Schmeckts noch
Emmentaler und Edamer. Auf Platz vier liegt etwas abgeschlagen der Camembert, dann der Tilsiter, gefolgt vom Butterkäse. All die Supermarktsorten schmecken Tag für Tag, Sommer wie Winter und Jahr für Jahr gleich.
Dabei hat das Käseland Deutschland viel mehr zu bieten als ein paar Sorten aus dem Supermarkt. Doch die Käsetradition, die viele Jahrhunderte zurückreicht, geht heute leider im Industriekäsesortiment unter. Sauermilchkäse ist genauso alt wie die Viehzucht nördlich der Alpen. Käsesorten wie der bayerische Handkäse, aber auch der Emmentaler wurden urkundlich erstmals 1200 erwähnt, und ein Text aus dem Jahr 1282 erzählt von der Kunst der Herstellung von Appenzeller. Die Mönche in den Klöstern überall im Land hielten die alten Rezepturen und Techniken der Käseherstellung schriftlich fest. Klöster gelten wie auch beim Bierbrauen und Weinkeltern als Wiege der Käsekultur.
Wie Käse »erfunden« wurde, liegt im Dunkel der Geschichte. Die erste Berührung mit einer Art von Käse hatten sicherlich Steinzeitjäger. Sie haben im Magen getöteter Kälber, die noch von der Muttermilch abhängig waren, einen weißlichen Klumpen entdeckt und die gallertartige Masse probiert. Was die Steinzeitmenschen da verzehrten, war Milch, die durch das Labenzym verdaut wurde – eine Vorstufe von Käse.
Mit dem Beginn der Viehhaltung und der Domestizierung von Ziegen und Schafen hat der Mensch dann allmählich aus der Not heraus gelernt, wie man überschüssige Milch haltbar machen kann. Möglicherweise kam ihm der Zufall bei der Entdeckung von Käse zu Hilfe, und jemand hat Milch zur Aufbewahrung in einen Kälbermagen abgefüllt und so überraschend die Auswirkung von Lab auf Milch erfahren.
Im späten Mittelalter und in der Renaissance wurde die Kunst, Käse zuzubereiten, in Deutschland perfektioniert. Dabei spielten Emigranten aus Holland, die im 16. Jahrhundert vor der religiösen Verfolgung im eigenen Land nach Schleswig-Holstein flüchteten und ihr Käsewissen mitbrachten, eine große Rolle. Zur Blütezeit stellten über 500 Meiereien im hohen Norden landesübliche Käse her.
Berühmt für die Region ist noch heute der elfenbeinfarbige Tilsiter mit seinen unverwechselbaren schlitzförmigen Löchern. Nach dem Bad in der Salzlake wird der Laib mit Rotschmiere gebürstet, die den Käse vor unerwünschten Keimen schützen soll. Die Rezeptur für Tilsiter wurde 1840 erstmals niedergeschrieben; seine ursprüngliche Heimat liegt allerdings in Ostpreußen. Der kleine, aber pikante Bruder des Tilsiters heißt Steinbuscher. Er ist geformt wie ein Backstein und wird erstmals 1860 schriftlich erwähnt. Zur Tilsiterfamilie gehört auch der Wilstermarschkäse.
Regionale Käsespezialitäten
Jede Region in Deutschland hat ihre ureigene Käsetradition. Sauermilchkäse ist typisch für Hessen. Hier schätzt man Mainzer Handkäse, Harzer Roller oder Olmützer Quargel. Handkäs und Spundekäs waren ein deftiges Armeleuteessen, zu dem es einen Kanten Brot, Zwiebeln und Apfelwein gab. Für die Fuhrleute derdamaligen Zeit war der Spundekäs, eine Mischung aus Quark, Schmand und Frischkäse, als Wegzehrung auf weiten Touren beliebt. Handkäse ist ein Sauermilchkäse, der mit der Hand zu kleinen Rollen geformt wird. Durch die Reifung wird er leicht glasig und passt perfekt zum hessischen »Äppelwoi«, dem Apfelwein. In Scheiben geschnitten und mit Essig, Öl, Zwiebeln und Kümmel wie Salat angemacht, genießt man den »Handkäs mit Musik« rund um Frankfurt am Main. Die Bezeichnung »mit Musik« deutet die Verdauungsgeräusche an, die nach dem Verzehr des Odenwälder Nationalgerichts früher oder später unvermeidlich zu hören sind.
Im Süden Hessens ist der Frühstückskäse zu Hause, ein cremiger Weichkäse mit Rotkulturen, der, nach seinem Herkunftsdorf benannt, auch als »Hüttenthaler« bekannt ist, eine original Odenwälder Spezialität. Er wurde von den Melkern als morgendliche Vesper gegessen, daher der Name »Frühstückskäse«. Seine Herkunftsbezeichnung ist geschützt.
Die Hessen waren recht findig, wenn es um neue Käsesorten ging. 1886 beschloss man in Lauterbach, einen »Fettkäse französischer Art« herzustellen. Der erste deutsche Camembert war erfunden.
In Sachsen ist der Altenburger Ziegenkäse Tradition. Der rahmige Käse ist mit weißem Camembertschimmel überzogen und gehört zu den ältesten Weichkäsesorten Deutschlands. Obwohl er Ziegenkäse heißt, besteht er hauptsächlich aus Kuhmilch und
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