Schmetterlingsschatten
seine verdammte Handynummer geben?«, fluchte Elena weiter. »Dann wäre das alles kein Problem.«
Tristan hob die Schultern. »Vielleicht hat er Angst. Vielleicht will er dich aber einfach persönlich sprechen. Oder er ist eben doch ein seltsamer Perverser. Keine Ahnung.«
Elena fühlte Verzweiflung in sich aufsteigen. »Ich werde diesen Typ nie treffen. Ich werde nie erfahren, was mit Laura wirklich passiert ist.« Zu ihrer eigenen Überraschung stiegen ihr Tränen in die Augen. Ärgerlich wischte sie sie weg, aber es half nichts. Sie drängten immer wieder nach oben.
»Hey, hey.« Tristan zog sie an sich. »Was ist denn los mit dir? Ist es dir so wichtig?«
»Keine Ahnung«, schniefte Elena in sein T-Shirt. »Ich hab das Gefühl… also, ich weiß nicht. Ich will einfach wissen, was wirklich passiert ist. Niemand hat mir das je gesagt. Warum Laura auf dieser Landstraße war und warum sie getrunken hatte. Das… war einfach nicht Lauras Art, verstehst du? Es geht mir nicht in den Kopf, dass es nur ein Unfall gewesen sein soll. Und nun dieses andere Mädchen…« Sie konnte nicht mehr weitersprechen, die Tränen erstickten ihre Stimme. Tristan strich ihr beruhigend über den Rücken.
»Aber die Polizei hat doch gesagt, dass es ein Unfall war, damals, oder nicht?«, fragte er vorsichtig. »Und in der Zeitung stand das auch. Wenn du willst, such ich dir den Artikel aus dem Netz, irgendwo muss der noch stehen.« Er klang beinahe so, als erwarte er eine Bestätigung von ihr.
Vorsichtig machte sich Elena los, wischte sich die Tränen vom Gesicht und schüttelte den Kopf. »Ich hab den Artikel noch. Da steht nichts Besonderes drin. Trotzdem… ich verstehe es einfach nicht.« Sie seufzte mutlos.
Tristan betrachtete sie nachdenklich. Dann legte er ihr wieder den Arm um die Schulter. »Lass uns zurück zu den anderen gehen, da kommst du auf andere Gedanken. Und was diese Angelegenheit hier angeht, das wird sich bestimmt klären, ja?«
Wieder machte Elena sich los. »Nein. Tut mir leid, aber ich glaube, ich möchte jetzt lieber nach Hause gehen. Ich hab keinen Bock mehr auf Party. Außerdem brauche ich nicht noch mehr Ärger, als ich sowieso schon habe. Wir sehen uns morgen, ja?«
»Na gut«, stimmte Tristan etwas missmutig zu. »Willst du mich dann wenigstens heute deiner Mutter vorstellen? Dieses Mal ist es bestimmt nicht zu spät. Und außerdem könnte ich dann noch ein bisschen bei dir sein. Dich trösten, was meinst du? Ich würde gerne sehen, wie euer Haus von innen aussieht.« Er lächelte sie auf eine Art an, dass ihr Herz schon wieder schneller schlug.
Elena zögerte. Das Angebot war verlockend, aber ihre Mutter hatte ihr ausdrücklich verboten, sich mit Tristan zu treffen.
»Vielleicht ein andermal.« Sie lächelte entschuldigend. »Ich muss jetzt einfach ein bisschen alleine sein.«
»Wie du willst.« Trotz allem sah Tristan etwas verärgert aus. »Dann bring ich dich eben wieder nur bis zur Ecke.«
Während sie mit ihm die Straße hinunterging, fragte sie sich, warum es ihm eigentlich so wichtig war, ihre Mutter kennenzulernen.
Elena schaffte es bis in ihr Zimmer, ohne ihrer Mutter über den Weg zu laufen. Wahrscheinlich saß die an ihrem Rechner und suchte nach neuen Büchern, die die Buchhandlung anschaffen konnte. Solche Momente waren die einzigen, in denen Elena ein bisschen Ruhe hatte und sich keine Fragen stellen lassen musste. Manchmal glaubte sie, dass ihre Mutter nur dann richtig glücklich war, wenn sie sich in Büchern und Recherchen verlieren konnte.
Elena ließ sich auf ihr Bett fallen und starrte an die Decke. Sie schämte sich ein bisschen dafür, dass sie sich vor Tristan so hatte gehen lassen. Und noch mehr ärgerte sie sich, dass sie das Treffen verpasst hatte.
Sie drehte sich zur Seite und betrachtete ihre Bilder. Warum muss ich hier leben, in diesem pissigen kleinen Dorf? Warum kann ich nicht in Afrika sein? Laura hat auch nicht hierbleiben wollen. Sie wollte nach Wales. Ich wette, Tristan will auch nicht hier leben. Wenn wir nur rauskönnten. Weit, weit fort.
Ohne dass sie wusste, warum, kamen ihr schon wieder Tränen. Sie schniefte sie weg und ärgerte sich über sich selbst. Was heule ich hier rum? Wenn ich wegmöchte, muss ich mich schon anstrengen, weinen bringt da gar nichts.
Sie stand auf und tappte zu ihrem Computer. Wenn Laura sich für ein Praktikum anmelden konnte, kann ich das auch. Sie schaltete den Rechner an und rief das Internet auf.
Kapitel 7
Ärgerlich,
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