Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)
oder? Hey, ihr Langweiler, ich bin der coole Privatdetektiv
in Jeans und Lederjacke, und ich pfeife auf eure Konventionen. Gib’s zu, genau so
willst du rüberkommen. Gerade bei Leuten wie mir, die du nur für brave Spießbürgerchen
hältst. Aber offensichtlich muss ausgerechnet ich dir ein bisschen Dampf unter deinem
lahmen Hintern machen.«
»Heiliger
Kartoffelschnaps, was hast du vor?« Er starrte weiterhin aufs Lenkrad, als spreche
er mit ihm.
»Na, was
schon? Wir beide werden dieses Haus endlich mal genauer unter die Lupe nehmen.«
»Du willst
nicht etwa …«
Laura hörte
ihm nicht mehr zu. Sie hatte ihre Tür aufgestoßen und war bereits draußen.
*
Es war ein komisches Gefühl, das
John Dietz beschlich. Die Nacht schien sich wie ein riesiges Tuch über die Stadt
gelegt zu haben. Das Funkeln vereinzelter Sterne stach durch den wolkenverhangenen
Himmel. Eine irritierende Totenstille. Nur hin und wieder das schmatzende Geräusch
von Schritten im nassen Gras.
Ja, ein
komisches Gefühl. Ihm schien es, als könne er sich selbst aus der Ferne beobachten,
wie er gemeinsam mit Laura Winter an den Wänden der Villa entlangschlich. Ist es
das, was du wolltest?, fragte er sich. Hast du es dir so vorgestellt? Privatdetektiv.
Bist du nun tatsächlich einer oder nicht? Ergibt irgendetwas von dem, was du treibst,
halbwegs Sinn? Mann, Johnny, konzentrier dich lieber!
Sie bewegten
sich langsam vorwärts, deutlich langsamer als er zuvor allein. Jedes einzelne Fenster
des Erdgeschosses wurde von Laura genau begutachtet. Sie ging zu der Garage und
zu dem Schuppen, um durch die Fenster zu spähen. »Leer«, flüsterte sie, als sie
zurück zu John kam. »Aber ich nehme an, das hast du vorhin schon gesehen.«
»Logisch«,
erwiderte er, obwohl das nicht stimmte.
»Ein erstaunlich
schönes Gebäude.« Laura betrachtete die beiden Erker, die marmorierten Fassadeneinsätze
und den großen, um die Ecke führenden Balkon im ersten Stockwerk. »Wir sind nun
seit fast einer Viertelstunde auf diesem Grundstück.« Jetzt suchten ihre Augen Johns.
»Was schlägst du vor?«
Das war
nicht nur die lapidare Frage, nach der es klang. Sie führte etwas im Schilde, das
spürte er. »Mein Vorschlag?«, wiederholte er, um Zeit zu gewinnen. »Also, wie ich
das sehe …«
»Ja?«
»Nicht das
kleinste Anzeichen für …«
»Ja?«
Genervt
breitete er die Arme aus. »Okay, nun sag schon, auf was du hinauswillst.«
»Dachte
ich’s mir doch.« Sie nickte vor sich hin wie eine Lehrerin, die mit einem ihrer
schwierigen Fälle spricht. »Du hast es also nicht bemerkt?«
»Was?«,
fragte er voller Misstrauen.
»Zumindest
den Balkon hast du gesehen, oder? Nicht den großen, sondern den kleineren, an der
hinteren Ecke. Die zum Schuppen hin.«
»Ja, der
ist sogar mir aufgefallen.«
»Und was
ist dir noch aufgefallen?«
»Laura«,
zischte er. »Du hättest Quizmasterin werden sollen. Nun sag’s doch endlich!«
»Das Fenster
bei diesem Balkon.« Genüsslich machte sie eine Pause. »Es ist nicht zu.«
Seine Augenbrauen
zuckten in die Höhe. »Nicht zu?«
»Es ist
geschlossen, aber nicht verschlossen.« Laura stemmte die Hände in die Hüften, wie
er es noch nie bei ihr gesehen hatte. »Der Fenstergriff. Er steht waagerecht, bei
den übrigen allerdings senkrecht nach unten.« Erneut eine bedeutungsvolle Pause.
»Dann mal los.«
»Was meinst
du damit?«, fragte John, obwohl er die Antwort lieber nicht wissen wollte.
Und seine
Ahnung sollte sich als richtig herausstellen. Mit befehlsgewohntem Ton brachte Laura
ihn dazu, sich aufs Dach des Schuppens zu stemmen und sie anschließend hinaufzuziehen.
Von dort kämpften sie sich auf diesen kleinen Balkon, dem John bisher keine Beachtung
geschenkt hatte. Sie standen kaum auf festem Grund, da stieß Laura auch schon das
Fenster auf. »Ja«, entfuhr es ihr, offensichtlich sehr zufrieden.
Johns Hand
legte sich auf ihre Schulter. »Nicht dass es dich sonderlich zu kümmern scheint,
aber wir sind gerade im Begriff, eine Straftat zu begehen. Einbruch, Hausfriedensbruch.
Irgendeinen schönen Fachbegriff gibt’s in jedem Fall dafür.«
»Und wer
soll uns anzeigen? Der miese Zuhälter, von dem du mir erzählt hast?«
»Spielt
keine Rolle, wer. Es spielt eine Rolle, dass wir …«
»John Dietz«,
schnitt sie ihm das Wort ab. »Ein bisschen was muss man riskieren. Oder etwa nicht?«
Sie löste sich aus seinem Griff und schwang eines ihrer langen Beine durch das Fenster
ins Innere des Hauses, als
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