Schmerzlos: Thriller (German Edition)
zögernd. Ceci spuckte ein letztes Mal in das Becken, spülte es aus und ging zum Empfang. Den Scaler hatte sie noch in der Hand.
Abrupt blieb sie stehen. Es war keine Frau, sondern ein Mann mit einer hohen Stimme. Er hatte eine Hand auf die Wange gepresst.
»Tut mir leid, ich wollte Sie nicht erschrecken«, sagte er. »Dr. Hankins hat gesagt, ich soll einfach vorbeikommen, er wäre gleich da.«
»Wie bitte?«
Seine Stimme klang gedämpft, und jetzt wurde ihr auch klar, warum er so undeutlich sprach – er hatte Zahnschmerzen. Der Mann trug eine Baseballmütze mit dem Emblem der Highschool, eine von denen, die beim Picknick verteilt worden waren.
»Mir ist eine Füllung rausgebrochen«, sagte er. »Tut verdammt weh.«
»Sie waren in der Sporthalle?«, erkundigte sich Ceci.
»Ja. Ich bin Robin Klijsters.«
Sie runzelte die Stirn und versuchte, sich an ihn zu erinnern. »Kennen wir uns?«
»Früher war ich mal Aushilfslehrer bei Antonia Shepards. Ich bin mit Len Bradovich da.«
Ceci entspannte sich. Len Bradovich hatte im Basketballteam der Highschool gespielt. Einszweiundneunzig groß, aber weiche Hände. Er hatte ihr nie auch nur einen Blick gegönnt. Und er hatte wie ein Mädchen geworfen. Robin Klijsters war nicht mal einen Meter siebzig groß, mit einem weichen, rundlichen Körper, punkigen Fransen, die ihm in die Stirn fielen, und hohen Wangenknochen. Sie hatte sich immer gefragt, ob Len vom anderen Ufer war. Und jetzt stand der feminin wirkende Mann vor ihr, den er zum Klassentreffen mitgebracht hatte.
Seine Augen wirkten fast schwarz, weil die Pupillen so groß waren. Viel Schmerz hielten diese Weicheier wohl nicht aus. Er legte die Hand an die Stirn.
»Tut mir leid, Zahnarztpraxen machen mich immer nervös. Wäre es vielleicht möglich, dass Sie sich den Zahn schon mal ansehen und alles vorbereiten? Ich will nicht länger hierbleiben als unbedingt notwendig.«
Ceci setzte ihr Sprechstundenlächeln auf. »Wir sollten besser auf Dr. Hankins warten. Was halten Sie davon, wenn ich ihn anrufe und frage, ob er …?«
»Bitte«, murmelte der Mann gequält. »Er hat gesagt, dass er gleich da ist. Außerdem hab ich Len versprochen, dass ich so schnell wie möglich wieder zum Picknick komme.«
Der Arme stand unter der Fuchtel, und dann auch noch unter der Fuchtel eines Mannes. Außerdem trug er eine Gürteltasche. Typisch Homo. Normale Männer trugen keine Gürteltaschen, bis auf Künstler oder Intellektuelle vielleicht.
Sie winkte ihn ins Untersuchungszimmer. »Kommen Sie mit.«
Drinnen wies sie auf den Behandlungsstuhl und tätschelte ihm dazu die Schulter, wie sie es bei nervösen Patienten immer tat. Er zuckte zusammen. Sie auch. Sein Körper unter dem weiten Hemd war steinhart. Ceci setzte ihre Schutzbrille auf, streifte ein Paar Latexhandschuhe über und zog das Tablett mit den Instrumenten zu sich.
Sie deutete noch einmal auf den Stuhl und schaltete die Untersuchungsleuchte ein. »Mr. Klijsters, bitte. Wir können die Füllung nur reparieren, wenn Sie sich hinsetzen und den Mund aufmachen.«
Noch einmal legte sie ihm die Hand auf den Rücken, um ihn in Richtung Stuhl zu schieben. Doch plötzlich griff er nach der Untersuchungsleuchte und schmetterte sie ihr gegen das Kinn.
Cecis Kopf wurde zurückgeschleudert. Verdammt, was sollte das? Sie hatte sich auf die Zunge gebissen. Erschrocken starrte sie Klijsters an.
»Du elender Schlappschwanz!«
Er holte aus und schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Ihre Schutzbrille flog davon. Mit einem lauten Krachen prallte sie gegen das Instrumententablett.
Nun stand er völlig reglos da und starrte sie mit seinen schwarzen Augen an.
Cecis Finger schlossen sich um eine Kürette, die auf dem Instrumententablett lag. Ohne zu überlegen, stach sie damit auf ihn ein und traf ihn durch das Hemd in die Brust.
Die Wucht des Hiebs brachte ihn kurz zum Schwanken, doch seine Augen blieben kühl und unbeteiligt.
»Du wehrst dich«, sagte er. »Ausgezeichnet.«
Die Kürette steckte in seiner Brust. Blut floss über sein Hemd. Er ließ es laufen. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper. Dann öffnete er den Reißverschluss seiner Gürteltasche.
Ceci machte einen Satz auf die Tür zu.
Die Projektile des Tasers trafen sie von hinten in die Bluse. Ihr Körper verkrampfte sich, als er von dem Elektroschock getroffen wurde, und vor ihren Augen zuckten weiße Blitze. Der Raum kippte zur Seite, sie prallte mit einem Scheppern gegen das Instrumententablett und
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