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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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im Touristengebiet. Ihm war das gleich. Er wußte, was er tat.
    Mit Schwung warf er den Karton und das imprägnierte Krapfenpapier in einen öffentlichen Abfallbehälter, wischte sich die Lippen leicht mit dem Gelenk seines Zeigefingers ab und schloß die Tür eines 1985er Chrysler LeBaron mit verblaßtem Silberlack auf. Er hatte den Wagen gegen bar in Richmond gekauft und in genau drei Tagen schon sechshundert Kilometer mit ihm zurückgelegt. Es war das erste Auto, das er je gekauft hatte, und es war ihm gleich, ob er der Besitzer war oder nicht. Er hatte das alleinige Nutzungsrecht, und darauf kam es an.
    Den Rest des Beutels mit Bargeld – etwa zehntausend Dollar – hatte er im Gepäckraum unter dem Reserverad versteckt.
    »Okay«, sagte er und hörte zu, wie der Motor leise im Leerlauf ging. »Wohin jetzt?«
    Er blinzelte einen Moment. Jetzt kamen die Anweisungen gewöhnlich von Menschen und nicht von der undefinierbaren Nichtstimme, die die Leute vom Netzwerk den ›Boss‹ nannten. Reuben hatte sogar gelernt, die ›Signaturen‹ bestimmter menschlicher Personen wiederzuerkennen, mit denen er kommunizierte. Aber diesmal waren sie ihm nicht vertraut.
    »Also Cleveland«, sagte er. Er holte einige Karten aus dem Handschuhfach und markierte mit einem gelben Filzstift seine Route auf den Highways. Er hatte die letzten paar Tage damit verbracht, Hunderte von Büchern und Bildplatten aus Bibliotheken in Washington und Richmond zu entwenden, und Hunderte anderer in Buchläden zu kaufen. Er hatte all das in Richmond drei Männer mittleren Alters übergeben; und er hatte keine klare Vorstellung, was die damit anfangen würden. Er hatte auch nicht gefragt. Offensichtlich interessierte sich der Boss für Literatur.
    Mit einiger Erleichterung – er mochte Diebstahl nicht, selbst für eine gute Sache – fuhr er auf die offene Straße.
     
    Der Frühling kam rasch. Die Hügel rings um die Pennsylvania-Fernstraße waren schon üppig grün, und Bäume brachten Blätter hervor, die sie nicht mehr würden abwerfen können. Es würde keinen Sommer oder Herbst geben.
    Reuben schüttelte den Kopf und dachte daran, das Lenkrad in der Hand. Wenn er auf der Straße unterwegs war, sprach das Netz selten zu ihm; und das gab ihm reichlich Zeit – vielleicht zu viel Zeit – über manches nachzudenken.
    Er tankte den LeBaron in New Stanton auf und parkte vor einer Imbißstation. Nach einem schnellen Essen, bestehend aus Hamburger und grünem Salat, zahlte er die Rechnung und schaute sich einen Ständer mit Postkarten an. Er wählte eine mit einer großen weißen Scheune und Pennsylvania Dutch-Zaubersymbolen darauf. Aus einem Automaten kaufte er einige Briefmarken und schrieb auf die Rückseite der Karte:
     
    Papa,
    arbeite noch ständig hier und anderswo.
    Denke an dich.
    Paß auf dich auf!
    Reuben
     
    Dann warf er sie in den Kasten hinter dem Lokal.
    Um acht hatte er Cleveland erreicht. Es fiel ein ruhiger Regen, als er sich in einem alten Hotel nahe dem Bus-Depot eintrug. Er stellte den LeBaron in einem öffentlichen Parkhaus ein und war sich unbehaglich darüber klar, daß er ihn nicht bis zur eigentlichen Endstation fahren würde. Irgend jemand würde ihn nehmen und dorthin bringen.
    Er war nur ein paar Kilometer vom Erie-See entfernt: und das – so hatte ihm das Netz gesagt – war es, wo er am frühen Morgen zu sein hätte.
    Reuben betrachtete sich in dem fleckigen Spiegel des Badezimmers. Er sah einen großen jungen Burschen mit lückenhaftem Bart und kräftigen, regelmäßigen Zügen. Er grüßte den Burschen – und das Netz – und ging zu Bett, schlief aber nicht viel.
    Er hatte Angst. Morgen würde er andere Leute im Netzwerk treffen – einige von den Leuten hinter den Stimmen. Das erschreckte ihn nicht. Aber…
    Irgend etwas im See erwartete sie.
    Wie sehr traute er den Geheimen Meistern?
    Was machte das aus?
    Er würde am See-Ufer, am Toland Brothers Terminal, um sechs Uhr morgens sein, sauber rasiert, frisch geduscht und gekleidet in den neuen Anzug, den er in Richmond für eben eine solche Gelegenheit gekauft hatte.

 
56
     
    Trevor Hicks stieg unter einem großen Eisengerüst aus dem Mietwagen und beschattete seine Augen gegen die Sonne. Er sah, wie Arthur Gordon über die Straße ging. Gordon winkte. Hicks, der von der Fahrt erschöpft und noch nervös war, machte eine schwache Geste der Erwiderung. Er hatte sich nie an das Fahren in den Vereinigten Staaten gewöhnen können. Da er keine schnelle Strecke auf

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