Schnabel, Andreas
haben uns ja reichlich davon gespendet.«
Sie überlegte kurz. »Werde ich Yussuf noch sehen, bevor es losgeht?«
»Warum fragen Sie?«
»Falls nicht, bitten Sie ihn, beim nächsten luxemburgischen Konsulat anzurufen. Die Information, wo eines ist, und die dazugehörige Telefonnummer bekommt er bestimmt im Internet.«
»Und was soll er denen sagen?«
»Dass ich lebe und wann, wie und wo ich wieder in Europa lande. Für die bin ich ja inzwischen vermutlich tot.«
*
Berger hatte mal wieder sämtliche an der Aktion beteiligten Kolleginnen und Kollegen auf die gräfliche Finca eingeladen. Dort hatten sie ausreichend Platz und waren vor allem vor ungebetenen Zuhörern sicher, und der Cortado war ebenfalls gut. Alle nahmen um den großen Holztisch herum Platz. Nicht er, sondern Carmen eröffnete als García Vidals Stellvertreterin die Sitzung.
»Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie der Stand der Ermittlungen ist, wisst ihr alle. Etwas ist aber noch hinzugekommen: Andrea, Arantxa, Marga und Jordi haben in einer unglaublichen Fleißarbeit die Mallorcaaufenthalte aller inzwischen identifizierten verstorbenen und vermissten Personen aufgearbeitet.« Sie fasste alle Fakten zusammen.
»Ist denn inzwischen klar, wie die an die Leute rangekommen sind?«, fragte Ramirez.
»Ja. Was das betrifft, ist die Wellness-Finca das wesentliche Teil im Puzzle. Alle auf unserer Liste aufgeführten Personen waren schon mehrmals auf Mallorca und hatten in ihren jeweiligen Hotels bei heutigen Mitarbeitern der Finca Zarzarrosa Wellness-Kurse belegt. Das hat auch die Analyse der Festplatten der Finca ergeben. Leider wird die Geschäftsführerin inzwischen ebenfalls vermisst, und ihr engster Freund und Mitarbeiter schwamm tot im Pool, sodass wir von dieser Seite nicht auf eine Erklärung der genauen Zusammenhänge hoffen können.«
»Aber wie haben die Täter denn herausbekommen, dass die Leute so betucht sind, dass sich ein Kidnapping lohnen würde?«, wollte die Gräfin wissen.
»Was das betrifft«, fuhr Carmen fort, »sind wir Angelas deutschem Kollegen sehr dankbar, da er den ›Spion‹ enttarnt hat, der vom Rathaus in Santanyí aus per Mail auf die Computer der Opfer übertragen wurde. Die junge Dame, die dafür verantwortlich war, ist aber ebenfalls als Opfer anzusehen.«
Capitán Ramirez wurde ungeduldig. »Auf wen konzentriert sich jetzt eigentlich die Fahndung?«
»Gesucht werden vor allem der Kopf des Netzwerkes, ein gewisser ›El Padrón‹, und dessen direkte Helfershelfer. Den Namen ›Padrón‹ haben wir aus Aufzeichnungen der Geschäftsführerin und von Camila, die von ihm erpresst wurde, wie Sie alle wissen. Mehr haben wir aber leider nicht über ihn. Außerdem suchen wir eine Gruppe von arabischen oder arabisch aussehenden Schauspielern. Wir denken, dass sie sich für ihre Auftritte als Dolmetscher und Eheleute der Opfer aus dem Kleiderfundus bedient haben, den wir auf der Finca gefunden haben. Dort haben sie sich jedenfalls umgezogen. Ihre DNA wurde gesichert, ihr Aufenthalt oder eventuelle Personalien sind aber leider unbekannt. Gesucht werden außerdem die Leute, die die Frauen außer Landes bringen, wohin auch immer, und schließlich das Computergehirn dieses Netzwerks, das den ›Spion‹ programmiert und sich in die Telefonanlagen der jeweiligen Konsulate gehackt hat.«
»Mit anderen Worten«, bemerkte Angela sarkastisch, »wir sind von der Manpower her bereits am Ende, aber was die Ermittlungen betrifft, kaum über den Anfang hinaus.«
Carmen setzte sich. »Exakt.«
Ramirez stand die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. »Und wo sollen wir bitte noch ansetzen? Sämtliche Konsulate stehen während der Geschäftszeiten unter Beobachtung, die Finca wird rund um die Uhr observiert, wir sind am Limit. Wie lange soll das noch so weitergehen?«
»Sie werden niemanden finden, Capitán, der eine exakte Zeitangabe machen kann. Das wissen Sie so gut wie wir. Was Sie aber tun können, ist, uns bei einer äußerst gewagten Offensive zu helfen.«
»Señor Berger, Sie wissen nur zu genau, dass wir im Falle der Finca unseren guten Ruf zu kitten haben. Natürlich machen wir mit. Nur wobei?«
»Wir übernehmen die Wellness-Finca. Das ist das einzige Faustpfand, das wir haben, und wir müssen es so einsetzen, dass es dem großen Unbekannten oder dem Padrón, wie ihn andere nennen, richtig wehtut.«
»Moment.« Der Einwand kam von der Kollegin Arantxa Burguera. »Diese Finca gehört einer Holding in Übersee. Die werden
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