Schmeckts noch
Früchte als Fallobst zu lange unter dem Baum gelegen haben und in der Sonne fermentiert sind. Und die modrige Kellernote kann durch Schimmelbefall der Ölfrüchte hervorgerufen werden. Da helfen nur chemische und physikalische Geschmackskeulen, die wertvolle Inhaltsstoffe wie die Polyphenole erschlagen, die als Geschmacksstoffe und Farbstoffe eine wichtige Rolle spielen. Auch der Versuch, die Ausbeute an Öl zu maximieren, lässt Panscher schon mal zu unlauteren Mitteln greifen. Denn aus 100 KilogrammOliven werden nur etwa 13 Kilogramm gutes Öl gewonnen.
Der Trick, durch Extraktion mit Lösungsmitteln wie zum Beispiel Hexan mehr Öl zu gewinnen und den letzten Tropfen aus den Früchten zu pressen, ist ganz legal und in der Ölindustrie sehr beliebt. Das so gewonnene Öl ist nicht sofort genießbar und muss noch nachbehandelt werden. Dabei ist der Einsatz von Chemikalien wie Natriumphosphat oder Phosphorsäure, Bleicherde und Natronlauge durchaus üblich. So wird das Öl entschleimt, entfärbt und entsäuert. Es gibt sogar ein Verfahren, um Öl zu desodorieren, das angewendet wird, um unerwünschte Gerüche, aber auch Insektizidrückstände zu beseitigen. Dabei wird das Öl im Vakuum mit Wasserdampf bis zu 90 Minuten lang bei etwa 240 Grad »gewaschen«. Nach all den Verfahren enthält man ein helles, klares und vor allem geschmacksneutrales Produkt, dem viele wertvolle Substanzen geraubt wurden.
Aus welcher Region das Olivenöl kommt, das im Supermarkt für 2,25 Euro pro Liter verkauft wird, lässt sich in den meisten Fallen gar nicht eindeutig klären. Im Ölgeschäft wird in großem Stil und auf Teufel komm raus gemischt. Über 80 Prozent der Öle werden von industriellen Anbietern aufgekauft, die wiederum mit Zwischenhändlern dealen, die ihre Mittelsmänner losschicken. Kleine Broker klappern im Mittelmeerraum die Ölmühlen ab und drücken die Preise. Gepanscht wird mit dem Öl von gammeligen Samen, angegorenen Früchten und minderwertigen Ölen. Damit es beim Verbraucher später im Hals nicht kratzt, wird mit Natronlauge nachgeholfen. Aufs Etikett kann sich nur verlassen, wer deren trickreiche Sprache versteht: »Abgefüllt in Ligurien« bedeutet nicht automatisch, dass das Öl auch von dort stammt. Es kann sein, dass es dort lediglich abgefüllt wurde – die Oliven können sonstwo gewachsen und verarbeitet worden sein. Wer wirklich ligurisches Öl will, muss das Etikett sorgsam lesen. Nur der Hinweis »produziert/hergestellt und abgefüllt in …« ist verbindlich.
Doch im skrupellosen Ölgeschäft geht es längst nicht nur um solche Schwindeleien und Betrügereien. Immer wieder finden Kontrolleure auch krebserregende Giftstoffe wie Benzol, Styrol und Ethylbenzol, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) und Pestizide. Beim größten Speiseölskandal Anfang der achtziger Jahre kamen über tausend Spanier ums Leben, weil kriminelle Ölhändler billiges Speiseöl mit Giften verpanscht hatten. 2001 wurden minderwertige Tresteröle mit krebserregenden Kohlenwasserstoffen gefunden. Tresteröl wird aus Pressrückständen der Olivenölgewinnung hergestellt und dient eigentlich als Schmieröl und Maschinenöl. Doch ein Teil der fiesen Fette landete als billige Zutat in der Backindustrie oder als Fritierfett in der Gastronomie.
Gegen kriminelle Energie helfen nur konsequente Kontrollen, mit EU-Verordnungen alleine ist wenig getan. Dabei ist Olivenöl europaweit in Güteklassen eingeteilt, die die Qualität sichern sollen. Je frischer und »jungfräulicher« – was auf italienisch »vergine« heißt, auf spanisch »virgen« und auf französisch »vierge« – ein Öl ist, um so hochwertiger ist es auch. Um sprachliche Missverständnisse auszuräumen, gibt es seit November 2003 für den Verbraucher die Qualitätskategorien »Natives Olivenöl extra«, »Natives Olivenöl« und schlicht »Olivenöl«. Beim Kaltpressen darf die Temperatur des Öls nicht über 40 Grad liegen; die Heißpressung passiert unter hohem Druck und bei über 80 Grad.
Doch selbst die hochoffiziellen Bezeichnungen halten nicht immer, was sie versprechen. Bei Tests und Kontrollen fallen selbst teure Öle manchmal als »mangelhaft« auf. Man kann sich oft eher auf Augen, Nase und die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge verlassen als auf das Etikett. Gutes Olivenöl hat einen grünlichen Schimmer und leuchtet. Der Duft erinnert an frisch geschnittenes Gras. Die leicht bittere Note und die typische Schärfe sprechen für gutes Öl, das
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