Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition)
das verantwortlich, was wir tun. Nichts ist vergessen. Nichts wird jemals vergessen – jede Tat zeugt eine Konsequenz, und jede Konsequenz verändert unsere Welt.“ Es klang, als zitierte er aus einem alten Text, und auch wenn sie die Worte so noch nie gehört hatte, etwas in ihr erinnerte sich.
Ihre Augen blitzten entschlossen auf, und sie straffte sich. „Was kann ich tun?“ fragte sie und verblüffte den Wächter damit sichtlich. „Was meinst du damit?“ „Es ist meine Schuld, meine Verantwortung, also muss ich auch etwas dagegen unternehmen.“ Sie hatte sich lange genug vor ihrer Angst versteckt, er hatte Recht, sie musste die Konsequenzen ihres Handelns tragen, auch wenn sie nichts dafür konnte. Der Gesichtsausdruck des Geweihträgers veränderte sich, wurde weicher und wärmer. „Du nimmst deine Verantwortung also an? Gut. Aidan wird bald wieder hier sein. Geh in die Höhle und versorge deine Wunden, damit ihr direkt aufbrechen könnt, wenn ich euch rufe. Seid vorbereitet!“ Das Bild wurde gleißend hell und verschwand, und Sabrìanna war bereits aufgestanden und in die Höhle gegangen, bevor sie merkte, dass sie gerade blind einen Befehl befolgt hatte. Verärgert über sich selbst sah sie sich um, doch bei dem, was sie dort zu sehen bekam, wurde alles andere unwichtig:
Der Gang weitete sich in eine Höhle, deren Decke und Wände über und über von phosphoreszierenden, glitzernden Steinen besetzt war. Der Begriff Drachenschatz bekam hier eine ganz neue Bedeutung. Wo sie zuvor immer einen Berg voller Goldmünzen und goldener Gegenstände vor sich gesehen hatte, stand sie nun einem Vermögen an Edelsteinen gegenüber, eingelassen in die Felsen. Die riesige Höhle war groß genug, dass ein Drache von Aidans Ausmaßen darin bequem leben konnte. Geformt war sie wie ein menschliches Herz: die eine „Herzklappe“ die Wohnhöhle, ein kleiner Teil davon bequem ausgelegt mit Fellen und Pelzen, der Rest steinern und doch gemütlich. Die andere fast ganz gefüllt mit Wasser aus einer heißen Quelle, eine Tropfsteinhöhle, deren schummrige Dunkelheit von einem dunklen Grün erhellt wurde, das von den Steinen abstrahlte, die von der Decke wuchsen. „Wow!“ entfuhr es Sabrìanna, „das ist… wow.“ Sie kam sich klein vor gegenüber dieser Naturschönheit, und als sie die Wände entlang lief, konnte sie nicht anders, als ihre Hand darüber gleiten zu lassen. Es fühlte sich warm an, nicht schartig und kantig, sondern als wäre es über die Jahrtausende abgeschliffen worden, und an manchen Stellen war der Fels dunkel gefärbt, als hätten Flammen darüber gespielt und ihre Spuren hinterlassen.
Nachdem sie sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatte, konnte sie erstaunlich gut sehen und erkannte immer mehr Details. Die funkelnden Steine an der Decke wirkten wie ein Abbild des Sternenhimmels über Irland. An den Wänden waren sie kleiner, zogen sich in filigranen Mustern und Kreisen über die Fläche, ähnlich den keltischen Verzierungen auf so vielen alten Artefakten und Bildern, die Sabrìanna immer schon bewundert hatte. So versunken war sie in die Betrachtung der Höhle, dass sie gar nicht bemerkte, wie der Drache zurückkehrte. So konnte Aidan sie eine ganze Weile schweigend beobachten. Der staunende, fast ehrfürchtige Ausdruck auf ihrem Gesicht, wie sanft sie die Hände über die Muster gleiten ließ, sie mit den Fingern nachfuhr, das leise Lächeln auf ihrem Gesicht, all das grub sich tief in das Gedächtnis des Drachen und weckte eine Sehnsucht in ihm, die noch weit über das hinaus ging, was er gefühlt hatte, als er sie das erste Mal sah. Dieses fast Erschrecken, als würde er sie wiedererkennen, als etwas, das er lange verloren hatte. Das überströmende Glück, das folgte, der sofort einsetzende Beschützerinstinkt, lächerlich stark. Sie war sein Schatz, und er würde alles tun, um diesen Schatz zu bewahren. Alles! Jetzt da er sie in seiner Höhle hatte, wurde ihm das nur umso klarer.
Irgendetwas brachte Sabrìanna dazu, sich umzudrehen. Nicht der Schatten, der den Höhleneingang verdunkelte. Nicht das leise Geräusch, das der Atem des Drachen verursachte. Es war das Gefühl, dass sie beobachtet wurde, als streichelte ein Blick über ihre Haut und verursachte eine Gänsehaut. Nichts an diesem Gefühl war bedrohlich oder kam ihr merkwürdig vor, weswegen sie sich auch nur langsam vom Anblick der Steine löste und umdrehte. Als sie Aidan entdeckte, strahlte sie geradezu und lief auf
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