Schneckle im Elchtest
mit den matschigen Zwiebeln. Oder
deine
Donauwelle mit acht Pfund Butter, die keiner ohne einen Schnaps schlucken kann. Oder
deine
sogenannte ›Paella‹ ohne Muscheln, ohne Fisch, ohne Fleisch, ohne …«
»Ist ja gut jetzt«, ereiferte sich Silke, bei der sich inzwischen Schweißperlen auf der Stirn gebildet hatten. »Ich dachte, wir wollten heute Steve kennen lernen und uns nicht gegenseitig ungespitzt in den Boden rammen!«
»Was mich angeht, ich habe genug gesehen«, erklärte Nina. »Der Kerl ist genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ein prolliger Möchtegern-Fotograf mit Mundgeruch und ohne jede Ausstrahlung – und bestimmt ohne jedes Können.«
»Du kannst ja mal kommen und dir meine Unterwäsche, meine Zahnbürste und meine Mappe anschauen. Dann kannst du immer noch entscheiden, ob ich was habe und kann oder nicht«, meinte da eine martinitrockene Stimme in ihrem Rücken. Steve war auf leisen Sohlen die Treppe heruntergeschlichen, ohne dass wir ihn bemerkt hatten. Da stand er nun grinsend und zeigte Richtung Garderobe: »Lasst euch nicht stören. Ich wollte nur meine Kippen holen.« Er zwinkerte mir zu und trollte sich.
»Mein Gott«, ächzte Nina, die immer noch ihr Herz festhielt, und ließ sich auf das Sofa fallen. »War das peinlich!«
»Geschieht dir aber so was von recht«, entgegnete ich höchst zufrieden grinsend und ließ mich neben sie plumpsen.
»Ich würde sagen: eins zu null für Steve. Ich nehme mir noch einen, okay?«, wollte Silke wissen, wischte sich ihre schweißnassen Hände an den Hosenbeinen ab und griff nach dem Johnnie Walker für Mittelständler.
»Mir bitte auch noch zwei«, erklärte Nina und hielt ihr das Glas hin.
Meins folgte ohne Worte.
»Okay. Das war gerade großes Kino«, gab Grace Kelly nach einem gewaltigen Schluck zu. »Aber das gibt es in der Regel eben auch nur von einem ganz großen Schauspieler.«
»Ich finde ihn ganz nett«, erklärte da Silke zu meiner Verblüffung und wechselte einen schnellen Blick mit Nina. »Wir sollten unsere Vorurteile vielleicht etwas bremsen und ihn erst einmal etwas besser kennen lernen.«
Nina seufzte. »Na gut, bringen wir’s hinter uns.« Unvermittelt brüllte sie los, so dass mir vor Schreck der Whisky aus dem Glas schwappte: »Jungs! Ässän kommän!«
»Du hast dich eindeutig zu oft mit den Servierdamen in der Mensa unterhalten«, meinte ich, während ich mir das Hochprozentige von den Fingern leckte. »Oder bist du etwa doch nicht in einer Villa, sondern im zwanzigsten Stock eines Hochhauses ohne Gegensprechanlage aufgewachsen?«
»Schnauze!«, konterte Nina. »Geh einfach und setz dich an deinen Platz.«
Da Steve inzwischen mit dem am ganzen Körper bibbernden Chihuahua aufgetaucht war, sparte ich mir jeden Kommentar. Dafür ließ ich es mir nicht nehmen, ihm zuerst noch einen demonstrativ leidenschaftlichen Scarlett-Kuss aufzudrücken, bevor ich kichernd neben ihm Platz nahm. Nina stolzierte derweil schnaubend und von Thomas gefolgt in die Küche.
Steve nutzte die kurze Giftpfeil-Pause und raunte mir zu: »Das da oben sieht aus wie aus einem Möbelprospekt. Die sind überhaupt ziemlich en vogue, die beiden, oder? Ich hoffe, dass die sich nicht der gängigen Stuttgarter Mode anschließen und diese ekeligen, schwarzen Wabbelpilze in ihr China-Menü geschnippelt haben. Ihr Schwaben scheint voll auf das Zeug abzufahren. Aber wenn ich die im Mund habe, muss ich immer an Nacktschnecken denken. Das krieg ich nie im Leben runter. Nur zur Vorsicht: Wo ist denn hier das Klo?«
Ich prustete quer über den Tisch, während Silke lakonisch meinte: »Ihr passt wohl doch besser zusammen, als ich dachte.«
Um Mitternacht, als ich mit Steve auf seinem Ikea-Bett lag und vor dem Fernseher eine Party-Pizza in mich hineinstopfte, war ich mit meinem Dasein an seiner Seite zufriedener denn je.
»Gott, war das eklig«, seufzte ich in Erinnerung an Ninas chinesisches Dreigängemenü.
»Ich fand die jetzt ganz lecker«, meinte Steve erstaunt.
»Nee, nicht die Pizza«, erklärte ich. »Die war in Ordnung. Der China-Fraß vorher. Grauenvoll. Genau wie der ganze Abend. Das Beste daran war, dass wir um zehn gegangen sind.«
»Naja«, erklärte Steve zögernd. »Ich will jetzt nicht schlecht von deinen Freundinnen reden. Aber ein bisschen sonderbar sind die schon.«
»Ein bisschen sonderbar ist gut«, schnaubte ich. »Komplett plemplem.« Ich schüttelte den Kopf.
»Sind die immer so?«, wollte Steve wissen. »Oder lag’s an mir?
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