Schmeckts noch
werden häufig mit Hilfe von Bakterienstämmen hergestellt. Vergleicht man aromatisierten Fruchtjoghurt aus dem Kunststoffbecher mit selbstgemachtemJoghurt, in den man frisches Obst geschnitten hat, enthält der Fabrikjoghurt oft mehr als das Zwanzigfache der Hauptaromastoffe von natürlichen Früchten. Der intensive Geschmack verführt vor allem Kinder dazu, zuviel zu essen. Zudem verlieren sie durch aromatisierte Lebensmittel leicht das natürliche Geschmacksempfinden: Wer nur aromatisierten Erdbeerjoghurt kennt, der findet Omas Joghurt mit frischen Früchten aus dem Garten »fad«.
Nicht nur um Aromen, sondern um alle Zusätze in Milchprodukten wird eine gigantische Geheimniskrämerei gemacht. Von »Betriebsgeheimnissen« ist in der Lebensmittelbranche gern dann die Rede, wenn man lieber mit verdeckten Karten arbeiten will. Im Zentrum aller Joghurtgeheimnisse stehen die »Pektine«. Sie sind Multitalente! In Joghurt reagieren sie mit dem Kalzium und verbessern Textur und Stabilität. Sie machen die Fruchtzubereitungen leichter dosierbar, länger haltbar und verleihen dem Becherinhalt eine glatte, geschmeidige Struktur. In Fruchtjoghurt unterstreichen Pektine außerdem den typischen Geschmack. Soll die Fruchtzubereitung unten am Becherboden vom Joghurt getrennt bleiben, wirken Pektine gegen die Vermischung der beiden Substanzen. In Trinkjoghurts verhindern hochveresterte Apfelpektine eine Ausflockung während der Wärmebehandlung. Obendrein verlängern sie die Lagerzeit.
Auch wenn »Pektin« auf der Ware steht, kennt selbst der Joghurthersteller nicht alle Geheimnisse rund um den Stoff. Wer »Technologien für Produkte auf Milchbasis« liefert, verrät seine Geheimnisse nicht gern, denn die Konkurrenz ist groß, sagt die Zulieferindustrie. Ganz gleich, ob die Firmen Emulgatoren, Stabilisatoren, Proteine oder Fruchtzubereitungen liefern: Wer Joghurt herstellt, muss seinen Lieferanten vertrauen. Man kann heute ganze »Systeme« aus verschiedenen Stabilisatoren und Emulgatoren kaufen, die »kundenspezifische Lösungen« (so die Werbung eines Herstellers) bieten. So wird beispielsweise Transglutaminase eingesetzt,um die Textur von Joghurt zu optimieren, Gelfestigkeit und Cremigkeit zu erhöhen. Transglutaminase ist ein Enzym, das die physikalischen Eigenschaften der Eiweiße in Milch beeinflusst. Ohne Hightech läuft im Molkereigeschäft heute gar nichts mehr.
Was heißt hier »natürlich«?
Künstliche Aromastoffe
werden synthetisch hergestellt und kommen in der Natur nicht vor. Sie werden im Labor erfunden und ahmen einen bestimmten natürlichen Geschmack nur nach. Die chemische Bezeichnung muss angegeben werden (zum Beispiel Ethylvanillin für Vanillegeschmack). Künstliche Aromastoffe zählen zu den Zusatzstoffen.
Naturidentische Aromen
haben die gleiche chemische Zusammensetzung wie natürliche Aromastoffe. Sie sind synthetisch im Labor hergestellt, entsprechen aber genau natürlichen Aromastoffen. Sie dürfen frei eingesetzt werden (zum Beispiel Vanillin).
Natürliche Aromastoffe
werden aus pflanzlichen und tierischen Rohstoffen hergestellt. Es gibt die sogenannten FTNF-Aromen (FTNF = »From The Named Fruit«, sinngemäß: aus der bezeichneten Frucht gewonnen) wie Vanille aus Vanilleschoten, Citral aus Zitronenschalen oder Menthol aus Pfefferminze. Außerdem gibt es die WONF-Aromen (WONF = »With Other Natural Flavors«, also: mit anderen natürlichen Geschmacksstoffen) wie zum Beispiel Erdbeergeschmack aus Sägespänen. Die Rohstoffe stammen zwar aus der Natur, wurden aber nicht aus der Frucht gewonnen.
Omas Joghurt
»Die leckerste Dickmilch entsteht auf der Fensterbank«, sagt Gesa Marsch. Sie hat vor 25 Jahren ländliche Hauswirtschaft gelernt und arbeitet heute als selbständige Oecothrophologin. »Die ganz einfachen Haushaltstechniken von Oma hat der moderne Mensch heute schlicht vergessen«, sagt sie. »Wenn morgen alle Kühlregale in den Supermärkten mit all ihren vielen Milchprodukten durch den Zauber einer bösen Fee einfach verschwunden wären, wüsste niemand mehr, wie man Joghurt, Kefir und Dickmilch selber herstellen kann.«
Das Dickmilchrezept von Gesa Marsch ist einfach und effektiv: »Rohmilch in eine Schüssel geben, mit einem Leinentuch gegen Brummer und Fliegen abdecken, auf die Fensterbank stellen und warten.« An warmen Sommertagen klappt die Dickmilchproduktion perfekt. Die Milch wird schnell sauer, die Säuerung führt zum Eindicken. »Meine Dickmilch schmeckt
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