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Schnabel, Andreas

Schnabel, Andreas

Titel: Schnabel, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod inclusive
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pfeifendes Zischen, dem eine gewaltige Explosion folgte. Die Druckwelle riss die Delinquenten brutal nach hinten. Es folgten mehrere kurze Salven von gedämpften automatischen Waffen, und dann herrschte gespenstische Ruhe.
    Bin ich nun tot?, fragte sich Yussuf. Fühlt es sich so an, wenn man von einer Granate zerrissen wurde? Er spürte Schritte neben sich im Sand. Aha, da kommen sie schon, die wilden Tiere. Beißt mir bitte nicht zuerst in die Eier. Ich lebe doch noch, oder etwa nicht? Darin geübte Hände zogen ihm die Handgranaten aus der Kleidung, und jemand riss das Klebeband von seinem Mund.
    »Aua«, schimpfte er. Vorsichtig schlug er die Augen auf. Im Halbdunkel der Dämmerung erkannte er eine Art Lehmmenschen, ein bewaffnetes, von Kopf bis Fuß in Wüstenkhaki gehülltes Wesen, dessen Augen ihn durch eine ebenfalls khakifarbene Sturmhaube ansahen. Yussuf wurde auf die Seite gedreht, und das Wesen löste zuerst die dicken Plastikhandfesseln, danach befreite es seine Füße. Wenigstens im Himmel darf ich mich wieder bewegen, dachte er, doch bevor er wieder damit begann, über Allah und das Paradies zu philosophieren, wurde ihm plötzlich eines klar: Engel trugen kein Khaki, Jungfrauen keine Sturmhauben, und im Paradies benötigte man keine Tar-21-Sturmgewehre. Die gab es, wenn überhaupt, nur im jüdischen Jenseits. Yussuf richtete sich auf. »Wer sind Sie?«
    »Mein Name ist Aaron Wiese, ich bin Hauptmann der israelischen Streitkräfte. Sind Sie Major Hakim Ben Brahim?«
    »Nein, der müsste hier auch irgendwo im Sand liegen. Mein Name ist Yussuf Hussein Ibn Draghi al Madgier, ich bin Major der algerischen Luftwaffe.« Er stutzte. »Oder ich war es zumindest. Nachdem ich gerade offiziell erschossen wurde, glaube ich nicht, am nächsten Ersten noch Geld zu bekommen.«
    »Sie sind einer der Sea-King-Piloten der SAR -Einheit von Oran.«
    Yussuf nickte.
    »Dann nehme ich Sie im Namen der internationalen Gerichtsbarkeit hiermit wegen Waffenschmuggels fest. Alles, was Sie von nun an sagen, kann gegen Sie verwendet werden. Ihnen wird so bald wie möglich ein Anwalt zur Verfügung gestellt.«
    Yussuf war irritiert. Er wurde also in der Wüste in Algerien von einem Israeli wegen Waffenschmuggels festgenommen, nicht wegen Mordes. Das bedurfte einiger Antworten seines Freundes Hakim, der sich in diesem Augenblick neben ihn setzte. »Hör mal, wenn sogar die Israelis mehr über deine krummen Geschäfte wussten als ich, dann wird da ja wohl länger schon etwas gelaufen sein, oder?«
    »Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber es geht schon seit über zwei Jahren so.«
    »Und kein Wort davon zu mir?«
    »Unsere Väter wussten über uns Bescheid. Sie drohten mir damit, uns wegen homosexueller Umtriebe festnehmen zu lassen, wenn ich bei dem Waffendeal nicht mitmachen würde.«
    »Dann wären wir eben gesteinigt und nicht erschossen worden.« Yussuf schnaubte vor Wut durch die Nase. »Machst du dir überhaupt eine Vorstellung davon, wie ich mich jetzt fühle? Dank dir bin ich nun der Depp der gesamten Garnison!«
    »Die Entscheidung, dich da rauszuhalten, stammt von unseren Vätern. Wie sich jetzt herausgestellt hat, war sie richtig.«
    »Was heißt ›jetzt herausgestellt‹? Willst du damit etwa sagen, dass es uns irgendwie besser ergangen ist, weil ich nicht wusste, dass du Boden-Luft-Raketen in eines der heißesten Krisengebiete der Welt schmuggelst?«
    »Nein, ich will damit sagen, dass wir in diesem Geschäft keine so labilen Typen wie dich gebrauchen konnten.«
    »Du bezeichnest mich als labil, weil ich mich mit einer Frau angefreundet habe.«
    »Schnauze, ihr Schwuchteln«, ertönte es hinter ihnen. »Aufstehen und aufsitzen.«
    Sie kletterten mit ihren acht Befreiern in zwei kleinere Geländewagen und fuhren los. Nach etwa zehn Minuten erreichten sie auf dem Plateau einer riesigen Sanddüne eine dort auf sie wartende Bell-V-22, die Armeeversion eines senkrecht startenden Transportflugzeuges. Ohne anzuhalten, fuhren sie die Laderampe hoch, die sich hinter ihnen sofort verschloss. Die Triebwerke wurden angelassen, und während sie noch in den Jeeps saßen, erhob sich das schwere Flugzeug dröhnend in die Lüfte.

ELF
    Krause war ungehalten, dass er so lange auf Serges Rückkehr aus Campos warten musste. Er beschäftigte sich damit, hin und wieder nach seinem Opfer zu sehen, aber die Deutsche lag noch immer in einem tiefen Koma. Er fürchtete inzwischen um sein Vergnügen, ihr genüsslich beim Sterben zusehen zu

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