Akkord
Von den rund 44 Millionen Legehennen in Deutschland leben über 80 Prozent in Käfigbatterien. Wer heute weniger als 100 000 Hennen hält, wird von den Eiergiganten belächelt. In den größten Eierfarmen der Welt legen sich bis zu 20 Millionen Tiere den Hintern blutig. In China produzieren tausend Millionen Hennen über 300 Milliarden Eier im Jahr. In Deutschland werden 13 Milliarden Eier gelegt. Das sind unvorstellbare Mengen, die die Tanks von Ozeanriesen füllen.
Hühner arbeiten heute im Akkord, bis sie von der Stange fallen. Wie anstrengend ihr Job ist, sieht man manchmal auch bei den Eiern: Blutige Punkte im Ei sind nicht etwa angebrütete Küken – denn Hähne haben schon lange keinen Zutritt mehr auf dem industriellen Hühnerhof –, vielmehr handelt es sich um blutige Einschlüsse, die beim Legen durch die poröse Schale ins Innere des Eis gelangt sind. Eier ohne Dotter (auch das gibt es) entstehen durch Stress. Das Eiklar wird quasi in die Schale verpackt und dann gelegt, bevor der Dotter reif war.
Früher, als die Hühnerwelt noch in Ordnung war, legten die Weibchen die Eier, und der Hahn machte sich auf dem Hühnerhof so lange wichtig, bis er als knuspriger Braten auf dem Tischgelandet ist. Heute erinnert nichts mehr an die Hühnerhofidylle bei Oma und Opa auf dem Land. Die Eier, aus denen Legehennen schlüpfen, werden maschinell ausgebrütet. Moderne Küken haben kein Nest. Sie kommen aus den Brutschränken der industriellen Anlagen. Wer nicht schnell genug schlüpft, landet vorzeitig im Abfall. So wie 45 Millionen männliche Eintagsküken, die maschinell vernichtet werden. Kaum sind sie als winzige gelbe Federbällchen aus dem Ei geschlüpft, laufen sie über ein Fließband in den Schredder und werden wie Abfall vernichtet. Der Grund: Die Männchen legen keine Eier. Aber warum mästet man die Männchen nicht und verwertet ihr Fleisch? Für die Mast ist die Rasse der Legehühner nicht geeignet, denn »Leger« setzen nicht genug Fleisch an. Und so werden die unnützen Küken eben aussortiert und vernichtet.
Rassehühner werden seit gut 40 Jahren nur noch nach dem Aussehen und der Farbe und Anordnung ihrer Federn gezüchtet. Die Zucht von Hühnerrassen, die Eier und Fleisch liefern, haben die privaten Züchter komplett der Industrie überlassen, und seither sind sie von der industriellen Zucht gnadenlos abgehängt worden. Heute kommen über 90 Prozent aller Tiere aus Hybridzüchtung, aus der Tiere mit besonders reinen Eigenschaften hervorgehen, die sich entweder durch eine gute Fleischproduktion auszeichnen oder durch eine hohe Legeleistung. Legehennen werden schon als Eintagsküken weitertransportiert, um dann als Legemaschinen in den Hühnerbatterien zu enden. Den Song der Comedian Harmonists »Ich wollt, ich wär ein Huhn« können heute allenfalls noch Biohühner gackern, die bis zur Vogelgrippe ein Luxusleben im Freien führten, wo sie nach Herzenslust Würmer picken durften und auch schon mal Möhren und Rote Beete zu knabbern bekamen, damit die Dotter tiefgelb werden.
Hühner haben einen großen Bewegungsdrang. Sie laufen auf der Suche nach Futter den ganzen Tag über umher, flattern undbaden im Sand, um ihr Gefieder zu pflegen. Um Eier zu legen, suchen sich Hühner normalerweise ein ruhiges Plätzchen. In den lärmenden Hühnerbatterien kriechen sie dafür unter die Gefieder der Artgenossinnen, die mit ihnen zusammen in einem Käfig eingepfercht sind. All seine
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