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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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das nachgedacht, was du gesagt hast, mehr nicht.«
    »Du hast doch gesagt, wir können uns das nicht leisten.«
    »Wir machen das stückchenweise. Außerdem spare ich eine Menge, weil ich das Dach selbst isoliert habe.«
    Er will gelobt werden. Ellen sagte nichts. Sie zuckte mit den Schultern, dass es fast wie ein Dankeschön wirkte.
    Wie nebenbei fragte er: »Und wie gehts der jungen Murphy?«
    Ach, darum ging es: Den Kantinengerüchten zufolge war er gestern am Unfallort unnötig hart mit Pam Murphy ins Gericht gegangen, und nun tat es ihm leid. Ellen wollte ihm sagen, dass er sich mit Pam versöhnen musste, nicht mit ihr. Und dass ein isoliertes Dach nichts an dem Riss zwischen ihnen änderte, der immer tiefer wurde und vielleicht nie mehr zu kitten war.
    »Bestens«, sagte Ellen.
     
    Tessa Kane saß in ihrem Büro beim Progress in Waterloo und schaute auf die Uhr. Der Zwischenfall mit Charlie Mead gestern, dazu noch die eingeschlagenen Scheinwerfer an ihrem Auto, hatten sie beunruhigt, und sie war mit dem Taxi zur Arbeit und wieder nach Hause gefahren. Heute kam das Taxi fünf Minuten zu spät. Na ja, Freitag.
    Wieder betrachtete sie die Fotos, die heute Morgen mit der Post gekommen waren. Der anonyme Absender verlangte für Namen, Adressen und weitere Schlüsselinformationen fünftausend Dollar. Er – oder sie – war zuversichtlich, dass Tessa nach ihrem kürzlichen Artikel über die Swingerpartys daran interessiert war.
    Der Ort war derselbe wie auf den Fotos, die Ellen Destry ihr gezeigt hatte. War jemand in Challis’ Team korrupt? Sollte sie ihn warnen? Nein, erst wenn sie eine gute Story herausgeholt hatte. Erst wenn sie einen Kommentar von Robert McQuarrie dazu hatte.
    Außerdem roch sie noch bei Raymond Lowry eine Story. Einem ihrer Kontaktleute zufolge war er zu einer Befragung aufs Revier gebracht, später aber wieder entlassen worden. Als sie am Nachmittag zu seinem Haus fuhr und um ein Interview bat, hatte er ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen.
    Gerade als sie erneut das Taxiunternehmen anrufen wollte, betrat Joseph Ovens in sauberer schwarzer Hose und einem Jackett das Foyer des Bürohauses. Joseph war Mitte sechzig, war bei einer Bank ausgebootet worden und hatte seine Abfindung in eine Taxilizenz investiert. Tessa mochte ihn und bat meist um seine Dienste. Wenn sie außerhalb des Bundesstaates zu tun hatte, achtete sie darauf, sich von Joe zum Flughafen fahren zu lassen. Sie sagte ihm dann ihre genaue Rückflugzeit, und stets kam er pünktlich, um sie abzuholen. Sie war nicht so dumm, einfach in einen Wagen am Taxistand zu steigen, jedenfalls nicht mehr nach ihren ersten Erlebnissen. Die Fahrer waren nervös geworden, als sie die Stadt hinter sich ließen und über Land fuhren, waren noch nie durch Gegenden ohne Ampeln gefahren, nie über Schotterpisten, nie über unbeleuchtete Straßen des Nachts, hatten noch nie so viele Bäume gesehen oder die Abwesenheit all der vertrauten Dinge erlebt. Sie fuhren immer langsamer und langsamer und noch langsamer, klammerten sich mit weißen Handknöcheln am Lenkrad fest, kauerten sich tief in ihre Sitze, schwitzten, wirkten gehetzt und verängstigt. Tessa hatte sogar schon Wegbeschreibungen aufzeichnen müssen, damit sie überhaupt den Weg zur Stadt zurück fanden.
    Wenn Tessa eine Fahrgelegenheit brauchte, war Joe also ihr Taxifahrer. Doch diesmal war er seit Dienstag beim Angeln gewesen, und sie hatte am Vortag und am Morgen andere Fahrer gehabt. Unbemerkt betrachtete sie ihn einen Augenblick lang. Ein gut aussehender älterer Herr, grauhaarig, ein kleines Bäuchlein, stets sehr freundlich, sachkundig und weltoffen. Er schlenderte durch das Foyer, besah sich die Ausschnitte aus früheren Nummern, die sie hatte rahmen und zwischen den Gummibäumen und Besucherstühlen aufhängen lassen. »Kommen Sie herein«, rief sie ihm zu. »Es dauert nur einen Augenblick.«
    Er kam herein und besah sich die Layout-Tische, während sie ihre Tasche packte und den Computer ausschaltete. Plötzlich war er wie geschockt, tat einen Schritt zurück, legte sich eine Hand aufs Herz, gaffte und wurde kreidebleich. »Joe«, sagte sie und eilte zu ihm hinüber. »Was ist passiert?«
    Er deutete auf die montierte Titelseite der kommenden Ausgabe. Schließlich bekam er heraus: »Ich war da.«

44
    Es war Wochenende, und plötzlich schien der Winter richtig einzusetzen und versprach kurze, stille, graue Tage, feucht und kalt, mit wenig Wind oder Regen.
    Samstag früh setzte sich

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