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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Lauenstein seine lächerliche Version vom sanft entschlafenen Papa abzukaufen? Vermutlich
     hatte er ihn auf niederträchtigste Art und Weise vom Leben zum Tode befördert und das würde man nun mir anhängen. Ich schluchzte
     laut auf.
    Troll drehte sich zu mir um. Sie riss die Augen auf. »Wie siehst du denn aus?«
    Woher sollte ich das wissen, ich konnte mich ja nicht sehen. Wenn ich allerdings nur halb so schlecht aussah, wie ich mich
     fühlte, konnte ich Trolls Entsetzen verstehen.
    Troll legte mir ihre eiskalte Hand auf die Stirn. »Himmel, du glühst ja.«
    Ich nickte.
    »Wir blasen die Aktion ab. Komm wir hauen ab.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, wir ziehen die Sache durch. Koste es, was es wolle.«
    Ich fand mich mit meiner schleppenden Aussprache nicht gerade überzeugend, aber Troll lenkte ein.
    »Na gut«, sagte sie. »Da vorne muss es sein.«
    Wie durch ein Wunder fanden wir P23.   Der Abschnitt war ungefähr zweihundert Meter lang. Wir trennten uns, begannen an den beiden entgegengesetzten Enden und arbeiteten
     uns Waggon für Waggon aufeinander zu. Ich war die Glückliche, die ihn fand.
    Der Mann lag noch genau so da, wie ich ihn Freitagnacht in den Waggon gelegt hatte. Ich rief Troll, die mit unsicheren Schritten
     über den rutschigen, unebenen Boden herbeieilte. Sie warf einen Blick auf das Kleiderbündel und holte hörbar Luft.
    »Das ist also Rüdigers Papa.«
    Ich nickte.
    »Und du hast den Typ allein in deinen Kofferraum geladen und in diesen Zug gesteckt?«
    »Hm.«
    Ihr Blick, mit dem sie mich von der Seite musterte, war eindeutig bewundernd.
    Wir nickten uns in schweigendem Einverständnis zu. Wir mussten zu Ende bringen, wofür wir hierhergekommen waren. Gemeinsam
     zogen wir an dem Fuß, der uns am nächsten war. In dem Moment, als der Körper sich bewegte, flitzten zwei kleine, schwarze
     Schatten quiekend los, einer davon über meinen Arm. Troll schlug reaktionsschnell danach und das quiekende Pelztier flog in
     hohem Bogen gegen die Waggonwand. Wir blickten uns entsetzt an.
    »Geh einen Schritt zurück«, sagte Troll.
    Kurz und heftig zog sie den Körper am Fuß in eine günstigere Position zu uns her. Diesmal flitzte nichts.
    Entschlossen packten wir die Arme und Beine und schleppten das unhandliche Paket ein paar Meter weit, wo wir es schnaufend
     wieder ablegten. Letzten Endes zerrten wir den Mann im Rettungsgriff rückwärts weiter, die abgelaufenen Hacken der Schuhe
     zogen dabei Rillen in den Schnee. Völlig nass geschwitzt kamen wir mit unserer Fracht nach über einer halben Stunde am Auto
     an.
     
    An die Rückfahrt habe ich keine Erinnerung, vermutlich habe ich wieder die ganze Zeit geschlafen. An der Düsseldorfer Stadtgrenze
     weckte Troll mich.
    »Wohin jetzt mit ihm?«, fragte sie.
    Ich nannte ihr Lauensteins Adresse. Troll fuhr vor und klingelte, aber niemand öffnete. Ich beglückwünschte mich zu meiner
     Geistesgegenwart, neben meinen privaten Schlüsselnauch die meiner Kunden eingesteckt zu haben, und schloss das Tor auf. Troll fuhr den Wagen vor die Tür des Kühlraums, mit
     vereinten Kräften luden wir das Diebesgut ab, sie knallte die Heckklappe zu und fuhr den Wagen wieder auf die Straße. Ich
     stand einen Moment unschlüssig herum. Sollten wir ihn einfach hier draußen liegen lassen? Ich war so fertig, dass ich mich
     kaum noch rühren konnte und Troll hatte mit dem Thema offensichtlich abgeschlossen, denn sie saß im Auto und hupte ungeduldig.
     Ich zuckte mit den Schultern, schloss das Tor ab und schleppte mich mit letzter Kraft auf den Beifahrersitz. Troll brachte
     mich nach Hause.
    Sie schloss meine Wohnungstür auf, bugsierte mich ins Schlafzimmer und fing an, mich auszuziehen. Die ganze Zeit murmelte
     sie beruhigend vor sich hin, aber erst, als sie sich selbst auszog und mit unter meine Bettdecke schlüpfte, verstand ich,
     was sie sagte: »Wer braucht schon Männer. Das haben wir zwei Hübschen doch ganz toll allein hinbekommen.« Dann küsste sie
     mich auf den Mund.
    Meine Reaktion war reflexhaft. Ich stieß sie so heftig von mir, dass sie aus dem Bett fiel. Sie rappelte sich hoch, starrte
     mich mit Tränen in den Augen an, sammelte ihre Kleider zusammen und stürmte aus der Wohnung.

13
    Die folgenden zwanzig Stunden verschlief ich. Lauenstein versuchte in der Zeit neun Mal, mich anzurufen, aber ich hörte noch
     nicht einmal das Klingeln. Wirklich wach wurde ich erst, als Lisbeth sich mit einem besorgten Gesichtsausdruck über mich beugte
    

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