Schmetterlingsschatten
einsteigen wollen. Sie wollte sich einfach nur verteidigen können, für den Fall, dass sie irgendwie in Gefahr geriet. »So halt«, erwiderte sie. »Ich dachte, jetzt hast du vielleicht Zeit.«
»Klar, warum nicht.« Malin stellte die Bierflasche weg, die sie in der Hand gehalten hatte, und trat ein paar Schritte von der Hüttentür weg. »Lass uns irgendwohin gehen, wo wir nicht noch einen von den anderen treffen, okay?«
Sie trainierten, bis das Essen fertig war. Danach zwängten sie sich alle zusammen in das Klubhaus, wo Tristan den Fernseher anstellte, um sich ein paar Videos anzusehen. Elena hockte eingezwängt zwischen Malin und Tristan auf dem breiten Sofa, trank Bier und Cola, zog ab und zu an der Zigarette, die Tristan ihr anbot, und genoss den Nachmittag.
Das ist doch das wahre Leben, dachte sie. Niemand, der einem sagt, was man zu tun oder zu lassen hat. Sie musste gähnen. Die letzte Nacht saß ihr noch immer in den Knochen und sie war erschöpft von dem Training mit Malin. Es war so cool gewesen zu lernen, wie man sich verteidigte. Elena konnte es kaum abwarten, die Techniken an irgendjemandem auszuprobieren.
Malin ist schon in Ordnung, ging ihr durch den Kopf, während die anderen sich lautstark stritten, welches Video sie als nächstes sehen wollten. Eine echte Freundin, irgendwie. Unvermittelt musste sie an Vivienne denken. Ihr Hals wurde eng. Rasch nahm sie einen Schluck aus ihrer Bierflasche, um den Klumpen hinunterzuspülen. Das Bier war bitter, sie war sich immer noch nicht sicher, ob sie es überhaupt mochte. Aber inzwischen bekam sie es zumindest runter. Sie konzentrierte sich wieder auf den Bildschirm, wo gerade Buffy ein paar Vampiren den Garaus machte. So möchte ich auch mal kämpfen können. Sie nahm noch einen Schluck und lehnte ihren Kopf an Tristans Schulter. Es war so schön warm hier in der Hütte und Tristan roch so gut. Außerdem war sie immer noch müde von gestern Abend. Elena merkte, wie ihr immer wieder die Augen zufielen. Ein bisschen wunderte sie sich schon. Warum war sie denn so verflixt müde, es war doch helllichter Tag? War es das Bier?
Nur einen kurzen Moment, sagte sie sich und schloss die Augen. Nur, damit ich nachher zu dem Treffen fit bin. Doch bevor sie es richtig merkte, war sie endgültig eingeschlafen.
»Hey, Elena, wach doch auf.« Jemand rüttelte an ihrer Schulter. Nur mühsam schaffte sie es, die Augen aufzuschlagen. Sie war so schrecklich müde. Wo war sie?
Dann erkannte sie Tristans Gesicht vor sich. Er lächelte. Um sie herum war es dämmerig, es roch nach Rauch und Bier und von irgendwo drangen die Stimmen der anderen zu ihr. Sie war immer noch im Klubhaus. Gähnend setzte sie sich auf.
»Du warst ganz schön fertig, nicht wahr? Einfach so einzupennen?« Spielerisch zauste Tristan ihr Haar. »Sah aber sehr niedlich aus.«
Elena rümpfte die Nase. »Du bist doof. Warum hast du mich nicht geweckt?« Dann fiel ihr siedend heiß das Treffen wieder ein und sie fuhr hoch. »Wie spät ist es?«
Tristan warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Halb sieben, warum?«
»Shit.« Entnervt stampfte Elena mit dem Fuß auf. Jetzt hatte sie den Briefeschreiber schon wieder verpasst. Ob er sich noch einmal melden würde?
»Verdammt, dein Treffen.« Jetzt kam auch Tristan auf die Füße. Zerknirscht sah er auf Elena herab. »Das hab ich ganz vergessen, tut mir leid.«
Sie verzog den Mundwinkel. »Kannst ja nichts dafür, hätte ich selbst dran denken müssen.« Sie sah kurz aus dem Fenster, dann wieder zu Tristan. »Meinst du, es hat noch Sinn hinzufahren?« Es war eine schwache Hoffnung, aber die einzige, die ihr momentan noch blieb.
»Wir können es versuchen«, schlug Tristan vor. »Wenn wir rennen, schaffen wir es in zehn Minuten zum Spielplatz, da steht mein Roller.«
Elena war schon halb aus der Tür. »Okay, laufen wir!«
Es war sieben, als sie schließlich am Marktplatz ankamen, und natürlich wartete niemand am Brunnen. Nur einige alte Männer standen in der Nähe auf einem kleinen Sandplatz und spielten Boule, als Tristan seinen Roller vor dem Rathaus anhielt.
Elena sprang aus dem Sattel. In der Hoffnung, dass vielleicht wenigstens ein Brief da war, lief sie zum Brunnen und umrundete ihn. Nichts. »Mist!«, schimpfte sie so laut, dass die alten Männer überrascht aufsahen. Tristan trat vorsichtig neben sie und legte ihr seine Hand auf die Schulter.
»Mach dir nichts draus, der wird sich bestimmt wieder melden.«
»Warum kann er mir nicht einfach
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