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Schmerzlos: Thriller (German Edition)

Schmerzlos: Thriller (German Edition)

Titel: Schmerzlos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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zum Schließen der Türen. »Behandle Jesse nicht wie ein rohes Ei.«
    »Wie bitte?«
    »Er ist intelligent bis zum Gehtnichtmehr, und er hat Mumm. Als ich ihn kennengelernt habe, war mir das noch nicht klar.«
    Der Fahrstuhl hielt im dritten Stock. Wieder ein leerer Flur. Die Türen bewegten sich aufeinander zu, blieben halb geöffnet stehen, gingen wieder auf und schlossen sich dann im Zeitlupentempo. Mein Vater drückte mehrmals auf die Sieben.
    »Glaubst du, jemand, der so klug und zäh ist wie er, erwartet von mir, dass ich seinetwegen Zugeständnisse mache? In einer solchen Situation? Ich glaube das nicht.« Er beobachtete, wie die Nummern der Stockwerke aufleuchteten. »Also trag es mit Fassung und hör auf, dich für ihn zu schämen. Die Sache ist ernst.«
    Ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht schoss.
    Er runzelte die Stirn. »Du kochst ja vor Wut. Beruhig dich wieder.« Sein Gesichtsausdruck wurde weicher. »Ich weiß doch, wie viel dir an Jesse liegt.«
    Um ein Haar hätte ich ihn angebrüllt. Wag es ja nicht, Mitleid mit ihm zu haben! Ich ballte die Hände zu Fäusten.
    »In Ordnung. Aber ich komme mit.«
    Seine Mundwinkel zuckten, dann gab er nach. Mit zusammengekniffenen Augen, als müsste er den Horizont nach Komantschen absuchen, spähte er durch die Fenster des Fahrstuhls nach unten ins Atrium.
    »Dana West war Krankenschwester bei der Air Force. Hast du das gewusst?«
    »Nein.«
    »Als sie starb, war sie in Blackfoot Depot stationiert.«
    »Wo ist das?«
    »Blackfoot Depot ist ein Stück Salzwüste mitten in Wyoming. Eine gottverlassene Gegend, und das Krankenhaus war im Grunde genommen nur eine größere Arztpraxis. Eine Gasexplosion im OP-Saal zerstörte fast das gesamte Gebäude. Das, was noch übrig war, wurde vom Feuer in Schutt und Asche gelegt.«
    »Woher weißt du, dass es Brandstiftung war?«
    Der Fahrstuhl kam mit einem kräftigen Ruck zum Stehen und federte dann an den Kabeln auf und ab. Die Türen öffneten sich, und wir hatten eine Etage ohne Mieter vor uns: nackter Beton und von der Decke hängende Leitungen. Wir standen einen halben Meter über dem Fußboden.
    »Dieses Gebäude hat noch ein paar Mängel, die dringend repariert werden sollten«, bemerkte ich.
    Mein Vater hämmerte auf Knöpfe. Widerstrebend schlossen sich die Türen. Wir hielten den Atem an, als der Fahrstuhl sich in Bewegung setzte.
    »Brände im OP-Saal sind so gut wie immer tödlich. Wenn man einen Laser oder einen Elektrokauter in einer Umgebung mit angereichertem Sauerstoff einschaltet, hat das eine verheerende Wirkung. In der Regel verbrennt dann der Patient.«
    »Und was ist mit Dana passiert?«
    »Dana war der Patient.«
    Die Türen des Fahrstuhls öffneten sich erneut. Die Stimme einer Frau durchbrach mein entsetztes Schweigen.
    »Phil Delaney. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel.«
    Im eleganten Foyer von Primacon stand Dr. Maureen Swayze, die Hände in die Hüften gestemmt, ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen. Sie wirkte alles andere als überrascht, eher wie eine Frau, die diesen Besuch schon lange erwartet hatte.
    Mein Vater nahm seine Baseballmütze ab, lächelte sie an und reichte ihr die Hand. »Hallo, Maureen.«
    Er wies auf mich. »Meine Tochter Evan.«
    Swayze hob das Kinn und musterte mich durch ihre randlose Brille. Wenn ich ihren Silberblick richtig deutete, war ich für sie nicht viel mehr als ein interessantes Retrovirus.
    »Sie haben dieses Glitzern in den Augen, das offenbar in der Familie liegt. Phil nannte es Selbstbewusstsein.« Sie grinste ihn an. »Hat sie auch deine Schwäche für Jack Daniels und Patsy Cline geerbt?«
    »Ja, hat sie«, antwortete ich anstelle meines Vaters.
    »›Sweet Dreams‹ aus der Jukebox?«
    »›Crazy‹ liegt mir mehr.«
    Sie lachte kurz und trocken.
    Ihr Haar hatte die Farbe von Bronze. Als junge Frau war sie eine dieser rassigen Rothaarigen gewesen, die ihre Haare im Gegenwind flattern lassen und dabei auch noch gut aussehen. Jetzt, mit einem Bleistift im nachlässig gebundenen Pferdeschwanz und einer locker sitzenden Bluse über dem Rock, wirkte sie überarbeitet und spröde. Der Silberblick rührte wahrscheinlich daher, dass sie dreißig Jahre lang in das Okular eines Mikroskops gestarrt hatte.
    »Es geht um China Lake, stimmt’s?«, fragte sie.
    »Ja«, erwiderte mein Vater. »Aber nicht nur.«
    »Ich hab es in den Nachrichten gehört. Kommt mit.«
    Sie nannte der Rezeptionistin unsere Namen. Während das Mädchen sie notierte, hielt sie eine

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