Schmeckts noch
Almería fütternDeutschland, den mit Abstand wichtigsten Kunden, mit über 800 000 Tonnen Gemüse. Hier wachsen auch die »Longlife«-Tomaten, die »Daniela« oder »Vanessa« heißen und selbst nach 20 Tagen noch nicht matschig sind.
Alle Gemüsesamen, die maschinell ausgesät werden, sind Hybridzüchtungen. Korn für Korn müssen sie in jeder Saison aufs neue von der international agierenden Saatgutindustrie, wie zum Beispiel dem kalifornischen Konzern Petoseed, gekauft werden. Der amerikanische Samenmulti hält mit dem holländischen Rijk-Zwaan-Konzern und dem größten deutschen Saatzüchter, der KWS Saat AG, sowie dem US-Konzern Monsanto die Samenfäden in der Hand. KWS macht in einem Geschäftsjahr rund 500 Millionen Euro Umsatz. Der Vorstand des Konzerns kann zuversichtlich in die Welt blicken. Man profitiert von den globalen Veränderungen in der Landwirtschaft. Der Weltmarkt für Saatgut liegt bei immerhin 13 Milliarden Dollar, und der Bedarf der Gemüsebauern an immer neuen Samen bleibt gesichert, denn Hybriden sind unfruchtbar und nur für ein einziges Anbaujahr geeignet. Dann muss wieder neues Saatgut gekauft werden – und zwar bei den immer gleichen Konzernen.
Hybriden entstehen, wenn man zwei Inzuchtlinien miteinander kreuzt, ein Vorgang, der so in der Natur nicht vorgesehen ist. Vielleicht sind Hybriden deshalb meistens steril. Die Produktion steriler Samen ist heute eine Hightechindustrie. Seminis, einer der großen multinationalen Gemüsesaatguthändler, hat sogar die Macht, einfach Sorten vom EU-Markt zu nehmen und durch seine Hybridprodukte zu verdrängen.
Doch manchmal wendet sich die Inzucht auch gegen die Erzeuger. Das Bananengeschäft zum Beispiel steht vor einem großen Problem, weil alle Bananen, die weltweit gehandelt werden, mehr oder weniger zu ein und derselben Varietät gehören. Sie heißt Cavendish und ist bedroht von einem Pilz, dem schwarzen Sigatoka. Da die moderne Banane züchterisch quasi eine Einbahnstraßeist und niemand weiß, wie der Pilz zu besiegen ist, hat sich sogar die Welternährungsorganisation (FAO) eingeschaltet, denn es wird befürchtet, dass das Überleben der Banane bedroht ist. Ein Obstladen ohne Bananen? Undenkbar! Das Überleben der begehrten Frucht ist abhängig von alten Sorten, und die sind durch die jahrzehntelange genetische Spezialisierung und Konzentration auf Erntemengen verlorengegangen.
Wer sich die Konzernstrukturen der Hybridlieferanten (nicht nur im Bananengeschäft) genauer anschaut, entdeckt im Firmengeflecht häufig Chemieriesen wie zum Beispiel Novartis. Die Saatzuchtindustrie und die Agrochemie gehen Hand in Hand. Weltweit wird für den sogenannten Pflanzenschutz die unvorstellbare Summe von 30 Milliarden Dollar ausgegeben. Es geht um Insektenvertilgungsmittel, Unkrautvernichter und Chemikalien gegen Pilze. Ein lohnendes Geschäft, denn ohne Chemie läuft im Anbau nichts mehr.
Da haben wir den Salat!
Nicht nur Tomaten, auch Fabriksalate müssen jede Menge Pflanzenschutzmittel schlucken. Bei Untersuchungen von Kopfsalat liegt häufig jede zehnte Probe aus konventionellem Anbau über dem Grenzwert. Völlig unbelastete Ware ist so selten wie ein Lottogewinn. Schadstoffe wie Nitrat werden heute wie selbstverständlich mit Salat in Verbindung gebracht. Und trotzdem glaubt der Verbraucher, Salat sei gesund. Pro Haushalt werden 3,4 Kilo im Jahr gekauft, besonders beliebt sind Eisberg- und Kopfsalat. Die heimische Ernte reicht längst nicht mehr aus, um die Nachfrage zu erfüllen. Aus Holland, Spanien, Italien, Frankreich und Belgien müssen all die grünen Köpfe importiert werden, die den deutschen Salathunger stillen.
Doch die grünen Verheißungen sind leere Versprechungen. Kopfsalat müsste eigentlich in Flaschen abgefüllt werden, denn er besteht zu über 95 Prozent aus Wasser. Die Vitaminbilanz ist kläglich, die Mengen von Vitamin C und Betacarotin sind nicht nennenswert. Dafür liegt die vermeintliche Fitnesspflanze bei Schadstoffmessungen gerade im Winter häufig im roten Bereich. Der Grund ist simpel: Ohne Sonnenlicht kann das Nitrat aus dem Dünger in der Pflanze nicht abgebaut und in pflanzliche Eiweiße und Vitamine umgebaut werden. Es reichert sich statt dessen im Salat an. Da helfen auch die Lampen nicht, die all die Köpfe 18 Stunden lang bescheinen und die Landschaften rund um Treibhäuser auch nachts erhellen. Blattsalate wie Rucola, Kopf- und Feldsalat – die besonders beliebten Sorten – fallen leider besonders
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