Schneeballflirt und Weihnachtszauber
weil ihr Popeye mit der Zunge übers Gesicht wischte.
»Opa Menno, ich muss mit dir sprechen!«
Er fing wieder an mit Klagen und Jammern und dass es Sonntag und noch viel zu früh wäre, aber das ließ ich nicht gelten. »Du hast gesagt, du würdest alles für deine Enkelin tun«, erinnerte ich ihn.
»Aber doch nicht schon morgens um acht Uhr!«
»Die Zeit drängt! Und überhaupt – du bleibst im Bett und hörst mir einfach zu. Omi Anni, würdest du bitte weiterschlafen?«
Omi Anni drehte sich auf die Seite. »Ich versuche es, Katinka.«
»Gut.« Ich setzte mich ans Fußende, schob meine Beine unters warme Federbett, kraulte Popeye hinter den Ohren und setzte Opa Menno die Sache mit Flori auseinander. »Anstatt dass der Junge abhaut und seiner Mutter das Fest verdirbt, könnte er doch mit uns feiern. Was meinst du, Opa Menno? Auf einen Esser mehr oder weniger kommt es bei uns nicht an, oder?«
Opa Menno strich mit der flachen Hand über seine Bartstoppeln. »Warum fragst du nicht deine Eltern, Katinka?«
Omi Anni setzte sich auf. »Weil Eltern einen solchen Wunsch ungern erfüllen. Das ist einfach so, Menno. Denk doch an dich; hättest du deiner dreizehnjährigen Tochter erlaubt, uns ihren Freund – sozusagen – untern Christbaum zu legen? Das hättest du nicht. Gib’s zu, Menno!«
Ich kitzelte meinen Opa an den Fußsohlen. »Ihr helft mir doch«, bat ich. »Bitte! Ich will auch überhaupt kein Geschenk von euch!«
Als Opa Menno sagte: »Wie kommst du dazu, von uns ein Geschenk zu erwarten?« wusste ich, dass er mir helfen würde.
19. Dezember
A m Morgen ahnte ich nicht, dass an diesem Tag meine Gefühle Achterbahn fahren würden.
Großtante Katrin und Omi Anni hatten ihren Streit noch nicht ganz beigelegt; immer wenn sie sich sahen, funkelten sie sich an und stießen Drohungen aus wie »Die Zimtsterne reichen in diesem Jahr aber nicht bis zum Fest «, und »Ich weiß nicht, ob sich Sahib von dem Schock jemals erholen wird.«
Tatsächlich hockte der Beo wie ein gerupftes Huhn auf Großtante Katrins Schulter und krächzte unentwegt »Pfoten weg!« und »Kein Küsschen, kein Küsschen!«
Weil sich Daisy nicht in die Küche traute, mussten ihr die Zwillinge das Fressen hochtragen, was meine Mutter ungern sah, denn Omi Anni machte ihr deshalb eine fürchterliche Szene. Als Streitschlichterin war sie so in Anspruch genommen, dass sie echt keinen Bock hatte, sich auch noch mit mir zu beschäftigen. Erst als ich mein Pausenbrot in die Tasche steckte, hielt sie mich zurück. »Katinka, du denkst daran, dass heute Nachmittag – « Aber da hatte ich mich schon losgerissen und war fast so flink wie Daisy aus dem Haus geflitzt, denn bestimmt hatte sie mir nur sagen wollen, ich müsse sofort nach der Schule nach Hause kommen.
Auf dem Weg tippte ichFlori eine SMS: Wg. Xmas: ruf mich an!
Unser Englischlehrer war nicht der Schnellste; meistens mussten wir zwei Wochen oder mehr auf die Korrektur einer Arbeit warten. Deshalb rechnete ich an diesem Tag überhaupt nicht mit meiner Sechs oder, im günstigsten Fall, meiner Fünf bis Sechs und fiel vor Schreck fast in Ohnmacht, als er zu Beginn der dritten Stunde mit den Heften unterm Arm ins Klassenzimmer kam – eigentlich hatte ich sogar gehofft, dass er uns die Arbeit erst nach den Weihnachtsferien zurückgeben würde.
Herr Ross stand hinter seinem Tisch, knallte die Hefte auf die Platte und blickte uns drohend an. »Für manche wird es ein böses Erwachen geben.«
Mir fiel das Herz in die Hose, aber Andi, unser Klassenclown, legte den Kopf auf den Tisch. »Ich schlafe lieber«, murmelte er und schnarchte laut.
Niemand lachte.
»Ich habe«, sagte Ross bedeutungsschwer, »eure Arbeit so rasch korrigiert, damit ihr in den Weihnachtsferien wisst, was ihr zu lernen habt: englische Vokabeln, englische Grammatik.«
»In den Ferien habe ich Besseres zu tun«, rief Frank.
»Wie angenehm für dich«, entgegnete Ross liebenswürdig. »Und für mich. Denn dann haben wir beide vermutlich das Vergnügen, uns ein Jahr länger miteinander zu beschäftigen.«
Das saß. Frank schnappte nach Luft. »So habe ich es nicht gemeint«, flüsterte er noch, dann herrschte Totenstille.
Ich hasse es, wenn ein Lehrer einem Angst einjagt. Mein Herz klopfte, und ich verfluchte mich mal wieder, dass ich mein Privatleben wichtiger nahm als die blöde Schule. Wenn ich die nur schon hinter mir hätte! Und ich Volltrottel hatte mir sogar ein Jahr mehr eingebrockt …
Ross teilte dann die
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