Schnee Im Regierungsviertel
Motorengebrumm der startenden und landenden Maschinen ärgern; in den Gärten mit Swimming-pools stellten nicht nur junge, gut gewachsene Damen ihre Liegen bereit, um sich im Evakostüm bis zur Heimkehr der Ehemänner und Freunde den Strahlen der Sonne und den Blicken der Flieger hinzugeben.
Stockmann hatte während der Morgenschicht Dienst auf dem Tower. Wegen der optimalen Wetterbedingungen über ganz Europa rechnete er mit einem lebhaften Flugbetrieb. Die Segelflieger waren schon seit Stunden munter; weil der Wind von Westen kam, hatten sie ihren Startplatz in die Grasfläche nördlich der Betonpisten in Richtung zur Steyler-Mission gelegt. Eine Menge »Sperrholz« würde ab spätem Vormittag am Himmel hängen, um Anschluß an die ersten Cumulus-Wolken zu finden.
Über die Standleitung hatte Stockmann sich beim BGS-Tower über die Flugdienstplanung informiert. Mit mehreren Aluette-Hubschraubern sollten Checkflüge im Raum Siebengebirge durchgeführt werden, und die Einsatzstaffel der Fliegergruppe wollte mit den Großhubschraubern »Super-Puma« im Laufe des Tages GSG 9-Einsätze üben.
Stockmann ahnte, daß er sich bei der Enge des Platzes auf einiges gefaßt machen mußte, um Segelflieger, Motorflieger und Hubschrauber auf sicherer Distanz zu halten. Für kriminalistische Beobachtungen würde er kaum Zeit haben.
Konsul Kubitzka war bisher nicht aufgetaucht; jedenfalls stand seine Cessna noch festgezurrt auf dem Abstellplatz etwa achtzig bis hundert Meter westlich vom Tower. Mario Pavone arbeitete schon seit acht Uhr an seiner nur wenige Meter entfernt stehenden Maschine. Er hatte die Mooney 205 einmal kurz in der Platzrunde geflogen und hantierte seither im Cockpit herum. Wiederholt war er zu seinem Porsche gegangen, um Geräte und Werkzeuge zu holen. Stockmann warf ab und zu einen Blick zu ihm hinunter – er konnte nachempfinden, mit welcher Befriedigung der Besitzer seiner Neuerwerbung noch ein paar Verbesserungen mit auf den Weg geben wollte.
Vor der BGS-Halle stiegen mit Gedröhn drei »Super-Pumas« gleichzeitig in den Morgenhimmel. Jeder dieser in Frankreich gebauten Hubschrauber konnte vierundzwanzig Mann aufnehmen. – Die Pumas verschwanden im Tiefflug in Richtung Bornheim, wo sich die Kühe inzwischen an die knatternden Ungeheuer gewöhnt hatten. Jedenfalls waren von den Bauern noch keine Beschwerden über nachlassende Milchleistungen der Tiere eingegangen.
Die ersten Windenstarts der Segelflieger brachten nur kümmerliche Platzrunden von wenigen Minuten Dauer. Am Nachmittag konnte mit kräftiger Thermik gerechnet werden; dann würde der Motorschleppbetrieb beginnen.
Bald flitzten die rundum verglasten Alouette-Hubschrauber in südlicher Richtung davon; zwischen den Hügeln des Siebengebirges mußten die Helikopterpiloten des BGS das schwierige Checkprogramm absolvieren. Dazu gehörte auch die Simulation von Gefahrenzuständen und Landungen in Waldlichtungen. Danach würden die Alouettes den Rhein entlang bis zum Punkt »Sierra« an der Siegmündung fliegen; von dort ging’s nach Einholung der Landeinformation im low-level-approach, also im Tiefflug, zum Platz zurück. Durch dieses Anflugsystem war sichergestellt, daß die Sport- und Geschäftsflieger bei Start und Landung nicht behindert wurden.
Gegen neun Uhr sah Stockmann vom Tower aus, wie Jan Kubitzka seine Cessna startklar machte. Er ging um das Flugzeug herum, kontrollierte Leitwerk, Querruder, Landeklappen, dann Fahrwerk und Luftschraube. Danach stieg er in das Cockpit, um den Motor kurz durchlaufen zu lassen.
Stockmann mußte seine Beobachtungen unterbrechen, als zwei Maschinen über Sprechfunk Landeinformationen erbaten. Sie kamen kurz hintereinander von Osten auf der Landebahn zwo-neun herein und rollten zum alten Hangar. Gleich darauf sah er, daß Kubitzka mit Pavone sprach und zum Tower kam. Der Konsul hatte einige Papiere in der Hand. Nachdem er unter Vorlage des Flugplans einen Auslandsflug nach Brüssel angezeigt hatte, konnte Stockmann seinem Freund Freiberg über Telefon die Nachricht durchgeben, daß Kubitzka nach Belgien fliegen werde.
»Danke«, sagte Freiberg. »Meine Leute haben ihn bis zur Richthofenstraße observiert. Ich werde sie abrufen, es sei denn, du kannst mir mitteilen, daß der Konsul sich nicht in die Lüfte schwingt. Dann nehmen wir ihn wieder unter unsere Fittiche. Ich rufe dich in einer Viertelstunde noch einmal an.«
»Kommst du raus zum Platz?«
»Ja, ich mache mich auf den Weg – mal sehen, was
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