Schmidts Einsicht
Dr. Townsends Empfehlung zu Rate gezogen hatte. Er wollte auch hoffen, daß Jon Riker sie gut behandeln würde, daß ihre Ängste unbegründet waren. Ja, gut behandeln bis zu dem Tag, an dem sie ihn verließ, aber herbeiwünschen würde er dieses Ende nicht, das schwor sich Schmidt. Zu viele Wünsche hatte er im Lauf der Jahre ausgesprochen, sie waren zu Bumerangs geworden und ihm ins Gesicht geflogen. Falls Charlotte und Jon zusammenblieben, wollten sie vielleicht adoptieren. Aber selbst das konnte sich als unmöglich erweisen. Charlotte war durch Sunset Hill gebrandmarkt.
All die Verluste, die er früher selbst erlitten hatte – daß Mary an einer zerstörerischen Krankheit gestorben war; daß er wegen ihres Leidens entschieden hatte, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen und seinen geliebten Beruf aufzugeben; daß Carrie ihn verlassen hatte, was zwar natürlich und notwendig, aber auch herzzerreißend gewesen war; daß er den kläglichen und in Demütigung endenden Versuch unternommen hatte, sein Leben mit dem einer Frau zu verbinden, in die er sich verliebt und in der er sich geirrt hatte – das waren, verglichen mit der neuen Katastrophe, nur Nadelstiche. Was blieb ihm jetzt noch? Er mußte sie lieben und bereit sein, ihr zu helfen, auch wenn sie ihn noch so oft und heftig zurückweisen sollte. Und außerdem gedämpfte Erwartungen und bescheidene Ziele: für die Stiftung arbeiten, den kleinen Albert beschützen, vermeiden, anderen Schaden zuzufügen, und sich möglichst vor Schlägen in Sicherheit bringen.
An einem Samstag, als der schwere Nordostwind sich ausgetobt hatte und Jason und Bryan nicht mehr beide in der Marina sein mußten, lud Schmidt Carrie, Jason und den kleinen Albert zum Mittagessen ein. Er fand es an der Zeit, das Versprechen, das er Carrie gegeben hatte, vor Jasons Ohren noch einmal zu wiederholen und damit amtlich zu machen. Das Baby in seinem tragbaren Laufställchen war so plaziert, daß er es gut sehen konnte. Die große Nase, die ihn zunächst, als Carrie mit dem Kind aus der Klinik gekommen war, beunruhigt und gerührt hatte, erschien ihm jetzt nicht mehr auffällig lang. Da sie nicht geschrumpft sein konnte, mußte Klein Alberts Gesicht runder und fülliger geworden sein, so daß sie ihre verräterischen Ausmaße verloren hatte. Er würde ein hübscher Junge werden, höchstwahrscheinlich mit einer Haut vom gleichen blassen Olivton wie die seiner Mutter und mit ihren dunklen Augen. Das Team von Puerto Rico hatte einen Vorsprung, und er spornte es an.
Beim Kaffee erzählte er Jason, daß Charlotte einen Unfall hatte und keine Kinder mehr bekommen könne. Das meiste, was er zu sagen hatte, wußte Carrie schon. Dann lächelte er das Baby an, weil er sich freute, wie zufrieden der Kleine strampelte und gluckste, und hielt seine Rede.
Eines Tages, wenn Charlotte sich wieder ganz erholt hat, werden sie und Jon vielleicht adoptieren wollen, erklärte er. Das ist möglich, aber ob es wahrscheinlich ist, kann ich nicht sagen. Sollten sie ein Kind adoptieren, möchten sie vielleicht auch noch ein zweites oder mehrere haben, um eine größere Familie zu sein. Diese Möglichkeiten erwähne ich nur, damit ihr wißt, daß ich darüber nachgedacht und sie durchaus mit berücksichtigt habe. Was immer Charlotte und Jon in dieser Hinsicht unternehmen, wird keine Auswirkungen auf das haben, was ich für den kleinen Albert hier tun möchte. Oder für andere Kinder, die aus dem einen oder anderen Grund in mein Leben treten und mir ans Herz wachsen. Wenn ihr es erlaubt, wenn ihr einverstanden seid, werde ich die Ausbildung Alberts und seiner Geschwister finanzieren – Gebühren, Tutoren, Unterhalt, wenn sie auswärts leben, und so weiter, von der Vorschule bis zum Graduiertenstudium. Sommerferienlager inbegriffen. Das ganze Programm. Ist euch das recht? Falls die Marina euch so reich macht, daß ihr diese Kosten selbst tragen wollt, müßt ihr natürlich mein Geld nicht annehmen. Dann werde ich es als Rücklage für die Kinder auf ein Konto legen.
Carrie schrie auf vor Freude und lief um den Tisch, um ihn zu umarmen. Was ist das für eine blöde Frage? Hey,Albert, schick Schmidtie einen Kuß! Du hast gerade ein ganz schönes Schnäppchen gemacht. Schmidtie, das ist so großzügig, ich kann es gar nicht glauben.
Jason war aufgestanden und schüttelte Schmidt mit großer Ernsthaftigkeit die Hand.
Setzt euch wieder hin, setzt euch, sagte Schmidt und hob die Hand, zum Zeichen, daß es nun genug mit der
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