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Schneckle im Elchtest

Schneckle im Elchtest

Titel: Schneckle im Elchtest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ruehle
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Was hab ich denen denn getan?«
    »Du bist nicht repräsentabel, warst zu lange nicht beim Friseur und Zahnarzt, willst mich nicht heiraten und kannst keine Familie ernähren«, zählte ich auf. »Das sind, zumindest für Nina, aber in gewisser Hinsicht auch für Silke, Gründe genug, auch ein Prachtexemplar wie dich auf den Mond zu schießen.«
    »Hm.« Steve nickte ein paar Mal mit dem Kopf und kaute auf seiner Unterlippe herum.
    Das Ergebnis seiner Überlegungen ließ mir dann die Augen aus dem Kopf quellen.
    »Ob ich präsentabel bin, dürfte wohl im Auge des Betrachters liegen. Alles ist Geschmacksache. Ich meinerseits konnte diesen sandfarbenen Mutti-Jäckchen über sandfarbenen Pullöverchen noch nie etwas abgewinnen. Der Typ ›gefährliche Freundin‹ ist aber auch nicht mein Ding. Am besten gefällt mir so etwas wuschelig Lockiges mit Sommersprossen. Das haut mich regelrecht um. Und deshalb verstehe ich gar nicht, warum ich dich eigentlich nicht heiraten sollte? Darüber nachgedacht habe ich schon oft. Ich meine, die Familie können wir uns ja tatsächlich erst mal sparen. Aber heiraten … warum nicht?« Er grinste.
    Meine Kinnlade küsste schlagartig den Boden. Als ich sie wieder hochgehievt und eingerenkt hatte, würgte ich heraus: »Haha, lustig.«
    Er schüttelte den Kopf und schaute mir tief in die Augen.
    Ich schaute tief zurück und fragte irritiert: »Das ist wirklich dein Ernst? Du willst mich heiraten?«
    Er nickte, schief grinsend.
    »Äh, Moment, ich muss mal kurz«, hörte ich mich piepen und verschwand ins Bad.
    Dort warf ich mir ein paar Hände voll Wasser ins Gesicht und starrte mich dann im Spiegel an. Das Ganze fühlte sich an wie ein Film. Leider nicht wie ein besonders guter. Im B-Movie-Drehbuch hatte wohl gerade die Regieanweisung gestanden: »Die Liebesszenen bitte kurz halten. Heiratsantrag. Schnitt. Ende.« So hatte ich mir das Ganze eigentlich nicht vorgestellt! Nicht dass ich damit besonders viele Erfahrungen hätte sammeln können. Gerade mal zwei meiner Exfreunde hatten mir einen Antrag gemacht. Aber weder »Wir sind jetzt drei Jahre zusammen. Lass uns endlich Steuern sparen« noch »Bitte, bitte, mach nicht Schluss! Wenn du willst, können wir auch heiraten!« hatte mich vom Hocker und ins nächste Standesamt gehauen.
    Wahrscheinlich lag das Problem bei mir. Ich hatte zu hohe Erwartungen. Kniefälle und rote Rosen regnete es für Hildegard Knef. Nicht für Sabine Schneck. Für die hagelte es Shiitake-Pilze. Ich grübelte und studierte die ersten Krähenfüße um meine Augen herum. Ein kleiner, schiefzahniger Pirat aus Hamburg war im Grunde eine ganz gute Option für eine alte Frau wie mich. Von meinen bisherigen drei Heiratsanwärtern war Steve auf jeden Fall der Goldpokalabstauber. Und da ich in Stuttgart bleiben würde, wuchsen die schrägen Typen, die mir nun mal am besten gefielen, nicht auf den Bäumen.
    Ich seufzte und verabschiedete mich innerlich von der großen Liebe, die ja doch nicht auftauchen würde. Die Guten starben jung oder waren bereits unter der Haube und der annehmbare Rest wurde gerade panisch verteilt.
    Die Entscheidung war gefallen: gegen die große Liebe und für den krummbeinigen Piraten. Es lebe der Pragmatismus – das hatte mir meine Mutter schließlich schon vorgebetet, als ich noch in die Windeln gepupst hatte: »Kend! Nemm, was de kriega kohsch. Sonscht schnappt sich’s an andrer!« Und seit ungefähr fünf Jahren: »Sabine, Mädle: D’ Menner senn eh älle gleich. Jetzt nemm dr halt oin, au wenn er wiaschd aussieht. Hauptsach, er hod Gäld! En a baar Johr bisch ald on grau. No will de koiner meh. Vor allem ned mid denne Hoor!«
    Wenigstens zum Teil würde ich nun also ihrer Aufforderung folgen, denn Geld hatte Steve definitiv keins. Aber ich würde mir im reifen und fortgeschrittenen Alter von dreiunddreißig Jahren doch noch einen Ehemann zulegen. Immerhin einen Kerl mit recht passablen Anlagen. Und dieses vorhandene Rohmaterial würde ich mir nach meinem Ermessen zurechtbiegen.
    Ich nickte mir im Spiegel aufmunternd zu. Es lebe der Pragmatismus. Schließlich standen auf Steves Habenseite tolle rote Haare und schöne blaue Augen, ein rudimentär vorhandener Sinn für Humor, kein Pelz auf dem Rücken und regelmäßige Körperhygiene. Das war eine Menge. Damit hatte ich auf jeden Fall deutlich bessere Voraussetzungen als die meisten anderen Mädels, die sich mit Torschlusspanik in den Augen die von meiner Mutter zitierten »Wiaschde«

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