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Schnabel, Andreas

Schnabel, Andreas

Titel: Schnabel, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod inclusive
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wieder eingesammelt wirst. Wenn sie danach mit dir fertig ist, wird dein Kadaver noch nicht einmal mehr von den Wüstenfüchsen angerührt. So weit reicht die Macht dieser Frau.«
    Annmarie war bleich geworden.
    »Du könntest natürlich auch nach Süden laufen. Dort wartet der Taliban auf dich. Die Begrüßung wird die gleiche sein, aber du kommst danach nicht ins Grübeln, weil sie dich, wenn sie mit dir fertig sind, wegen Prostitution steinigen werden.«
    Nichts machte Annmarie so wütend wie Machtlosigkeit, und dieses Gefühl überrollte sie jetzt förmlich. Sie begann zu weinen. Yussuf stoppte den Wagen und ließ seinen Tränen nun ebenfalls freien Lauf.
    »Ich bin Offizier der ruhmreichen algerischen Armee. Ich bin der Neffe eines Sheiks. Der Stamm der Al Madgier wird eines Tages von mir geführt werden, und dennoch habe ich keine Ahnung, wie ich dich davor schützen soll. Stattdessen sitze ich hier neben meinem Weib und flenne selbst wie eines.«
    »Du hast einen hohen Stand in deinem Volk, das weiß ich. Und ich bin deine Frau. Nur du hast zu bestimmen, was mit mir geschieht«, begehrte sie auf. »Wen interessiert da Malalas Wunsch?«
    »Du unterschätzt die Macht der Frauen im Patriarchat der Wüste. Auch ein Sheik will einfach nur Ruhe in seinem Zelt haben. Er liebt die Hingabe seiner Frauen. Er möchte dabei keinen Widerwillen spüren. Den würde er aber spüren, wenn er versucht, die Macht, die die Frauen in unserer Gesellschaft haben, zu kappen.«
    Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »So einfach funktioniert das bei euch?«
    Er nickte. »Und das seit über tausend Jahren. Natürlich haben wir Gesetze. Es sind strenge Gesetze, und jeder hält sich daran, weil es unsere Gesetze sind.« Auch er trocknete sein Gesicht. »Nur leider gab es hier noch nie ein blond gelocktes Himmelsgeschöpf, das die Eifersucht der anderen Frauen derartig schürt, wie du es tust.«
    »Und was wird nun mit mir?«
    »Wir müssen fliehen. Ich sehe keine andere Möglichkeit.«
    »Aber wohin denn? Du sagtest selbst, dass mich Malalas Bannstrahl in der ganzen Wüste treffen wird.«
    »Deshalb werde ich dich nach Hause bringen, nach Luxemburg.«
    Ihr Herz hüpfte vor Freude bei dieser Nachricht. »Ist das dein Ernst?«
    »Ja. Ich fürchte, dass ich dich nur dort beschützen kann.«
    Sie sah ihm durch den Spiegel in die Augen. »Und du tust das für mich, obwohl ich dir nicht versprechen kann, dich jemals zu lieben?«
    Er nickte. »Ja, denn ich weiß nicht, wie du mich überhaupt jemals lieben könntest.«
    *
    García Vidal und Berger befuhren nun schon zum zweiten Mal die Straße zwischen S’Alqueria Blanca und Porto Petro, doch so gründlich sie sich auch umsahen, es war weit und breit keine Finca zu entdecken, in der ein Hotelbetrieb untergebracht sein könnte.
    »Das Einzige, was in Frage käme«, konstatierte Berger, »ist die neue Beauty-Finca an der Bundesstraße zwischen Cala D’or und Calonge, in die uns unsere Frauen schleppen wollen.«
    »Die haben aber keine Lizenz für einen Hotelbetrieb, das hat Carmen recherchiert. Und sie haben dafür auch nicht genügend Platz.« García Vidal griff hinter seinen Autositz und zog aus einer Mappe ein paar Papiere hervor. »Schauen Sie doch selbst.« Er reichte ihm Satellitenbilder der Gegend. »Können Sie darauf etwas entdecken, was ein Hotel sein könnte?«
    Berger sah die Ausdrucke durch. »Wissen Sie, wie alt die Bilder sind?«
    »Nein. Sie sind frisch aus dem Internet, aber wie lange sie dort schon eingestellt sind, weiß ich nicht.«
    Am Straßenrand parkte ein Landwirt, der anscheinend Ärger mit seiner Zugmaschine hatte. Fluchend stand er mit einem Schraubenschlüssel in der Hand neben der geöffneten Seitenklappe des Motors. Der Comisario stoppte daneben und sprach den Mann durch das heruntergelassene Fenster an. »Señor, entschuldigen Sie bitte die Störung.«
    Der Landwirt unterbrach nur widerwillig seinen Reparaturversuch. García Vidal erklärte ihm sein Problem.
    »Da kommt eigentlich nur die Finca Zarzarrosa in Frage. Aber Vorsicht, Señor, dahin gehen nur Verrückte. Was da für Geld mit den Leuten gemacht wird, kann sich nur jemand ausdenken, der nicht alle Tassen im Schrank hat. Man hört Dinge, Señor …«
    »Das kann ich mir gut vorstellen«, gab der Comisario zurück. »Fahren Sie öfter daran vorbei?«
    »Sí, Señor, fast täglich.«
    »Ist Ihnen da schon mal eine verschleierte Finca-Besucherin aufgefallen?«
    »Nein, Señor«, kam es entschieden.

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