Schneenockerleklat
höchster Anerkennung aus dem britisch-adligen
Munde folgte der des tiefsten Sturzes.
Palinski, für den zu diesem Zeitpunkt sogar noch eine neue
Laufbestzeit möglich war, hatte die problematische Stelle bereits hinter sich
gebracht, als ca. 350 Meter Luftlinie entfernt Pahl-Giacometti schon wieder
niesen musste. Diesmal fiel die explosionsartige Entweichung der Luft aus
seiner Nase unglückseligerweise genau mit der Betätigung des Abzuges zusammen.
Ein kleiner Ruck und damit eine geringfügige Veränderung der Flugbahn des eben
aus dem Lauf ausgetretenen Projektils war die Folge.
Kleine Ursache, aber große Wirkung:
Die Kugel, die den linken Ski Palinskis seitlich unterhalb
des Vorfußes hatte treffen sollen, war gegen die metallene Schnalle des
Skischuhs gestoßen, von dort abgeprallt und in eine veränderte, völlig
unkontrollierbare Flugbahn eingetreten.
Der Fahrer selbst, durch den Schlag auf den Schuh
natürlich irritiert, hatte noch versucht, einen Schwung nach rechts zu setzen,
war dann aber in hohem Bogen aus der Piste geflogen, direkt auf einen
Streckenposten zu, der sich gerade in den Schnee gesetzt hatte und auf dem der
Fahrer jetzt auch landete.
Merda, merda, merda, Pahl-Giacometti war schwer verärgert
über den Fehlschuss. Dieses verdammte Niesen, wenn so etwas im Ernstfall
passierte, konnte das schlimm ins Auge gehen. Er suchte nach dem
Papiertaschentuch, fand es aber nicht und holte ein neues aus der halb vollen
Packung.
Am Rande der Piste war Palinski sofort wieder auf den Beinen.
Als er sich bei dem älteren Funktionär des Skiklubs Semmering für den
Zusammenstoß entschuldigen wollte, musste er allerdings feststellen, dass mit
dem alten Herrn, einem gewissen Alois Katzenbacher, wie sich später
herausstellen sollte, etwas nicht stimmte. Überhaupt nicht stimmte.
Nicht nur, dass er leise, aber unüberhörbar stöhnte. Nein, er
hielt auch die rechte Hand krampfhaft auf die Mitte der linken Brust gepresst.
Plötzlich sickerte Blut aus seinem Mundwinkel, er wimmerte noch ein letztes
Mal, dann sank er zurück.
Hektisch riss sich Palinski die Skibrille vom Kopf und
versuchte, den Puls am Hals des Leblosen zu finden.
Aber vergebens. Nach einigen Versuchen brach er ab und
brüllte laut um Hilfe.
Nun war auch nicht mehr länger zu übersehen, was ein, zwei
Zuseher bereits vermutet hatten. Hinter dem auf Palinski getrimmten Äußeren
verbarg sich niemand anderer als sein um 23 Jahre jüngerer Assistent Florian
Nowotny. Im Gegensatz zu seinem Chef war der ein ganz passabler Skiläufer.
Der wirkliche und einzig wahre Mario Palinski aber kam, für
sein Alter zugegebenermaßen auch noch ganz schön flott unterwegs, von einem der
hinteren Plätze der Tribüne her angetrabt.
Allgemeines Raunen erfüllte den Zuschauerraum, und nicht nur
Sir Frederick schüttelte zunächst ungläubig den Kopf.
Dann wurde er aber sauer. Und das sogar reichlich. Das hätte
er Palinski wirklich nicht zugetraut.
Das Schicksal des armen Alois Katzenbacher ließ den Sir
dagegen vergleichsweise kalt. Kein Wunder, bei seinem Job war man an Leichen
halt gewöhnt.
Inzwischen hatte Pahl-Giacometti seine Waffe mit
raschen, kundigen Griffen in ihre Bestandteile zerlegt und in dem dafür
vorgesehenen, speziellen Behältnis verstaut.
»Antonio, andiamo!«, rief er etwas ungeduldig, doch sein
Sekretär kam und kam nicht. Saß da und presste sich ein zerknülltes, weißes
Tuch gegen die Nase. »Einen Moment!«, entschuldigte er sich, »aber ich habe
Nasenbluten. Ich komme sofort!«
»Die Nase kannst du dir auch noch nachher halten!«, herrschte
ihn sein Chef an. »Jetzt müssen wir weg, ehe die da unten«, er deutete
unbestimmt ins Freie, »noch auf die Idee kommen, uns hier zu suchen!«
5.
Mittwoch, 19. Februar, bis Mitternacht
Fink Brandtner vom LK Niederösterreich war so
gegen 18.30 Uhr am Semmering angelangt. Gerade rechtzeitig, um noch an der
improvisierten Pressekonferenz teilnehmen zu können, die den plötzlichen Tod
Alois Katzenbachers zum Gegenstand hatte.
Wie der Gemeindearzt Dr. Fallaberg vorbehaltlich der
Ergebnisse der nachfolgenden Autopsie mitteilte, war das unglückliche Opfer
durch einen Schuss ins Herz tödlich verletzt worden.
Sepp Gebringer, Kommandant des Polizeipostens Semmering,
wusste wieder zu berichten, dass es sich bei dem tödlichen Treffer aller
Wahrscheinlichkeit nach um einen Querschläger gehandelt hatte. Die Kugel musste
in einem
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