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Schneegestöber (German Edition)

Schneegestöber (German Edition)

Titel: Schneegestöber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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fuhren die ersten beiden Stunden zügig und in flottem Tempo. Die karge braune Winterlandschaft zog im Dämmerlicht an den Kutschenfenstern vorbei. Die beiden Mädchen lehnten sich in die Polster zurück und waren nach kurzer Zeit eingenickt. Dann hielt Al an, um die Pferde zu wechseln und um seinen beiden Reisenden zwei Becher dampfend heißen Kaffee ins Wageninnere zu reichen. Zu Mittag waren sie in Avebury. Sie kehrten in einer kleinen Poststation ein und nahmen ein karges Mittagessen zu sich. Al mied die großen Poststationen absichtlich. Denn dort würden ihre Verfolger als erstes nach ihnen fragen. Keiner der drei verspürte großen Appetit. Zu groß war die Angst, daß plötzlich ein schnelles Gefährt kam, sie überholte und zum Stehenbleiben zwang. Wenn sie doch nur schon in London wären, und wenn der Earl sich doch schon bereit erklärt hätte, sie bei sich aufzunehmen. Al versuchte, ihre Zweifel zu zerstreuen. Miss Stapenhills Kutsche war eine der modernsten Ausführungen. Es würde kaum möglich sein, sie heute noch einzuholen. Und doch schien auch er von der Aufregung, die seine Begleiterinnen erfaßt hatte, angesteckt worden zu sein. Jedenfalls wurde er zunehmend schweigsamer, je mehr sie sich der Hauptstadt näherten. Am Nachmittag gönnten sie sich nur eine weitere kurze Pause zum Pferdewechsel und um ein Glas Limonade zu trinken. Dann trieb der Bursche die Pferde unbarmherzig an. ES wurde rasch dunkel um diese Jahreszeit. Bereits gegen vier Uhr verschwanden die letzten Sonnenstrahlen am Horizont. Ein Glück, daß es wenigstens nicht schneite. Sie beschlossen, in Reading zu übernachten. Der Ort war so groß, daß sie auch abseits der Poststation geeignete Unterkunft finden sollten. Nun hatten sie denGroßteil der Strecke zurückgelegt. Am frühen Nachmittag des nächsten Tages würden sie in London ankommen.
    Als sie ihr Ziel für den ersten Tag erreichten, hatten die beiden Kutscheninsassinnen das Rumpeln und Schütteln der Reise mehr als satt. Sie waren müde und hungrig, ängstlich und voller Zweifel, ob sie das Richtige getan hatten. Von der freudigen Erregung und der Abenteuerlust, die sie zu dieser Reise veranlaßt hatten, war nicht mehr viel zu spüren. Al entschied, daß sie im Gasthof »Zur blauen Ente« übernachten würden, der ihm einen vertrauenerweckenden Eindruck machte. Er lenkte das Gespann in den Vorhof ein und hielt vor der breiten braunen Tür an. Das Wirtshausschild, auf das eine blaue Ente gemalt war, die watschelnd über eine grüne Frühlingswiese lief, bewegte sich quietschend im Wind hin und her. Aus den bleiverglasten Scheiben drang gedämpftes Licht einladend ins Freie. Al sprang vom Bock und streckte seine matten Glieder. Es war schon eine Ewigkeit her, daß er so lange auf dem Kutschbock gesessen war. Ein skeptischer Blick zum Himmel entlockte ihm ein tiefes Seufzen. Wenn er sich nicht irrte, dann gab es in Kürze Schnee. Das fehlte gerade noch. Mit raschem Griff öffnete er den Schlag. Kalter Wind blies Kitty entgegen, als er ihr aus dem Wagen half. Erschrocken hielt sie ihren Hut fest. » El tiempo es aquí malísimo! « rief sie aus. »Was für ein schreckliches Wetter! Sehen Sie zu, daß Sie die Tiere sofort in den Stall bringen, Al. Wir müssen mit den Pferden morgen noch fahren. Dies hier scheint keine Poststation zu sein. Daher können wir die Pferde nicht wechseln.«
    Al war eben dabei, Mary Ann aus der Kutsche zu helfen. Nun drehte er sich zu seiner Herrin um: »Genau das werde ich tun, Missy«, erklärte er gelassen. »Doch zuerst gestatten Sie mir, Sie in den Gasthof zu begleiten. Sie können schlecht hier draußen warten, bis ich die Pferde abgerieben habe.«
    »Natürlich warten wir nicht hier draußen«, fuhr Kitty ihn an. »Was für ein absurder Gedanke. Mary Ann und ich werden alleine in das Gasthaus gehen. Wir brauchen Ihre Hilfe nicht.«
    Al wollte etwas einwenden, aber Kitty ließ ihn nicht zu Wort kommen. Sie war müde. Und wenn sie müde war, dann war sie gereizt. Und wenn sie gereizt war, dann konnte sie unausstehlich werden.
    Das wußte Al inzwischen, und darauf wollte er es nicht ankommen lassen. Als sie nun abermals in scharfem Ton wiederholte, daß dieTiere umgehend abgerieben gehörten, da nickte er nur, holte die Taschen aus dem Wagen und stellte sie neben den Damen ab. Darauf schwang er sich wortlos auf den Kutschbock und fuhr den Wagen hinter das Haus.
    Mary Ann knöpfte mit klammen Fingern ihren Mantel zu. »Ob deine Entscheidung wirklich

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