Schneckle im Elchtest
Schlamassel doch erst einmal verdauen.«
»Quatsch«, winkte Volker ab. »Da gibt’s nichts zu verdauen. Du warst schließlich kein Stück weit in den Kerl verliebt.«
»Naja, ein bisschen schon. Immerhin wollte ich ihn heiraten.«
Ein weiterer Lachanfall packte ihn. Beim nächsten Mal würde ich ihn an seinem Blondschopf packen und zu den Seelöwen in die Wilhelma zerren.
»Du wolltest ihn garantiert nicht heiraten«, erklärte er schließlich sehr überzeugt, als er wieder Luft bekam.
»Doch, natürlich«, widersprach ich.
»Glaub mir, so gut kenne ich dich inzwischen: Du hättest ihn niemals geheiratet. Auf keinen Fall. Em Läba ned, wie ihr Schwaben so gern sagt.«
»Ach und was macht dich da so sicher?«, fragte ich patzig.
»Weil du ihn nicht geliebt hast. Darum. Das Ganze war eine totale Schnapsidee. Ich muss zugeben, ziemlich typisch für deine spontanen, manchmal ziemlich durchgeknallten Hirnkapriolen. Aber man kann von meinem verrückten Mädchen sagen, was man will: Schlau ist sie. Und genau deshalb hätte sie diese Nullnummer nie geheiratet.«
»Welches Mädchen?«, fragte ich irritiert und suchte nach dem Schlauch, auf dem ich momentan stand.
»Du, du Nuss«, erklärte er zärtlich und griff nach meiner Hand.
Erschrocken starrte ich ihn an. »Nein.«
»Doch«, nickte er glücklich.
Das lief in die völlig falsche Richtung. Statt mehr Distanz hatte ich auf einmal mehr Geflattere im Magen und Gekribbele in den Kniekehlen. Es fühlte sich fatal nach Rockpalast an. Ich musste etwas unternehmen ...
»Nina!«, rief ich auf einmal erleichtert aus.
»Bitte?«, fragte Volker irritiert, der bis auf wenige Zentimeter an mich herangerückt war.
»Nina muss her«, frohlockte ich.
»Und wieso?« Verständnislos sah Volker mich an, während er damit beschäftigt war, meine Hand zu streicheln.
»Weil jetzt nur noch sie helfen kann. Ich kenne niemand, der ein derart analytisches Verständnis wie sie mitbringt.«
»Das ist schön für Nina«, flüsterte Volker, der nun ganz auf Tuchfühlung gegangen war. »Soll sie ruhig analysieren. Bei sich. Wir beide analysieren so lange hier. Unter uns, einverstanden?«
Leider konnte ich nicht mehr antworten, sondern nur noch wie Mowgli mit kugelrunden Augen vor der Schlange Kaa sitzen. Die Rettung kam in meinem Fall allerdings nicht durch Shirkan, sondern durch die Türklingel.
»Wer klingelt denn da so penetrant?«, stöhnte Volker, der mich nur sehr ungern aus seiner Hypnose entließ.
»Keine Ahnung? Bei mir sind es entweder Silke, Nina, Pizza, Post – oder die Nachbarn«, erklärte ich.
»Dann sollen die wieder gehen«, meinte Volker entschieden.
Doch das Klingeln hörte einfach nicht auf.
»Ich schau doch mal lieber nach«, erklärte ich und tappte zur Eingangstür.
Wie die Sintflut ergossen sich meine spanischen Nachbarn, ohne besondere Kenntnis von mir zu nehmen und wie üblich laut aufeinander einschimpfend, in meine Wohnung.
Ich tappte ihnen hinterher. In der Küche verstummten sie schließlich und musterten verwundert Volker, der ihnen ein erstauntes »Hallo« entgegenbrummte.
Ich seufzte. »Amaya, Luís, Jorge, das ist Volker. Volker – Amaya, Luís, Jorge.«
»Moin«, strahlte mein Nordlicht und sah dabei vor allem die bildschöne Amaya an, die ihm ihrerseits zuflog wie eine Sternschnuppe.
»Volker, wie schön, dich kennenzulernen.« Sie küsste ihn gleich gefühlte zwei Dutzend Male ab.
Bisher hatte ich Amayas verheerende Wirkung auf die Männerwelt immer halbwegs amüsant bis höchstens etwas nervig gefunden. Bei Volker störte sie mich auf einmal ganz gewaltig. Luís, ihren festen Freund, und Jorge, ihren Bruder, allerdings auch. Sie schubsten sie eher unwirsch aus Volkers Reichweite, bevor sie ihre guten Gaben auf den Tisch knallten.
»Wunderbar, dass du Besuch hast«, strahlte Amaya. »Ich habe mal wieder viel zu viel gekocht.«
Sie hob den Deckel von einem gewaltigen Topf. Es roch eigenartig. Jorge hielt sich die Nase zu.
Volker schnupperte dagegen interessiert. »Das riecht irgendwie nach ... Kurkuma und ... Cumin ... indisch?«, fragte er begeistert.
Amaya nickte.
»Ich liebe indisch«, jubelte Volker.
»Ich hasse ihn. Darf ich ihn töten?«, zischte Luís an meinem Ohr.
»Noch nicht. Vielleicht brauche ich ihn noch«, flüsterte ich zurück.
»Und wann weißt du, ob vielleicht doch nicht? Dann töte ich ihn. Sofort«, antwortete er.
»Gib mir – und ihm – noch ein paar Tage«, raunte ich zurück. Doch als ich sah, wie
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