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Schmeckts noch

Titel: Schmeckts noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Goris
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professionellen Tomatenerzeugern in den Niederlanden und sonstwo auf der Welt zu gefährlich. Natürliche Erde ist nicht kontrollierbar.
    Wie das Rechenzentrum eines Krankenhauses sieht das Herzstück einer großen Tomatenplantage aus: Wachstum und Nährstoffzufuhr der Pflanzen werden vom Computer gesteuert, Wasser, Dünger und Nährlösungen sind exakt dosiert. Die Tomatenpatienten werden automatisch mit Eisen, Magnesium, Stickstoff, Phosphor, Pottasche, Kalzium und vielem mehr gefüttert. Dafür liefert eine Pflanze weit über 200 Tomaten im Jahr. Um den Ertrag zu erhalten, muss chemisch gedüngt und gespritzt werden. Deshalb sind drei Viertel der Tomaten mit Rückständen von Pestiziden belastet, viele sogar mit mehreren Wirkstoffen gleichzeitig.
    Wenn ein Lebensmittel eingeführt werden soll, für das in anderenEU-Ländern andere Grenzwerte gelten, gibt es Sondergenehmigungen für Gemüseimporteure vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Das kann Wirkstoffe betreffen, die in Deutschland verboten sind. Im Tomatenanbau heißen die Mittel beispielsweise Fludioxonil, Cyprodinil oder Pyrimethanil. Die Erlaubnis, dass so behandelte Tomaten trotzdem eingeführt und verkauft werden dürfen, basiert auf anderen Klimaverhältnissen in den Anbauländern. Was für die europäischen Nachbarn gilt, ist deutschen Tomatenanbauern häufig nicht erlaubt. Deshalb ist es besser, in der Saison deutsche Tomaten zu kaufen, für die nicht all die Ausnahmeregelungen für Importware gelten. Unser Lebensmittelrecht ist strenger.
    Die moderne Tomate sieht die Sonne nur selten, spürt Wind und Regen nie auf der Haut. Dafür bestraft sie den Konsumenten mit einem eher faden Einheitsgeschmack. »Hollandtomate« ist zum Schimpfwort geworden, und doch verkaufen die Niederländer ihr rotes Gold in alle Welt, bis nach Japan und in die USA. Mittlerweile haben die Einheitssorten, die als »gefärbtes Wasser« verhöhnt werden, Konkurrenz aus dem eigenen Land bekommen. Denn als der Kunde der Geschmacklosigkeit überdrüssig wurde, griff er im Supermarkt immer häufiger zu kanarischen Tomaten. Um im Geschäft zu bleiben, haben die Holländer sich Testfrüchte aus aller Welt einfliegen lassen, gut 100 unterschiedliche Sorten mit Wildformen gekreuzt und schließlich die supermarktfähige Strauchtomate erfunden.
    Dass die Strauchtomate etwas aromatischer schmeckt als die anderen Fabriktomaten, hängt von der Sorte ab. Auch die Strauchtomate ist ein Fließbandprodukt, das intensiv gedüngt und gespritzt werden muss. Ausschlaggebend ist wieder die Optik. Sechs Tomaten müssen an einer Rispe hängen, wenn des Deutschen liebstes Gemüse endlich im Supermarkt liegt. So will es der Handel, und der bestimmt ganz wesentlich, wie Obst und Gemüse auszusehen hat. Der Blumenkohl zum Beispiel muss mit fünf anderenKöpfen genau in eine Kiste passen, die Gurke darf nicht krumm sein, muss 250 Gramm auf die Waage bringen und 25 Zentimeter lang sein. Dass kleine Gurken besser schmecken, ist den Zentraleinkäufern der Supermarktketten erst mal egal. Und der Kunde ist glücklich, weil die Fabrikgurke billig ist. Wie lecker natürlich gewachsene, krumme Gurken sind, wird er vielleicht nie erfahren.
     
Plastikplanen-Land ernährt Europa
     
    Im Süden Spaniens verschandelt der industrielle Gemüseanbau ganze Landstriche. Almería ist zum Plastikland der Agroindustrie geworden und macht den Holländern heftig Konkurrenz. Wer einen Blick unter die Planen wirft, sieht auch menschliches Elend: Afrikanische Wanderarbeiter ackern hier unter erbärmlichen Arbeitsbedingungen.
    Man erahnt sofort, wieviel Wasser nötig ist, um in der Wüstenlandschaft im Süden Spaniens Gemüse zu ziehen. Viele hundert Milliarden Liter Wasser sind es, die aus einem fossilen Reservoir aus rund 50 Metern Tiefe aus dem Wüstenboden gepumpt werden, Saison für Saison, Jahr für Jahr. Der Preis für billiges Gemüse ist hoch: pestizidbelastete Böden, hoher Energieverbrauch, die Plünderung uralter Grundwasservorräte und die Versalzung des Bodens. Denn im Schwemmland an der Küste läuft Salzwasser in die wertvollen Süßwasserreservoirs nach, wenn dort das Wasser abgepumpt wird.
    Die Spanier gelten als die schlimmsten Giftspritzer in Europa, doch das Geschäft mit dem Grünzeug boomt: 1,4 Millionen Tonnen Tomaten, Paprika, Zucchini, Auberginen, grüne Bohnen und Honigmelonen gedeihen pro Saison im Plastikland an der Küste im Süden Spaniens. Die Gewächshausproduzenten in

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