Schmusekatze, jung, ledig, sucht
beneiden«, fand Chrissy und stellte den Teller auf den Couchtisch, um eine kurze Pause zu machen. Lady Penelope und Jules lagen noch immer zusammen auf dem Sessel und waren inzwischen fest eingeschlafen. Nicht mal der Geruch von Essen hatte sie aufwecken können.
»Jetzt, da wir unter uns sind«, begann sie vorsichtig, »würde ich dich gern etwas fragen.«
Robert hob den Kopf und grinste sie an. »Du meinst, ob die Preise im Löwenhof nicht eigentlich doch ziemlich übertrieben sind?«
»Genau«, sagte sie, obwohl sie das gar nicht hatte fragen wollen.
»Soll ich dir ein Geheimnis verraten? Diese Preise sind lachhaft. Kein normaler Mensch würde so viel Geld für etwas zu essen ausgeben«, gestand er lachend.
»Und trotzdem rennen die Leute dir die Türen ein, um einen Tisch zu ergattern?« Sie machte eine ratlose Miene. » Wieso?«
»Ich glaube, eine richtige Antwort kann dir nur ein Psychologe geben, aber ich sehe das so : Den meisten Leuten, die zu uns essen kommen, geht es gar nicht um das Essen, sondern nur darum, möglichst viel Geld auszugeben, um zu zeigen, dass sie so viel Geld haben.« Er trank einen Schluck Wein. »Das ist das Gleiche bei den drei anderen Firmen, die im Gut untergebracht sind. Beispielsweise die Werbeagentur. Ich habe mir mal über einen Bekannten ein Angebot für eine Werbekampagne zusammenstellen lassen und das Gleiche dann bei zwei anderen großen und einer ziemlich kleinen Agentur in der Innenstadt wiederholt. Die Agentur bei uns nebenan hat einen viermal so hohen Kostenvoranschlag abgeliefert, und trotzdem können die sich vor Aufträgen kaum retten, weil sie sich in diesem Umfeld besser darstellen und besser präsentieren können als eine Agentur in der Oststraße, bei der im Erdgeschoss ein Wettbüro untergebracht ist.« Er zuckte mit den Schultern.
»Aber du hast doch gesagt, dass die Miete so viel ausmacht und auf den Preis schlägt.«
»Richtig, die Miete macht viel aus, aber wir könnten trotzdem jedes Essen für ungefähr den halben Preis anbieten und würden immer noch einen ordentlichen Gewinn machen.«
Sie stutzte. »Augenblick mal. Soll das heißen, du nimmst deine Kundschaft aus?«
»Das soll es heißen«, bestätigte er amüsiert. »Die meisten Menschen gehen zumindest unterbewusst davon aus, dass ein Produkt umso besser sein muss, je mehr es kostet – sofern es nicht um Leute geht, die jeden Cent zweimal umdrehen müssen, weil sie nur über ein knappes Budget verfügen. Stell den Leuten zwei Gläser Erdbeermarmelade hin, ein No-Name-Produkt, das fünfzig Cent kostet, und daneben eine bekannte Marke, die das Dreifache kostet. Die meisten von denen, die nicht aufs Geld achten müssen, greifen zum Markenprodukt, weil sie sich sagen, dass etwas Billiges nichts taugen kann. Und so denken die Geschäftsleute auch, aus denen sich meine Kundschaft fast ausschließlich zusammensetzt.«
»Dann hast du willkürlich die Preise erhöht?«
»Ich dachte mir, ich versuch‘s einfach mal, um zu sehen, wie lange die Leute das mitmachen.« Er grinste breit. »Sie machen es immer noch mit. Sie glauben wirklich, dass fast fünfzig Euro für einen zugegeben großen Salatteller völlig okay sind. Sie fragen ja nicht mal nach den Preisen. Sie bestellen, sie essen, die Rechnung kommt, sie bezahlen, und nächste Woche sind sie wieder da.«
»Sie fragen nicht …«, wiederholte Chrissy etwas irritiert, aber dann fiel ihr etwas ein. »Stimmt ja, auf der Speisekarte standen überhaupt keine Preise.«
Er nickte und lachte leise. »Eben. Das sind Geschäftsleute, die auf Geschäftskosten essen. Das sind Kaufleute, die eigentlich alle wissen müssten, dass eine Speisekarte ohne Preise gar nicht zulässig ist, aber meinst du, es hätte sich bis heute auch nur einer von ihnen beschwert? Oder bei der Bestellung gefragt, was denn das Hüftsteak kostet?«
»Klar, wie würde so was vor den anderen Leuten aussehen, mit denen sie da sind?« Sie nahm wieder ihren Teller hoch und aß weiter. »Schade, aber ich glaube, in meinem Pfannkuchenparadies würde das nicht funktionieren. Wenn ich mir vorstelle, was ich verdienen würde, wenn ich einfach so die Preise verdoppeln oder verdreifachen könnte …«
Robert schüttelte zweifelnd den Kopf. »Es dürfte schwierig werden, den gleichen Kundenkreis ins Worringer Carré zu bekommen, der sonst in den Löwenhof kommt. Die Damen und Herren wären ja schon aufgeschmissen, weil vor dem Center niemand darauf wartet, ihren Wagen ins Parkhaus zu fahren.«
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