Schmerzlos: Thriller (German Edition)
mich am Arm.
»Warte.«
»Was ist denn?«
»Setz dich.«
Jesse klang nervös. Ich setzte mich auf die Armlehne des Sofas. Er atmete tief durch, öffnete den Mund und wollte offenbar etwas sagen, aber es kam kein Ton heraus. Hm.
Er zog seine Handschuhe aus und legte die Glock auf den Couchtisch. Dann strich er sich die Haare aus dem Gesicht und holte erneut Luft.
»Jetzt sag schon.«
Er nahm meine Hände. »Während der Fahrt hab ich die ganze Zeit überlegt, wie ich dich fragen soll.«
Ich zuckte zusammen. Wollte er jetzt doch die alles entscheidende Frage stellen? Er griff in seine Hemdtasche. Mist. Was hatte er dort drin? Einen Instant-Vaterschaftstest?
»Als ich dich das letzte Mal gefragt habe, hast du mir nicht die Antwort gegeben, die ich erwartet hatte.«
Moment. »Das letzte Mal?«
»Ich tu’s jetzt einfach. Den Teil, in dem ich vor dir auf die Knie gehe, lassen wir aus.«
In seiner Hand war eine kleine schwarze Schachtel. Er klappte sie auf. Ich sah den Ring.
»Willst du mich heiraten?«
Der große Diamant funkelte dermaßen hell, dass ich bestimmt einen Augenschaden riskierte, wenn ich ihn noch länger anstarrte.
»Du bist verrückt«, sagte ich.
Das war die falsche Reaktion. Jesse zog die Hand zurück. Ich packte ihn am Unterarm.
»Wundervoll verrückt«, sagte ich, während ich gleichzeitig lachte und weinte.
»Evan, bitte.«
»Kann ich ihn anprobieren?«
Er warf mir einen schiefen Blick zu. Dann nahm er den Ring aus der Schachtel, steckte ihn mir an den Finger und küsste meine Hand.
Als er etwas sagen wollte, legte ich ihm die Fingerspitzen auf den Mund. »Komm her.«
Er setzte sich aufs Sofa, und ich küsste ihn. »Wann hast du den Ring eigentlich besorgt?«
»Als du und dein Vater mit Swayze gesprochen habt. Ich habe dir doch erzählt, dass ich einkaufen gehe.«
Ich lachte, stieß ihn um und warf mich auf ihn. Er grinste mich an.
Aus der Küche kam schon wieder das klappernde Geräusch. Und die Stimme meiner Cousine.
»Das halt ich nicht aus. Das ist zu viel!«
Jesse krallte die Hand in die Rückenlehne des Sofas. Ich schoss senkrecht nach oben und brüllte: »Taylor!«
Sie schob sich hinter der Theke nach oben.
»Ich hab alles gehört. Ihr werdet heiraten. Ich fass es nicht!«
Ich schwang mich über Jesse hinweg auf die Armlehne des Sofas. »Was zum Teufel machst du hier? Verschwinde!«
»Das muss ich unbedingt den anderen sagen.«
Sie hatte die Hände an die Wangen gelegt, als wäre sie gerade zur Miss America gekürt worden. Ich stieß mich von der Armlehne ab und war mit einem Riesensatz in der Küche.
Taylor hob abwehrend die Arme. »Bleib, wo du bist.«
Sie trug Dessous ihrer Firma: grauer Push-up-BH mit Nadelstreifen und Aufschlägen. Eine Fliege am Hals. Was unterhalb der Taille war, konnte ich nicht sehen, weil mir die Theke die Sicht darauf versperrte, aber es war mit Sicherheit keine Jogginghose. Vor ihr lag ein hölzerner Richterhammer. Blitzschnell lehnte ich mich über die Theke und versuchte sie zu packen. Sie kreischte und wich zurück, wobei sie Magnete und Fotos vom Kühlschrank riss.
»Komm nicht näher.«
»Ich bring dich um.«
»Warum? Gefällt dir mein Anwaltsoutfit nicht?«
Das erklärte auch, warum sie eine Hornbrille auf der Nase hatte.
»Es ist für Frauen gedacht, die ihren Männer zeigen wollen, dass sie konservativ, aber gleichzeitig auch provokativ sein können. Jede Rechtsanwältin sollte diese Kombi in ihrem Schrank haben. Warum regst du dich eigentlich so auf? Ich freue mich doch für euch.«
»Aber ich will es meiner Familie gern selbst erzählen. Du verschwindest jetzt aus meinem Haus und hältst die Klappe.« Ich packte den Hammer. »Oder ich schiebe dir dieses Teil so weit in den Hintern, dass es dir zu den Zähnen wieder rauskommt.«
»Evan, also bitte, es gibt überhaupt keinen Grund, derart ordinär zu werden.« Sie starrte den Hammer in meiner Hand an und riss plötzlich ihre traubensaftfarbenen Augen auf. »Wow, was für ein Klunker. Wo um alles in der Welt hat er das Geld dafür her?«
Ich erstarrte, bäuchlings auf der Küchentheke.
Sie glotzte wie hypnotisiert auf den Ring. »Hat er um Spenden gebeten? Lässt er sich bei einem Marathon sponsern? Jetzt sag schon.«
»Jesse«, rief ich. »Hol die Pistole.«
Langsam schob ich mich von der Theke herunter. Taylor verdrehte die Augen.
»Ihr versteht aber auch überhaupt keinen Spaß.«
»Jesse?«
Als ich einen Blick über die Schulter warf, sah ich, dass er in
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