Schneenockerleklat
erwischt zu haben. Und auf Frauen würde er ohnehin
nicht schießen, nein, nicht auf Frauen. Da hörte sich der Spaß auf, selbst wenn
es um die Ehre ging.
Florian Nowotny hatte nur kurz, dafür aber gut geschlafen. Er
war bereits gegen 8 Uhr beim Frühstück gewesen. Und seither grübelte er.
Irgendwie ging ihm das, was Carol über ihre Anteile und den Syndikatsvertrag
mit ihrem Vater erzählt hatte, nicht aus dem Sinn.
Vor allem aber versuchte er herauszufinden, wo er diesen
seltsamen Kerl, den Jeremy, der Carol in der Bar aufgefallen war, schon gesehen
hatte.
Aber es wollte und wollte ihm nicht einfallen. Und so
entschloss er sich, etwas zu tun, was sich in ähnlichen Situationen bereits
bewährt hatte. Er setzte sich an seinen Laptop und ging online. Immerhin hatte
er ja zwei Anhaltspunkte.
Da war der Name Jeremy Mansford. Und dann noch der einer
Kanzlei in Birmingham, Ashley, Masterson & Waterbridge, wenn er sich
richtig erinnerte.
Dazu gab es sicher einige interessante Informationen in den
endlosen Weiten des World Wide Web.
In der Zwischenzeit hatte sich Toni zum Handeln
entschlossen. Er hatte sich sorgfältig geschminkt, die langhaarige blonde
Perücke sorgfältig aufgesetzt und sich in das hellgraue Kostüm gezwängt, das
Carlo so geliebt hatte. Dann war er, das Scharfschützengewehr Carlos in den
Falten seines Mantels versteckt, in den 3. Stock geschlichen.
Wo er das 56-jährige Zimmermädchen Aloisia Nachtbaur aus
Schottwien in das Zimmer 309 lockte, sie vorsichtig, aber höchst effektiv
fesselte und knebelte und dann in die Badewanne setzte. Dabei bewies er, dass
er kein ganz schlechter Kerl war. Denn Aloisias Schulterknochen, Anton hatte
keine Ahnung von ihrer medizinisch eindeutigen Bezeichnung, schienen bereits
über Gebühr abgenutzt. Beim Versuch, ihre Arme hinter den Körper zu drehen,
hatte die arme Frau schmerzhaft aufgestöhnt.
Worauf sich ihr mitfühlender Peiniger damit begnügt hatte,
die Arme vor dem Körper Aloisias zu fesseln.
Jetzt hatte Antonio aber anderes im Sinn. Er kauerte am Boden
des Balkons und lugte vorsichtig über das Geländer. Hinunter auf das immer
lebhafter werdende Geschehen vor dem Haupteingang des ›Semmering Grand‹.
*
Nachdem
Palinski einige Sachen in seinem Büro im Institut für Krimiliteranalogie erledigt
hatte, darunter auch das Studium des teilweise recht erfreulichen
Posteinganges, hatte er sich bereits kurz nach 10.15 Uhr auf die Liege im alten
Rettungsauto schnallen lassen. Nur mit dem Bauchgurt, verstand sich. Das
erschien Mario aber sinnvoll, denn er wollte nicht in jeder Kurve aus dem Bett
fallen.
Das Handy hatte er bereits vorher abgestellt, also musste er
sich jetzt nur auf einen angenehmen Traum konzentrieren, um einzuschlafen. Das
funktionierte ansonsten prächtig bei Palinski, war heute aber eher
kontraproduktiv.
Denn das Schreiben der Juristischen Fakultät der Universität
Rostock, mit dem er eingeladen wurde, Krimiliteranalogie probeweise ein
Semester lang als Wahlfach anzubieten, hatte ihn sehr stolz gemacht.
»Ihre thematische Konzeption, Schlussfolgerungen und das
didaktische Konzept erscheinen uns interessant und einen Probelauf wert!«,
hatte der Dekan geschrieben, und »möchten wir Ihren Vorschlag, vier zweitägige
Blockseminare unter Ihrer Leitung im nächsten Wintersemester durchzuführen,
gerne realisieren«. Also wenn das nichts war, Palinski war richtig stolz und
aufgeregt. Und trotz des gigantischen Schlafdefizits meilenweit davon entfernt,
die Augen zuzubekommen.
Allein der Gedanke, sich demnächst schon Universitätslektor
und vielleicht einmal Assistenz- oder Außerordentlicher oder Gastprofessor
nennen zu dürfen, war selbst für den an sich überhaupt nicht titelgeilen
Palinski ungemein reizvoll. Was jeder noch so wenig titelgeile Österreicher
gewiss verstand.
Weniger zufrieden war Palinski mit dem Verlauf der Tage am
Semmering. Organisatorisch hatte zwar alles bestens geklappt, die Gäste waren
zufrieden, soweit er das beurteilen konnte.
Aber in den drei, vier Tagen waren in kriminalistischer
Hinsicht einige Dinge passiert, besser gesagt, nicht passiert, die gerade vor
dem Hintergrund der 50. Vollversammlung der Föderation der Europäischen
Kriminalpolizei besonders auffielen, ja geradezu grotesk wirkten.
Bereits auf der Anreise ein toter Journalist auf dem Topferl
im Sonderzug. Gut, das konnte man mit etwas Chuzpe vielleicht noch als nicht
zur
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