Schmerzlos: Thriller (German Edition)
Umschlag in meinem Bankschließfach. Er enthielt Dokumente, die mich davon überzeugt hatten, dass Jax und ihr Mann Tim North das waren, was sie vorgaben zu sein, und das getan hatten, was sie behaupteten. CIA, britischer Geheimdienst und – wie sie es nannten – private Ermittlungen. Ein schönes Wort für Auftragsmorde.
»Nein. Um was anderes«, antwortete sie.
Sie hatten mir erklärt, dass sie ihre Memoiren schreiben wollten. Genau genommen hatten sie etwas ganz anderes vorgehabt, aber als alles vorbei war, hatten sie mir den Umschlag übergeben. Ich vermutete, dass sie mich als toten Briefkasten benutzten, als Ort, wo sie gestohlene, als geheim klassifizierte Dokumente aufbewahrten, die ihnen entweder zum Selbstschutz oder für eine Erpressung nützlich sein konnten. Ich wusste auch, dass uns der Besitz dieser Dokumente alle ins Gefängnis bringen konnte – aber ich hatte einfach keine Gelegenheit gehabt, sie ihnen zurückzugeben. Kurz darauf waren Jax und Tim nämlich spurlos verschwunden.
Doch der Umschlag war auch ein Druckmittel, ebenso für sie wie für mich. Ich konnte ihn an ihre Feinde verkaufen, sie töten lassen und mir damit vermutlich ein kleines Vermögen verdienen. Umgekehrt konnten sie mich foltern, um an den Schlüssel für das Schließfach zu kommen, sich die Dossiers holen und mich dann umbringen.
Kurz, die beiden hatten einen netten, kleinen Balanceakt für mich inszeniert.
»Sollen wir uns an die Theke setzen?«, schlug ich vor. »Dann können wir uns das Neueste von unseren Familien und Freunden erzählen und im Fernsehen Wrestling angucken.«
»Du musst mit deinem Freund bei der Polizei von China Lake sprechen. Er soll sich mit dem FBI in Verbindung setzen und die Fallanalytiker der Abteilung Verhaltensanalyse antanzen lassen.«
In der Toilette roch es scharf nach irgendwelchen Putzmitteln. Allmählich wurde mir übel.
»Du glaubst also, dass die Morde von einem Serientäter begangen wurden.«
»Mord würde ich das nicht nennen. Eher Abschlachten.«
Ich fuhr mir mit dem Handrücken über die Stirn. »Zwei Morde innerhalb von vierundzwanzig Stunden. Die Polizei hat längst den Verdacht, dass es sich um einen Serienmörder handelt. Warum zum Teufel bist du gekommen?«
»Weil sie nicht den richtigen Verdacht hat. Der Killer hat früher für die Regierung gearbeitet.«
»Weißt du etwa, wer es ist?«
»Ja und nein.«
»Was soll das heißen?«
Sie machte einen Schritt auf mich zu. »Dieser Killer hat schon vorher gemordet. Die Einheimischen werden die Hilfe des FBI brauchen, weil nur die Leute vom FBI Zugang zu den Datenbanken der Regierung haben, in denen die Informationen zu finden sind, die hier gebraucht werden.«
Die Hitze war erdrückend. Schweiß lief mir den Rücken hinunter.
»Was meinst du mit Regierung? Navy? Verwaltung? CIA?«
»Eine geheime Abteilung. Das ist alles, was ich weiß.«
»Weißt du, wie er heißt?«
»Coyote.«
»Ist das ein Deckname?«
»Ja. Seinen richtigen Namen kenne ich nicht.«
»Woher weißt du, dass er der Killer ist?«
Sie blinzelte gelassen wie eine Katze. »In den einschlägigen Kreisen ist Coyote so was wie eine Legende. Die Morde am Wochenende passen zu seinem Stil.«
Bei dem Wort Stil stellten sich mir die Nackenhaare auf.
»Man hat schon eine ganze Weile nichts mehr von ihm gehört. Wenn er jetzt wieder arbeitet, tut er das ohne Auftrag. Ohne Aufsicht, ohne Einschränkungen. Er führt einen Privatkrieg.«
»Soll das etwa heißen, wir haben es mit einem Amok laufenden Profikiller zu tun?«
»Ich glaube, ja.«
Jax wartete einen Moment, und als ich nichts mehr sagte, wurde ihre Stimme noch etwas kühler. »Der Mann ist ein Chamäleon. Kennst du dich mit indianischer Mythologie aus?«
»Ein bisschen.«
»In den Legenden der verschiedenen Stämme kann der Kojote seine Gestalt verändern. Genau das kann unser Mann auch. Er ändert sein Aussehen und sein Verhalten je nach Situation.«
»Kannst du ihn beschreiben?«
»Weiß, Anfang vierzig, unauffälliges Gesicht. Aber das spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass die Polizei anfängt, den Kerl gezielt zu jagen, und zwar so schnell wie möglich.«
»Aber sie jagen ihn doch schon, das weißt du. Warum sollten sie auf mich hören?«
»Der Mann, der Kelly Colfax mit einem Tranchiermesser ausweidete, hat auch Ceci Lezak einen Scaler durch die Augenhöhle ins Gehirn gestoßen. Sag das der Polizei. Es wird sie davon überzeugen, dass das, was du sagst, Hand und Fuß hat.«
Ich
Weitere Kostenlose Bücher