Schmerzlos: Thriller (German Edition)
spürte einen stechenden Schmerz in der Mitte meiner Stirn. »Bist du dir da so sicher?«
Sie warf mir einen verächtlichen Blick zu. Ich drehte mich wieder zum Waschbecken und wusch mir noch einmal das Gesicht.
»Sie werden sofort mich verdächtigen«, sagte ich.
»Du bist intelligent. Du wirst sie schon vom Gegenteil überzeugen.«
»Wieso liegt dir eigentlich so viel daran, dass der Kerl geschnappt wird?«
»Mord ist kein Sport. Menschen sollten nicht als Jagdwild enden.«
»Und warum sagst du das der Polizei nicht selbst?«
»Ich kann nicht mit ihnen reden, Schätzchen, du weißt doch, dass es mich gar nicht gibt.«
Sie hatte recht. Jax Rivera existierte nicht.
»Wenn ich Tommy Chang anrufe, werde ich ihm nichts verheimlichen. Ich werde ihm sagen, von wem ich diese Information habe«, sagte ich.
»Tu dir keinen Zwang an, aber wenn er meinen Namen in VICAP eingibt, wird die Datenbank außer einem abgelaufenen texanischen Führerschein keine weiteren Angaben über mich ausspucken. Allerdings wird er dadurch ein paar Leute alarmieren, die gern mit mir reden würden. Dafür würden sie bis zum Äußersten gehen. Und um mich zu finden, werden sie dich fragen. Und dabei bis zum Äußersten gehen.«
Sie drehte sich um. »Hast du eine Webcam für deinen Computer?«
»Ja, aber sie ist nicht angeschlossen.« Jesse ging mir schon eine Weile auf die Nerven, weil er ständig fragte, ob die Webcam endlich in Betrieb war, aber ich hatte den Verdacht, dass er sie bloß zur Unterhaltung und nicht zur Kommunikation benutzen wollte.
»Schließ sie an«, sagte sie.
Ich stöhnte. »Jax, warum ausgerechnet ich?«
»Fang an zu suchen, dann wirst du schon sehen.«
Ich steuerte auf die Fliegentür des Restaurants zu, als die Köchin mir etwas nachrief.
»Vergessen Sie Ihre Hamburger nicht.«
Ich nahm sie ihr ab, zahlte und trottete hinaus in die Hitze. Jesse hatte die Tür aufgemacht und war gerade dabei, seine Krücken vom Rücksitz zu angeln, weil er aussteigen wollte.
»Ich dachte schon, dich hätte ein Skorpion gebissen.«
Ich ließ ihm die Papiertüte mit den Hamburgern in den Schoß fallen und blieb stehen, die Hände in die Hüften gestemmt.
Er sah zu mir hoch. »PTSD ist ja schon übel, aber im Vergleich zu PMS ist es ein Zuckerschlecken.«
Wenn Blicke töten könnten.
Er hob abwehrend die Hände. »Ah, nein, daran liegt es natürlich nicht. Moment, ich verkriech mich gleich unter den nächsten Stein.«
Einen Moment später hörte ich, wie irgendwo ein Motorrad gestartet wurde. Jax kam mit ihrer Maschine hinter dem Restaurant hervor und lenkte sie auf den Highway. Wir schauten ihr hinterher, während sie beschleunigte und schließlich in der Ferne verschwand.
»War das etwa …?«, fragte Jesse.
»Genau.«
»Das darf doch wohl nicht wahr sein.«
Ich holte mein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer von Tommy Chang.
Die Polizei von China Lake war in einem modernen Gebäude aus Glas und Stahl im Komplex der Stadtverwaltung untergebracht. Die Atmosphäre auf dem Revier knisterte förmlich. Jesse und ich warteten vor Tommys Schreibtisch. Auf einem Garderobenständer dahinter hingen sein runder Hut und ein Holster für seine Dienstwaffe. Jesse starrte die gerahmten Fotos von Tommys fünf Kindern an. Es gab auch eines, auf dem Tommy auf einer Motocross-Maschine einen Luftsprung machte. Vor dem Polizeirevier parkte ein rot-weißer Übertragungswagen, auf dem die Kennung eines Fernsehsenders aus Los Angeles prangte. Am Heck lehnte ein Kameramann, der eine Cola trank und sich mit einem Reporter unterhielt.
Endlich trat Tommy ein, in Begleitung seines Chefs.
Ich stand auf und reichte ihm die Hand. »Detective McCracken.«
Er sah aus wie eine wandelnde Schweinehälfte und trug eine alte, zerkratzte Brille. Seine roten Haare hätten dringend einen guten Schnitt gebraucht. Neben ihm wirkte Tommy wie die Handpuppe eines Bauchredners.
McCracken begrüßte uns. »Inzwischen darf ich mich Captain schimpfen. Wie geht es Ihrem kleinen Neffen?«
Ich erklärte, dass es Luke großartig ginge. McCracken platzierte sich auf der Schreibtischkante. Das Metall quietschte unter seinem Gewicht.
»Erzählen Sie uns doch noch ein bisschen was über diesen Exmitarbeiter der Regierung, der Ihnen die Informationen über die Morde zugespielt hat«, sagte er.
Jax hatte es mit der Warnung, ihren Namen besser nicht an die Polizei weiterzugeben, vielleicht etwas übertrieben, doch wenn jetzt die Worte »CIA« oder
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