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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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wollte das Gesicht verlieren. Das Flugzeug rollte über die Piste. Die Soldaten beider Parteien wurden immer nervöser. Gleich würde etwas passieren.
    Vecchio hatte einen Kontaktmann in Washington angerufen. In aller Eile war ein Treffen organisiert worden. Stalin Rossetti und Billy hatten sich am Rand der Piste getroffen. Stalin hatte sich angehört, was der Amerikaner zu sagen hatte. Eine Frage hatte gereicht, dass der andere die Fassung verlor.
    „Woher wollt ihr wissen, dass der Schwertfisch in diesem Flugzeug sitzt?“
    „Das ist ein militärisches Geheimnis.“
    „Blödsinn. Wir wissen alles über den Satellitenstaat. Seit Jahren spioniert ihr unsere Geheiminformationen aus. Ihr spioniert ein verbündetes Land aus. Das ist nicht schön, mein Freund!“
    „Darüber darf ich nicht sprechen.“
    „Ich glaube, die Roten bei uns zu Hause würden Freudensprünge machen, wenn sich die Nachricht verbreitete.“
    „Das werdet ihr nicht tun …“
    „Du kennst Vecchio nicht!“
    „Ist Vecchio ein Roter?“
    „Vecchio ist Vecchio und basta. Vecchio gibt euch den Rat, den Bauernlümmel mit dem Palästinensertuch fallen zu lassen und euch den Satellitenstaat warmzuhalten.“
    Billy Goat hatte nach Washington telefoniert. Das Flugzeug mit seiner kostbaren Fracht war abgeflogen. Der Riss war geflickt worden. Billy Goat und Stalin Rossetti waren von ihren jeweiligen Referenten gelobt worden. Stalin Rossetti hatte zwei Mädchen besorgt, um das Adrenalin loszuwerden. Gemeinsam hatten sie bis in die Morgenstunden gefeiert und Moscato aus Pantelleria getrunken.
    In der Folge hatte es weitere Missionen, weitere Begegnungen gegeben. Das letzte Mal hatten sie voneinander gehört, als er sich im Exil im Salento befand. Ausgerechnet Billy hatte ihm gesagt, dass Scialoja an Vecchios Stelle treten würde. An diesem Abend hatte Stalin ein kostbares Queue zerbrochen, das Anfang des 20. Jahrhunderts hergestellt worden war. Und er hatte beschlossen, dass er wieder kämpfen würde.
    All das war Billy Goat. All das und noch etwas mehr. Dass Scialoja bei ihm gelandet war, war unter zwei Aspekten besorgniserregend. Erstens: Weil Billy, wenn auch unabsichtlich, den Bullen vielleicht auf seine Spur gebracht hatte. Zweitens: Was zum Teufel hatte Billy mit der aktuellen italienischen Innenpolitik zu tun?
    Als Stalin mit ihm telefonierte, versuchte Billy ihn zu beruhigen. Nein, er hatte mit Scialoja nicht über ihn gesprochen. Er würde niemals einen Freund verraten, außer wenn es ausdrücklich von ihm verlangt und er ordentlich dafür bezahlt wurde, mit einem Wort, wenn es den Regeln entsprach. Er hatte sich mit dem Italiener über etwas ganz anderes unterhalten.
    – Ich nehme an, der Inhalt eures Gesprächs ist vertraulich, Billy …
    – Nun, der Typ hat bezahlt, um gewisse Informationen zu bekommen …
    – Wie viel?
    – Für dich hunderttausend.
    – Verdienst du jetzt dein Geld mit Erpressungen?
    – Ein Freundschaftspreis. Im Namen der alten Freundschaft.
    – Ich kann sie dir in ein paar Tagen geben.
    – Gut, in ein paar Tagen!
    Als das Geschäft abgeschlossen war, fragte sich Billy, woher Stalin eigentlich vom Besuch des Italieners wusste. Jemand in Washington? Oder … die Frau? Aber dann spionierte sie! Stalin ließ Scialoja überwachen! Billy Goat erinnerte sich, wie düster Stalin nach der Meldung dreingeblickt hatte, dass Scialoja Vecchios Nachfolger werden würde. Überwachen. Hass. Scialoja hatte einen Feind. Billy Goat fragte sich, ob die Information so an die fünfzig-, sechzigtausend Dollar wert war. Einen Augenblick lang verlockte ihn die Idee des Verrats. Aber schließlich beschloss er, Scialoja nichts davon zu verraten. Erstens: weil er Protestant war und allzu große Gier verabscheute. Er hatte aus dieser Sache schon so viel wie möglich herausgeholt, also lieber die Finger davon lassen. Zweitens: Weil Clinton nicht ewig war. Drittens: Weil ein Freund wie Stalin immer nützlich sein konnte. Und da von Freundschaft die Rede gewesen war, fühlte sich Billy verpflichtet, dem Bericht ein Kärtchen mit einer witzigen Bemerkung beizulegen: „Take care of the lady“. Kümmere dich um die Dame. Aber auch: Gib auf sie Acht, Freund. Benutze sie, solange du Lust hast, aber gib Acht.
4.
    Ein Vorhaben hatte es also gegeben. Irgendjemandem in Amerika gefiel das neue Italien nicht. Die amerikanische Mafia war in Alarmbereitschaft versetzt worden. Die amerikanische Mafia hatte sich mit den Vettern in Corleone in Verbindung

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