Schmutzengel
wollte, und verschwand wortlos.
»Der Markt ist da«, sagte Troll lakonisch. »Jetzt müssen wir dem Kind nur noch einen Namen geben.«
Ich kaufte weitere schwarze Hosen und, das war neu, weiße Blusen. Die Haare ließ ich mir auf Schulterlänge kürzen und franselig
schneiden, um weniger Zeit mit dem Haaretrocknen verbringen zu müssen. Die Friseurin bestand darauf, mir etwas Volumen ins
Haar zu fönen. Ich ließ es geschehen, auch wenn ich bereits befürchtete, dass das Ergebnis nicht ganz der Beschreibung entsprechen
würde. Ich hatte richtig befürchtet.
Troll lief in dem Café, in dem wir verabredet waren, an mir vorbei, bis ich nach ihr rief.
»Deine Frisur erinnert an diese geliftete Nachrichtensprecherin, die letzten Monat in Rente gegangen ist«, eröffnete sie mir
nach einem ausgiebigen Blick. Ihre Haare waren kiwigrün. Ich sagte nichts dazu.
Troll bestellte einen Tee. Grünen. Die Kellnerin zuckte, warf noch einen Blick auf Trolls Haarpracht, notierte die Bestellung
und verschwand.
Zugegeben, ich war beleidigt wegen Trolls abfälliger Bemerkung über meine neue Optik, die mich eine Stange Geld gekostet hatte,
aber insgeheim musste ich ihr recht geben. Nach dem nächsten Mal Selberwaschen und -föhnen würde ich mich aber sicherlich
wieder im Spiegel erkennen können.
Ein ganz anderes Thema lastete mir auf der Seele:
»Wie soll ich meine Firma denn nun nennen?«, fragte ich Troll.
Wir hatten vergangene Woche schon zusammengesessen und uns die Köpfe heiß geredet. Eine zufriedenstellende Idee war uns allerdings
auch nach zwei Litern Kaffee und einem Liter Bio-Rotwein nicht gekommen.
»Tja, ›Clean & Co‹ klang dir zu sehr nach Achtzigerjahre und bei ›Concierge‹ fühltest du dich an rosa Strickjacken
mit Ajourmuster und Kohlgeruch erinnert«, erinnerte mich Troll.
»Und unter einem Butler stellt man sich meist einen Mann vor, aber im Grunde kommst du dem am nächsten«, fuhr sie fort. »Korrekt
in schwarz-weiß gekleidet, mit einem Besenstiel durch Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm, einer Distel im Arsch und dem
erklärten Willen, alles Unmögliche möglich zu machen und dabei zu jedem Zeitpunkt Contenance zu bewahren.«
Die Vorstellung des Besenstiels im Zwölffingerdarm verursachte mit kurz ein leichtes Ziehen im linken Unterbauch, und ich
fragte mich, woher Troll immer diese absolut treffsicherenBilder nahm, um Dinge zu beschreiben und gleichzeitig die dazu passenden Gefühle auszulösen. Grundsätzlich musste ich ihr
natürlich recht geben. Der Name suggerierte eine gewisse Klasse, die ich gern für mein Unternehmen und mich in Anspruch nähme.
Nur hätte ich einen weiblicher klingenden Firmennamen bevorzugt.
»Was ist denn das weibliche Pendant zu Butler?«, fragte ich.
»Hausdame«, schlug Troll vor. Dann verbreiterte sich ihr Grinsen. »Oder statt Majordomus eben Majorette-Domina. Oder gleich
Mutti.«
Die Vorstellung, als »Mutti« aufzutreten, verdarb mir fast den Spaß an meinen Planungen. Männer, die sich von Mutti die Socken
zusammenrollen, die Hemden bügeln und die Bude putzen ließen, rangierten auf meiner persönlichen schwarzen Liste gleich hinter
denen, die noch zu Hause wohnten. Eigentlich, überlegte ich, müssten sogar die Alleinwohner an Platz eins stehen, denn sie
nahmen eine räumliche Unabhängigkeit in Anspruch, während sie trotzdem einen Full-Mutti-Service genossen. Mit solchen Typen
wollte ich nichts zu tun haben.
Während wir unseren Gedanken nachhingen und auf weitere Einfälle hofften, schaufelte Troll zwei Teelöffel Zucker und einen
halben Teelöffel Salz in den grünen Tee. Die Dame am Nebentisch versuchte inzwischen gar nicht mehr, ihren starrenden Blick
zu verbergen. Sie trug Flieder, was mich in Verbindung mit dem leichten Violett ihrer Haarpracht an die frühere First Lady
Barbara Bush erinnerte. Troll grüßte freundlich.
Die Dame griff sich entrüstet an ihre Perlenkette und drehte sich demonstrativ weg.
»Putzteufel«, schlug Troll mit einem breiten Grinsen und einer Handbewegung zur Fliedertante vor.
»Perle«, murmelte ich, von der Kette der Nachbarin inspiriert. »Eine Putzfrau wird auch Perle genannt.«
»Super«, sagte Troll. »Dann nenn dein Unternehmen ›Perlen für die Säue‹. Damit beschreibst du zugleich die Dienstleistung
und die Zielgruppe. Sehr effizient.«
Ich hatte alle Vorschläge mitgeschrieben und starrte auf das Blatt, das auf dem kleinen Tischchen vor mir lag.
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