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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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nach Offenbarung, Bestätigung, Gewißheit einer Existenz oder eines Sinnes über das Ende hinaus?
    »Gott ist das, was du liebst.« Das sagte er leise. Es war beunruhigend, sich darüber klar zu werden, wie sehr er das glaubte. Indessen war er bei der Liebe nie besonders gut gewesen, weder der Liebe der Menschen in allen ihren Formen, noch den anderen Formen, die Liebe zu seiner Arbeit vielleicht ausgenommen. »Ich liebe die Erde.«
    Aber das war ziemlich vage und breit. Die Erde bot der Liebe nur nichtdenkende Hindernisse dar: Stürme, Erdrutsche, Vulkane, Erdbeben. Zufälle. Die konnte nicht anders als zügellos sein. Es war leicht, die Große Mutter zu lieben.
    Der Wind erfaßte feine Nebeltröpfchen und trieb sie über den Vernal Fall und den Wald, bis sie kühl und leicht prickelnd auf seiner Wange landeten. Er dachte daran, wie er Flaum und keinen Bart auf den Backen gehabt hatte und wie er gewünscht hatte, daß ihr Vater bei ihnen bleiben würde, obwohl er schon damals wußte (war es ihm wirklich schon ganz klar?), daß die bereits einander entfremdeten Eltern sich bald trennen würden.
    Jene Zeit in Yosemite war keine reine Freude gewesen. Die Erinnerungen, die ihm jetzt wieder einfielen, handelten von einem Jungen, unwissend, aber mit scharfem Auge, der einen Mann und eine Frau beobachtete, die die Rollen von Vater und Mutter spielten, Gatte und Gattin, aber keine innere Bindung mehr hatten.
    Der Junge hatte nicht voraussehen können, was nach der Scheidung so deutlich, aber auch so unbestreitbar kam.
    Er kniff die Augen zu.
    Erde = Mutter. Gott = Vater. Kein Gott = Kein Vater - Unfähigkeit zur Verbindung mit dem Danach.
    »Da liegt der Hund begraben«, sagte er. Er schlug nach einer Mücke, nahm seinen Rucksack auf und begann den Abstieg über die nassen, dunkelgrauen Steinstufen, die neben dem Vernalfall ausgehauen waren, und dann auf dem Pfad über dem schäumenden, mächtigen Wasser führenden Merced-Fluß.
    Er machte mit leichtem Lächeln eine kleine Pause. Dann verließ er den Weg und trat auf einen Granitblock unmittelbar an der Kante des Tumultes. Er betrachtete die verstreuten grünen Wassermassen unter und zwischen den weißen Blasen. Das Getöse schien schwächer zu werden. Er fühlte sich fast hypnotisiert. Er brauchte sich nur vorzubeugen, einen Fuß über die Kante zu setzen; und alles wäre sehr schnell zu Ende. Kein ängstliches Warten! Seine freie Wahl.
    Irgendwie war diese Möglichkeit nicht attraktiv. Er schüttelte langsam den Kopf und schaute zu den Bäumen auf der gegenüberliegenden Seite des Wasserfalls auf. Silberstrahlen schimmerten durch die Zweige und bewegten sich über die Stämme. Er mußte einen Moment darüber nachdenken, was er da sah. Die Bäume waren besetzt von großen silbrigen Spinnen. Zwei davon kletterten einen Zweig entlang und schleppten etwas, das wie ein toter Eichelhäher aussah. Eine andere hatte von einem Kiefernstamm ein Stück Rinde abgeschält und einen Keil weißen Holzes freigelegt.
    Er dachte an den Gast und zweifelte nicht an dem, was er sah.
    Wer kontrolliert sie? fragte er sich. Was haben sie zu bedeuten? Er beobachtete sie einige Minuten lang, leicht verunsichert durch ihre Indifferenz. Dann zuckte er die Achseln – noch ein weiteres unerklärliches Wunder – und kehrte zum Weg zurück.
     
    Edward war wieder im Tal, frisch geduscht und in sauberen Jeans und weißem Hemd, um fünf Uhr, wie er versprochen hatte. Das Amphitheater war stärker besetzt als bei der Versammlung am vorhergehenden Abend. Musik war nicht vorgesehen. Statt dessen gab es einen Geistlichen, einen Psychologen und einen zweiten Ranger, die sich vor dem Podium aufgereiht hatten und darauf warteten, bis sie nach der Einführung durch Elizabeth drankamen. Minelli knurrte über die Aufstellung im Stil des New Age, blieb aber da. Zwischen ihnen allen begann sich ein Band zu entwickeln, sogar bei denen, die nicht gesprochen hatten. Sie steckten hier gemeinsam drin, und es war besser, beisammen zu sein als anders, selbst wenn es bedeutete, daß man eine Handvoll kindischer Reden über sich ergehen lassen mußte.
    Edward schaute sich um, konnte aber die sitzengelassene Blondine nicht im Auditorium finden.

 
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    Nach drei Tagen des Verhörs durch das FBI und Agenten der Nationalen Sicherheitsbehörde, sowie sechs Stunden intensiven Schmorens durch den Marineminister war Senator Gilmonn seines Amtes enthoben und hatte sein Apartment in Long Beach, Kalifornien, verloren. Er hatte

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