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Schneegeflüster

Titel: Schneegeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind , Rebecca Fischer , Steffi von Wolff , Andrea Vanoni
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irgendetwas nicht, was ihnen schon lange nicht mehr schaden würde. Mir tut das sehr leid, ich habe Erdbeeren als Kind geliebt. Aber meine Frau hat sie mich nie mehr essen lassen. Sie hat gesagt, du hast jetzt ein Kind, da ist Schluss mit solchen Spassetteln. Aber das hier«, er zeigt auf mich, »kann man wirklich nicht mehr als Kind bezeichnen. Was ist mit Ihnen, haben Sie kleine Kinder?«
    »Nicht direkt«, sagt Adam.
    »Na, dann ist das der richtige Moment! Mahlzeit!«, sagt mein Vater, prostet Adam mit der Gabel zu, und ehe meine Mutter oder ich irgendetwas tun können, steckt er einen großen Bissen Erdbeertorte in den Mund.
    »Mihai!«, ruft meine Mutter entsetzt.
    »Na? Was ist?«, sagt mein Vater zu Adam. Der nimmt die Gabel. Nicht!, will ich rufen. Lass dich nicht provozieren!, aber er grinst mich jungenhaft an. Da ist es! Das ist das Gesicht, das er damals nach den Weihnachtsferien hatte, so hat er mich angesehen, hat mich reden und reden lassen, und dann, poff, doch wieder zugeschlagen. Mit diesem Gesicht
grinst er jetzt in die Runde, und dann steckt er den Bissen in den Mund. Es ist völlig still, die beiden Männer sehen einander an, stolz und zufrieden. Dann ändert sich etwas in Adams Blick, binnen Sekunden überzieht sich sein Gesicht mit Röte, und sein Atem wird flach und röchelnd.
    »Leg ihn auf die Couch«, sagt mein Vater in ruhigem ärztlichem Befehlston, »und seine Beine in die Höhe.«
    Er geht nach hinten, kommt fast sofort mit einem kleinen Köfferchen zurück, öffnet Adam die Hose und spritzt ihm etwas in den Oberschenkel.
    Zu meiner erstarrten Mutter sagt er: »Ich fürchte, das ist nicht das erste Mal, dass deine Tochter so etwas sieht. Ich meine, einen Mann in Unterhose.« Er bindet Adams Arm mit einem kleinen Gummischlauch ab, klopft auf die Vene, murmelt zufrieden »sehr schön«, legt einen Zugang, spritzt eine Ampulle Antihistaminikum hinein. Dann hängt er ein Säckchen Ringerlösung an, drückt es mir in die Hand und sagt: »Hochhalten. So lange, bis alles drin ist. - So. Wie geht’s Ihnen?«
    »Wird schon wieder«, sagt Adam, der langsam wieder Luft bekommt.
    »Ist gleich vorbei«, sagt mein Vater. »Bei Ihnen war es noch zu früh, aber wie Sie an mir sehen können: Der Test lohnt sich. Probieren Sie es in ein paar Jahren wieder.«
    Er setzt sich und macht sich hochzufrieden daran, die ganze Erdbeertorte aufzuessen. Er sieht aus, als hätte er den größten möglichen Sieg errungen und als könnte ihm nichts mehr etwas anhaben.
    »Mihai«, meine Mutter ist in einen Fauteuil gesunken und starrt ihn entsetzt an, »du hättest euch beide umbringen können.«

    »Aber nein«, sagt mein Vater, »ich habe doch alles Nötige da, das siehst du ja.«
    »Aber wenn du auch einen Schock bekommen hättest …«
    »Lenka weiß, wie das geht, sie hätte das schon gekonnt.« Er zwinkert mir zu, das hat er schon seit vielen Jahren nicht mehr gemacht. »Wenn sie mir eine Erdbeertorte bringt, ein halber Mordversuch, dann muss sie ihren alten Vater im Zweifelsfall ja wohl auch retten.« Er leckt die Gabel ab, zündet sich eine Zigarre an und verschwindet nach hinten.
    »Furchtbar«, murmelt meine Mutter, »furchtbar.«
    Der Beutel mit der Flüssigkeit ist leer. Ich nehme ihn ab, lege ein Stück Mullbinde auf die Nadel, ziehe sie darunter heraus und drücke für eine Weile fest zu, damit es nicht ins Gewebe blutet. Ich halte Adams Arm und denke daran, dass Olli mir geraten hat, genau diesen Arm zu brechen. Auf einmal ertönt von hinten das schwache Klingeln eines Glöckchens.
    »Das gibt es nicht!«, sagen meine Mutter und ich fast gleichzeitig. Wir laufen zum Wartezimmer, und Adam rappelt sich auf und kommt mit unsicheren Schritten hinterher. An der Decke hängt an einer Schnur ganz allein das Glöckchen, man sieht es noch ein bisschen hin und her schwingen.
    »Was war das?«, fragt mein Vater, der vom Klo kommt. »Habt ihr das gehört? - Ja«, sagt er zufrieden, »das muss irgendein Trick sein! Sie lag direkt hinter den Spritzen, da dachte ich … Kommen Sie, schauen Sie sich das an.« Er zieht Adam einen Stuhl heran, als könnte so etwas Technisches nur Männer interessieren, geht hinaus, und auf einmal sehen wir, wie die Glocke von unsichtbarer Hand in Richtung Deckenlampe gezogen wird, dann zurückfällt und zu läuten
beginnt. Mein Vater kommt wieder herein. »Ein kleiner Elektromagnet«, erklärt er, »ich habe die Leitung neben dem Lampenkabel bis zum Klo hinübergezogen. Der Schalter ist

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