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Schneegestöber (German Edition)

Schneegestöber (German Edition)

Titel: Schneegestöber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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Schrankes, Sir«, forderte der Kommandant und hielt St. James auffordernd die Hand entgegen.
    »Wie kommen Sie darauf, daß ich im Besitz dieses Schlüssels sein könnte«, näselte Seine Lordschaft. »Ich hab keine Ahnung, was sich in diesem Schrank befindet. Er war bereits zugesperrt, als ich die Hütte betrat.«
    »Der Schlüssel wird nicht notwendig sein, Leutnant Mason«, erklärte einer der Soldaten. Er war großgewachsen und muskulös und hatte Hände von beeindruckenden Ausmaßen. Ohne zu zögern packte er den Griff des Schrankes und riß mit einem vehementen Ruck die Tür auf. Mary Ann stöhnte leise auf. Sie wagte gar nicht, ihren Blick zu erheben, und wartete mit bangem Herzen, daß die Soldaten über Miss Silvie herfielen. Doch kein Laut war zu vernehmen. Da ging Mary Ann näher, und ihr Blick fiel in den Schrank: Er war leer.
    »Hier ist nichts, Leutnant«, bestätigte der großgewachsene Soldat.
    St. James atmete auf. Gott allein wußte, wo Silvie hingekommen war. Doch sein Aufatmen hielt nicht lange an: »Wenn Sie uns jetzt bitte folgen wollen, Eure Lordschaft. Sie haben doch sicher nichts dagegen, wenn wir Sie nach Bakerfield-upon-Cliffs zurückbegleiten, nicht wahr? Sicherlich kann der Viscount Ihre Identität bestätigen.«
    Der Earl schluckte. Würden die Komplikationen und Probleme denn nie aufhören? Was sollte er den Rotröcken erklären, wenn ihn der alte Bakerfield als Mr. Rivingston begrüßte? Und doch schickte er sich ins Unvermeidliche. Was wäre ihm denn anderes übriggeblieben, als die Idee des Leutnants gutzuheißen? Jede Weigerung hätte die Soldaten stutzig gemacht. Und einmal mußten sie ohnehin zurück zum Haupthaus. Und einmal wurde es auch Zeit, daß sie ihrem Hausherrn die Wahrheit eingestanden. Was dieser allerdings davon halten würde, daran wollte er lieber nicht denken.

XXV.
    Als sie das Herrenhaus erreichten, war der Abend noch weiter fortgeschritten. In allen Fenstern des mittleren Gebäudes war Licht angezündet, geradeso, als wollte man ihnen den Weg durch die sternklare Nacht erleichtern. Die Dinnerzeit war lang schon vorüber, und Mary Ann dachte mit Unbehagen daran, daß ihr Fortbleiben die anderen wohl in Angst und Schrecken versetzt haben mochte. Sicher würde Mr. Finch sie mit warnenden Worten aus der Bibel begrüßen. Er war ein Mann, dem Sitte und Moral über alles gingen. Wenn sie nun den wahren Namen des Earls enthüllen mußten, würden alle bemerken, daß sie gar keine Geschwister waren. Sie konnte das empörte Gesicht des Kaplans bereits vor sich sehen.
    Leutnant Mason erreichte als erster das Eingangsportal und betätigte energisch den Türklopfer. Die drei anderen Soldaten eskortierten St. James und Mary Ann, als wären sie tatsächlich ihre Gefangenen. Shedwell erschien, kaum war der letzte Ton des Türklopfers verklungen.
    »Sie wünschen?« fragte er, und sein Ton klang noch um eine Spur arroganter als sonst. Dann fiel sein Blick auf die Umstehenden, und seine Augen weiteten sich: »Miss Rivingston!« rief er erstaunt. »Mylord! Was ist geschehen? Kommen Sie herein. Sie müssen völlig erfroren sein.« Er hielt den Portalflügel auf. Als die Soldaten sich anschickten, die Halle zu betreten, erhob er abwehrend die Hand: »Siekönnen gehen, meine Herren«, erklärte er barsch. »Sie werden nicht mehr gebraucht.« Er wollte ihnen den Rücken zukehren, aber das konnte der Leutnant nicht zulassen: »Wir verlangen auf der Stelle, Seine Lordschaft, den Viscount of Bakerfield, zu sprechen«, forderte er.
    Shedwell war damit beschäftigt, Mary Ann über die Stufen zu helfen: »Morgen, Herr Leutnant, morgen. Kommen Sie zu einer christlichen Stunde wieder, dann werde ich sehen, was ich für Sie tun kann.«
    St. James konnte sich nicht erinnern, einem Diener jemals so dankbar gewesen zu sein.
    Doch Mr. Mason ließ sich nicht abschütteln. Mit vor Zorn geröteten Wangen und kaum verhohlener Entrüstung stürmte er am Butler vorbei in die Vorhalle, »im Namen des Königs!« rief er und richtete sich dabei kerzengerade auf, »im Namen des Königs verlange ich, auf der Stelle Seine Lordschaft, den Viscount of Bakerfield, zu sprechen.«
    »Kein Grund, sich zu echauffieren, Leutnant«, sagte eine strenge Stimme von der Tür zum Salon her. »Sagen Sie, was Sie mir zu sagen haben, und dann gehen Sie. Ich bin müde. Es war ein langer Tag.« Der Viscount war, von allen unbemerkt, von Mr. Finch in die Halle geschoben worden. Seine gelähmten Beine waren, wie stets, in eine

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