Schneemond (German Edition)
unpassenden Moment gestört würden, zum anderen hatte er das Gefühl, sie konnten ein wenig frische Luft durchaus nötig haben. Sie redeten über alle möglichen Aspekte des Falles, klammerten jedoch die Dinge, die Moore zuletzt in der Pathologie erfahren hatte bewusst aus. Letztlich – sie waren zwischenzeitlich an einer etwas abgelegenen Bank, an der Uferpromenade, zur Ruhe gekommen – war Moore zu der Überzeugung gelangt, dass er Torrens langsam reinen Wein einschenken musste.
»Was wissen Sie über DNA-Analysen Frank?«, fragte er seinen Partner.
Torrens sah ihn lauernd und scheinbar auf alles gefasst, an.
»Nun, ich denke, darüber weiß ich einiges. Bringt der Beruf mit sich.«
»Dr. Warren, der Biologe in Karen’s Team, hat den beiden Opfern Zellproben entnommen und DNA-Tests durchgeführt«, fuhr Moore zaghaftfort.
Torrens rutschte auf seinem Platz unruhig hin und her.
»Meine Güte, Sam, jetzt machen Sie es doch nicht so spannend. Stammen die Beiden etwa von Außerirdischen ab, oder was?«
Moore schüttelte leicht den Kopf.
»Nein, das nicht. Das wäre allerdings für mich leichter zu verstehen.«
»Verdammt, Sam....« Frank Torrens wurde nun etwas ärgerlich darüber, dass sich Moore so zierte.
Dieser hob jedoch beschwichtigend die Hände.
»Ist ja gut, Frank, ist ja gut.«
Er schloss kurz die Augen und atmete tief durch, bevor er eine mittlerweile verknitterte Aktenhülle aus der Innentasche seines Mantels zog und fortfuhr.
»Also! Dr. Warren hat mit den Zellproben DNA-Tests gemacht. Die Erkenntnisse hieraus waren nicht so berauschend, bis auf die Tatsache, dass sich die Proben in einigen Sequenzen erstaunlich ähnelten. Daraufhin hat Dr. Warren mitochondriale DNA extrahiert....«
»Moment Sam, das geht mir jetzt ein wenig zu sehr ins Detail«, unterbrach ihn Torrens, »Was genau hat es mit.... wie sagten Sie noch mal?«
»Mitochondriale DNA.«
»Ja genau. Was hat es mit dieser mitochondrialen DNA genau auf sich?«
»Nun Frank, dazu muss ich ein bisschen ausholen. Es gibt in den Zellen zwei Arten von Erbinformationen. Da ist zum einen die Zell-DNA, in der alle Erbinformationen enthalten sind. Diese DNA stellt eine Mischung der Erbinformationen von Vater und Mutter da. Für eine genaue Verfolgung der Abstammungslinien ist die allerdings eher weniger geeignet, da eine eindeutige Zuordnung zu einer Blutlinie schon nach wenigen Generationen nicht mehr möglich ist. Die Zell-DNA ist jedoch für die Zuordnung von Abstammungen zwischen zwei Generationen – also Eltern und Kinder – beziehungsweise für die eindeutige Identifikation über den Vergleich von, zum Beispiel, Hautrückständen und Zellproben des Körpers unabdingbar. Anders verhält es sich mit mitochondrialer DNA. Diese DNA befindet sich nur in den Mitochondrien – das sind sozusagen die Brennstofftanks der Zelle – und enthalten nur Informationen, die für den Betrieb dieser Mitochondrien nötig sind.«
Er blätterte kurz in den Unterlagen, die ihm Karen, genauso ungläubig wie er, in der Kürze der Zeit zusammengestellt hatte. Torrens war jetzt allerdings nicht sehr offen für Verzögerungen, gleich welcher Art und reagierte entsprechend gereizt.
»Und? Weiter, was nun?«
»Also ich muss jetzt ein wenig ins Detail gehen, damit Sie auch wirklich verstehen worauf ich hinaus will.«
»Na dann gehen Sie doch endlich ins Detail, Sam«, drängelte Torrens.
»Ja nun, passen Sie auf! Beim Befruchtungsvorgang sind Mitochondrien – und damit auch mitochondriale DNA – natürlich in der Eizelle enthalten. In den männlichen Spermien sind Mitochondrien jedoch nur in der Fortbewegungsgeißel enthalten, die jedoch beim Eintritt des Spermiums in die Eizelle abgeworfen wird. Das heißt aber, dass die mitochondriale DNA nur von der Mutter auf die Kinder übertragen wird. Im Hinblick auf eine ganze Blutlinie findet diese Vererbung also nur von der Mutter auf die Tochter statt.«
Torrens blickte einigermaßen verständnislos. »Und....?«
»Dieser Umstand wird von Genetikern und Anthropologen genutzt, um Erblinien – Blutlinien – zu identifizieren. Zudem kann durch Vergleiche von Mutationen in einem sogenannten Kontrollbereich dieser DNA deren Alter bestimmt werden.«
Torrens unterbrach ihn erneut.
»Ich verstehe immer noch nicht, worauf das hinauslaufen soll....«
Moore blickte Torrens fest in die Augen.
»Das will ich Ihnen sagen, Frank. Ob Sie das dann akzeptieren können oder überhaupt verstehen, ist eine ganz andere
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