Schnabel, Andreas
liegt zwar nahe, wir können das jedoch nicht belegen, und die Geldwäsche schon gar nicht.
»Wozu auch!« Bergers Gesicht sprühte geradezu vor Tatendrang. »Wir übernehmen das Ding so, wie eine Zuhälterbande der anderen Zuhälterbande einen Puff abnimmt. Alles, was aufmuckt, wird plattgemacht und der Reibach auf einem Sonderkonto eingesackt. Wem wir damit auch auf den Schlips treten, er wird versuchen, sich die Gans, die die goldenen Eier legt, zurückzuerobern. Dazu muss er aber aus der Deckung kommen.« Berger musterte García Vidals Gesicht, und eine Sorgenfalte bildete sich auf seiner Stirn. »Sie halten mich für wahnsinnig?«
»Wären Sie darüber entsetzt?«
»Nein, aber Sie sind es, Cristobal, oder?«
»Stimmt. Ich bin entsetzt, dass ich Ihren Plan als kompletten Irrsinn einstufe, ihn aber mindestens genauso genial finde.« Er ließ erneut den Wagen an. »Und was mich an der Sache am meisten erschüttert, ist die Tatsache, dass wir es genau so machen werden. Sie trommeln jetzt unser Team zusammen, um es, wo auch immer, auf die Sache einzuschwören. Sehen Sie zu, dass auch Ramirez mit seiner Truppe mitmacht. Ich fahre zum Inselratspräsidenten und werde mir von höchster Stelle Rückendeckung holen. Hoffentlich schmeißt uns der Staatsschutz keinen Knüppel zwischen die Beine. Der gute Álvarez hat noch ein Hühnchen mit uns zu rupfen.«
»Und wenn Sie den Segen nicht bekommen?«
»Dann werden wir uns danach eine Gummizelle teilen. Wäre doch auch nett, so kommen Sie um die Veredelung als Adliger herum.«
*
Der Fliegerhorst »Ain El Turk« lag westlich der algerischen Großstadt, und vom kleinen Seitenfenster des Hubschrauber-Hangars konnte Annmarie über dem Golf von Oran einen wunderschönen Sonnenuntergang betrachten. Sie genoss es, ihr Haar wieder offen tragen zu können, wenn auch nur in der Halle. Jetzt, wo der Tatendrang in ihr Leben zurückgekehrt war, hatte sie wieder eine Perspektive und auch wieder einen Blick für die Schönheiten dieser Welt. Vor allem dafür war sie Yussuf und Hakim sehr dankbar.
»Madame Colonel?« Hakim stand plötzlich hinter ihr. »Fehlt es Ihnen an irgendetwas?«
»Ein wenig Freiheit wäre nett. Ich würde jetzt gern baden gehen, aber das muss ich wohl auf nächste Woche verschieben. Ansonsten habe ich alles.«
»Und Sie sind wirklich Ärztin?«
»Ja. Warum fragen Sie, fehlt Ihnen etwas?«
»Nein.« Hakim war ein sehr schöner Mann, wenn er lächelte. Es wunderte sie nicht, dass sich Yussuf in ihn verliebt hatte. »Ich verstehe, da ich Sie nun ein wenig kennengelernt habe, meinen Freund nur immer besser. Ich nehme an, ich hätte das Gleiche für Sie getan, wenn ich mit Ihnen verheiratet wäre.«
»Aber das tun Sie doch bereits, und wir sind noch nicht einmal miteinander liiert.«
»Ich tue es für Yussuf.«
Sie nickte. »Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit. Können Sie mir denn sagen, was mich als Nächstes erwartet?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, es tut mir leid. All das, was Sie nicht wissen, könnte unter gewissen Umständen Ihr und unser Leben retten. Sollten wir so kurz vor dem Ziel doch noch geschnappt werden, gibt es Mittel und Wege, Ihre Zunge auch gegen Ihren Willen zu lösen, und alle an der Aktion Beteiligten würden auffliegen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass Sie mit mir ein Stück im Hubschrauber mitfliegen werden.«
»Wissen Sie, wann es losgeht?«
»Ich schätze, in vier Stunden. Da ist es zwar schon dunkel, aber unsere Sea-Kings sind nachtflugtauglich, machen Sie sich deswegen also bitte keine Sorgen.«
»Werde ich Yussuf noch einmal sehen?«
Hakim zuckte mit den Schultern. »Das kann ich nicht sagen. Er ist im Moment damit beschäftigt, Ihr Blut so zu verteilen, dass er den Mord an Ihnen glaubhaft belegen kann. Dafür musste er auch Ihre Kleidung in die Wüste bringen. Schließlich wurden Sie dort von Wüstenfüchsen zerrissen.«
Annmarie guckte ungläubig. »Machen die so etwas?«
Hakim war sich nicht sicher. »Klar.«
»Aber dann müsste doch mehr von mir übrig bleiben als blutige Kleidung.«
»Die Viecher verscharren das, was sie nicht auffressen, gern im Wüstensand. Ein Depot für schlechte Zeiten sozusagen. Yussuf hat auch nicht vor, die Kleidung in die Wüste zu legen, sondern sie an irgendeiner Tankstelle wegzuschmeißen, um seine Geschichte vom Wüstenmord der Militärpolizei gegenüber glaubhaft belegen zu können. Im Auto wird außerdem jede Menge Blut von Ihnen zu finden sein, und ebenso in seinem Badezimmer. Sie
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