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Schneegestöber (German Edition)

Schneegestöber (German Edition)

Titel: Schneegestöber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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eingeschaufelt hatten, auf ein Schiff zu laden. Einen Sack nach dem anderen. Tag für Tag. Zwei Monate war ich bei ihm. Doch ich wußte bald, daß ich mich nach einer anderen Arbeit umsehen mußte, wollte ich nicht über kurz oder lang zum Krüppel werden. Eines Morgens bei Nacht und Nebel zog ich los. Es war Gott sei Dank nicht zu kalt zu dieser Zeit, und ich konnte mich von dem ernähren, was Waldund Wiese für mich bereithielten. Ich half einige Wochen bei diesem Bauern aus, bald bei jenem, und schließlich landete ich bei einem Bauern namens Biggar. Es war zu dieser Zeit, als ich schon des öfteren daran dachte, meinen Ring aus dem Saum hervorzuholen und nach Hause zu fahren. Ich hatte kaum etwas zu essen und bereits einige Pfund Gewicht verloren. Ich dachte, daß ich bald zu schwach werden würde, um überhaupt arbeiten zu können. Und da traf ich Biggar. Er war zum Markt gefahren, um sein Gemüse zu verkaufen. Ich hielt ihn für wohlhabend und sprach ihn an, ob er nicht Arbeit für mich hätte. Das hatte er. Und er war auch bereit, mir neue Kleidung zu kaufen, und versorgte mich noch auf dem Marktplatz mit Essen. Ich war ihm sehr dankbar. Ich konnte ja nicht wissen, daß ich mich in ihm getäuscht hatte. Als wir auf seinem Hof nahe Bath waren, ließ er mich schuften wie einen Sklaven. Tag und Nacht. Zudem weigerte er sich standhaft, den mir zustehenden Lohn auszuzahlen. Er behauptete, ich müsse zuerst das Geld abarbeiten, das er auf dem Marktplatz für mein Essen und meine Kleidung ausgegeben hatte.
    Die Verpflegung war nicht schlecht und auch die Unterkunft passabel, und so entschloß ich mich, doch zu bleiben. Es war nicht mehr lange bis Oktober. Im Oktober ging das Jahr zu Ende. Für mich war klar, daß ich keinen Tag länger in Biggars Diensten bleiben würde als unbedingt notwendig. Ich zählte die Tage, ich zählte die Stunden, ich konnte vor Aufregung kaum noch schlafen. Und dann kam endlich der heißersehnte Tag. In der Frühe, noch im Morgengrauen, packte ich meine Sachen. Gegen Mittag war es dann soweit. Der Bauer und die Bäuerin hatten sich zur Ruhe begeben, wie sie es jeden Tag nach einem kräftigen Lunch zu tun pflegten. Ich schlich, wie ich hoffte, von den anderen unbemerkt, aus dem Tor. Ich hatte eine wenig befahrene Straße ausgekundschaftet, auf der ich nach Bath gelangen wollte. Auf der Poststraße zu marschieren schien mir zu gefährlich. Der Bauer bekam oft Besuch von Nachbarn aus der Gegend. Ich wollte nicht riskieren, daß mich jemand erkannte und zu ihm zurückbrachte. Leider hatte mich Millie gesehen. Eine Milchmagd, ebenso drall wie dumm. Noch dazu hatte sie sich in den Kopf gesetzt, daß ich ihr Liebhaber werden sollte.«
    Al grinste, als er das angewiderte Gesicht seines Gegenübers sah.
    »Wenn ich nicht ohnehin schon einen Grund für eine überstürzte Flucht gehabt hätte, Millie wäre einer gewesen. Sie sah mich also aus dem Tor hinausgehen und muß umgehend in das Schlafzimmer des Bauern gelaufen sein. Es dauerte nicht lange, und Biggar heftete sich an meine Fersen. Wäre Miss Mary Ann nicht gewesen, die zufällig am Straßenrand stand, er hätte mich gnadenlos auf sein Gut zurückgezerrt. Ich bin sicher, er hätte mich ordentlich mit der Peitsche verdroschen. Und dann hätte er von mir verlangt, daß ich noch härter arbeite als vorher, und sicherlich hätte er in der Nacht meine Kammer zugesperrt. Wer weiß, wann mir das nächste Mal die Flucht gelungen wäre.«
    »Mary Ann hat dir geholfen?« vergewisserte sich der Earl. »Wie kam sie auf die einsame Landstraße? Hatten deine Eltern sie ausgeschickt, um nach dir zu suchen?«
    Al verstand kurz nicht, was sein Freund mit dieser Frage meinen konnte. Sein ratloser Blick entging diesem nicht: »Na, ich meine, Mary Ann ist doch Detektivin. Vielleicht haben deine Eltern…«
    Nun verstand Al. »Nein, nein!« rief er erheitert. »Mama und Dad kennen meine Wette mit Onkel Milton. Sie fanden auch, Arbeit könne mir nicht schaden. Allerdings wollten sie auch keinen Skandal. Darum hat man ausgestreut, ich sei auf den Kontinent gefahren, um eine Kavalierstour zu machen. Hast du denn nicht davon gehört?«
    Der Earl überlegte: »Jetzt, da du es erwähnst, scheint mir, daß ich es tatsächlich gehört habe. Ja, irgend jemand sagte einmal, du würdest Europa bereisen. Das schien mir reichlich seltsam, da die Zeiten dort alles andere als friedlich und einladend sind. Ich dachte, wenn man schon in England leben kann, dann soll man froh

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