Schmerzlos: Thriller (German Edition)
seinem Rollstuhl saß und den Kopf schüttelte.
»Ich halt mich da raus«, sagte er.
Ich hob den Hammer und wollte um die Theke herumgehen.
Taylor hob erneut abwehrend die Hände. »Nein. Nicht. Bleib, wo du bist.«
»Warum?« Ich machte noch einen Schritt.
»Weil ich gerade den Sklaven bestraft habe, als ihr reingekommen seid …«
Mein Gehirn streikte. »Welchen Sklaven …?«
Ich beugte mich vor und lugte um die Theke herum. »Das würde ich nicht tun«, hörte ich Jesse rufen. Aber es war zu spät.
Ich zuckte so heftig zusammen, dass mir der Hammer aus der Hand fiel.
»Ich kann alles erklären«, rief Taylor.
»Verdammt noch mal. Carlos.«
Auf dem Boden hinter der Theke hockte mein Fliesenleger und versuchte, die Knie an die Brust zu ziehen. »Miss Delaney, Sie verstehen das völlig falsch. Ich bin …«
»Verschwinden Sie. Nein! Ziehen Sie sich zuerst was an. Großer Gott.«
Doch das Problem war, dass er sich nichts anziehen konnte. Seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt.
»Taylor, zieh du ihm was an.«
Carlos war ein Bild von einem Mann, aber in Zukunft würde ich, wenn ich an ihn dachte, nicht mehr den Baseballspieler, der an der Santa Barbara Highschool für Begeisterungsstürme bei den Zuschauern gesorgt hatte, vor mir sehen. Auch nicht seine braunen Augen, seine gebräunte Brust und seinen Waschbrettbauch. Oder seine wirklich beeindruckende Ausstattung, die er gerade krampfhaft zu verbergen versuchte.
»Und zwar sofort!« Ich stürmte ins Wohnzimmer.
In Zukunft würde ich, wenn ich an Carlos Martinez dachte, den Satz vor mir sehen, der mit dickem Filzstift auf seinen nackten Oberschenkel geschrieben stand: Allzeit bereit. Mit einem Pfeil, der auf seine Lenden wies.
»Das ist Kunst, Evan. K-U-N-S-T. Wir haben was ausprobiert, für Fotoaufnahmen. Für das B-U-C-H.«
Die Glock lag auf dem Couchtisch. Jesse erkannte den Ausdruck auf meinem Gesicht und legte fest die Hand auf die Waffe, während er den Kopf schüttelte.
Hinter mir klickten Taylors hohe Absätze über den Boden, schnelle, kleine Schritte, wie die eines Zwergpudels, tick tick tick. Meine Cousine trat hinter der Theke hervor. Und Jesse schnappte nach Luft.
Sie hatte sich einen Trenchcoat übergeworfen und ihn mit einem Gürtel verschnürt, doch vorher war uns ein Blick auf die untere Hälfte ihres Kostüms vergönnt: weiße Pantöffelchen mit Pelzbesatz, ein Schlagstock und eine kleine Bullenpeitsche, für die Domina in jeder Anwältin. Und ein winziger Tanga, in Gefängniswärterblau. Entschieden zu winzig.
Jesse hielt sich die Augen zu. »Das ist zu viel für mich.«
»Taylor, wo gehst du hin?«, wimmerte Carlos.
»Der Schlüssel für die Handschellen ist im Bad.« Sie stöckelte an Jesse vorbei und warf ihm einen anzüglichen Blick zu. »Ich hoffe, du kannst dich nach der Hochzeit auch mal selbst beschäftigen, denn Evan ist definitiv nicht der Typ, der sein Publikum anheizt. Du weißt schon, was ich meine.«
Hocherhobenen Hauptes marschierte sie in mein Schlafzimmer. Eine Sekunde später hörten wir, wie sie im Bad herumkramte.
Die Lippen zusammengepresst, trommelte Jesse mit den Fingern auf sein Knie. Dann wendete er den Rollstuhl und fuhr ihr nach.
»Taylor, dreh dich um«, sagte er.
Ich hörte, wie im Bad die Tür gegen die Wand knallte. Dann Taylors Stimme. »He, was machst du …«
Ein spitzer Schrei. Geklapper. Taylor, die wie eine Wahnsinnige kreischte. »Bist du übergeschnappt? Was zum Teufel …«
Ein Handgemenge. Taylor, die immer noch kreischte, zweimal ein lautes Klatschen, dann wieder ihre Absätze auf dem Boden. Mit beiden Händen auf dem Po kam sie aus dem Schlafzimmer gestürzt.
»Er hat mir den Hintern versohlt!«
Die Hornbrille auf ihrer Nase saß schief. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Jesse kam aus dem Schlafzimmer gerollt. Taylor zeigte auf ihn.
»Dieser Irre hat mir den Hintern versohlt!«
Er fuhr an ihr vorbei. »Wie wär’s, wenn du jetzt mal die Klappe hältst?«
»Was ist eigentlich mit dir los?«
Er bremste. »Hat Evan nichts gesagt? Ich habe CTUS.«
»Oh.« Ihr Mund war kugelrund. »Was …?
»CTUS in Schüben, das ist die schlimmste Form. Ich flippe dann einfach aus.«
Carlos rappelte sich mühsam hinter der Theke hoch. »Taylor, der Schlüssel. Bitte.«
Jesse fuhr auf Taylor zu. Sie wich zurück.
»Hintern versohlen ist das erste Stadium. Ab da wird es immer schlimmer.« Er stierte sie an wie ein Zombie. »Ich sehe tote Menschen. In deinen Haaren.«
Sie hüpfte
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