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Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Titel: Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Wittekindt
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Verhöre. Jetzt geht es erst mal darum, dass Kristina die Wahrheit sagt. Aber auch nicht um mehr! Er hat also ein gutes Gefühl. Einfach weil die Perspektive endlich wieder stimmt. Und das verdankt er eindeutig Juliet. Ja, er ist regelrecht beschwingt von dem neuen Ansatz, geht auch viel lockerer als sonst.
    Im Glaskasten trifft er Ohayon, der seinen Gummibaum gießt.
    »Mit dir ist irgendwas los, Roland. Oder?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Du gehst so komisch.«
    »Ich gehe komisch?«
    »Weiß nicht. Ein bisschen wie ein betrunkener Roboter.«
    Roland Colbert lässt Ohayon stehen und geht in sein Büro. Kurz darauf informiert ihn die Staatsanwältin, dass Kristina in fünfzig Minuten gebracht wird. Sie fragt ihn auch, ob die Beweislage wirklich stichhaltig ist.
    »Der Anwalt von Frau Stühler versucht mit allen Mitteln zu verhindern, dass du Kristina weiter verhörst. Ich hoffe, du weißt, was du tust.«
    Er wusste es noch nie so genau. Kristina kommt erst in einer Dreiviertelstunde. Er bereitet sich also sorgfältig auf die Vernehmung vor. Es geht eigentlich nur darum, Klarheit zu haben. Natürlich hat sie Angst vor dem Verhör, das kann er sich vorstellen. Diese Angst muss er ihr nehmen. Es gibt seiner Ansicht nach drei Möglichkeiten.
    Erstens: Kristina sagt die Wahrheit. Sie haben sich gestritten, und es hat sich ein Unfall ereignet.
    Zweitens: Kristina hat Angst und deckt jemanden.
    Drittens: Kristina hat Angst vor ihm. Das ist die gefährlichste Variante. Es ist durchaus möglich, dass sie etwas gesehen hat. Etwas, das sie für unwichtig hält. Das herauszufinden, wird seine eigentliche Aufgabe sein.

    Kristina ist pünktlich, und Roland Colbert setzt die Befragung fort. Die Atmosphäre ist entspannt, und Kristina versteht, dass er sie schützen wird, falls sie vor jemandem Angst hat.
    »Ja, hab ich verstanden, aber ich hab vor niemandem Angst.«
    Auch die nächsten dreißig Minuten verlaufen völlig normal. Aber dann, während er beginnt, sie zu den Details zu befragen, verändert sich das.
    »Du sagst, Geneviève ist weggelaufen, nachdem ihr was auf den Kopf gefallen ist. Wohin?«
    »Richtung Wald.«
    »War da im Wald noch jemand außer Philippe? Was ist mit Thomas und Max? Versuch, dich zu erinnern. Ist euch, während ihr beim Schuppen wart, irgendwas merkwürdig vorgekommen?«
    »Warum fragen Sie danach? Nach Thomas und Max. Ich hab doch letztes Mal schon gesagt, was passiert ist. Wir hatten Angst und haben uns gegenseitig gewärmt. Dann habenwir uns gestritten. Geneviève hat sich losgerissen und ist gegen einen Holzpfeiler gefallen.«
    »Ja, das hast du gesagt. Mich interessiert, ob in der Zeit davor, ob dir da irgendwas aufgefallen ist. Zum Beispiel beim Haus. Ist da Licht angegangen, ist jemand rausgekommen?«
    »Weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass wir zum Schuppen sind und Angst hatten. Und dass uns kalt war. Und dass dann Streit war und dass Geneviève sich losgerissen hat und gegen den Pfeiler gefallen ist. Und dann ist was runtergefallen, auf ihren Kopf.«
    »Du musst mir helfen, Kristina. Es geht uns vor allem darum herauszufinden, ob zum Beispiel Philippe oben an der Lichtung war. Philippe ist tot, der kann dir nichts mehr tun …«
    »Warum fragen Sie immer nach den anderen?«
    Roland Colbert registriert, dass Kristina sehr nervös ist.
    »Es war zwischen Geneviève und mir! Wir haben uns gestritten! Wir! Wegen mir ist sie gegen den Pfeiler gefallen. Ich bin schuld, dass sie tot ist!«
    Kristina hat sich so in ihre Selbstbeschuldigung reingesteigert, dass sie außer Atem ist. Sie fängt an zu weinen. Der Kommissar gibt ihr ein Taschentuch und lässt ihr Zeit. Irgendwann nickt sie und sagt, dass sie wieder in Ordnung ist.
    »Kristina. Guck mich mal an.« Sie guckt ihn an, und er kann gar nicht anders, als seinem Instinkt zu folgen. »Hast du vor irgendwem Angst?«
    »Nein, ich habe keine Angst.«
    Roland Colbert verändert sich. Er merkt es selbst und kann nichts dagegen tun. Sein Wunsch, ihr zu helfen, verwandelt sich in etwas Hartes, Verbohrtes. Sie hat geweint, sie hat ihm erklärt, dass sie schuld ist an Genevièves Tod. Warum lässt er es nicht dabei bewenden?
    »Hat irgendwer mit dir geredet?«
    »Meine Mutter. Und der Anwalt. Der meinte, ich soll gar nichts sagen. Warum ist das wichtig?«
    »Was du mir hier erzählst, sind das deine eigenen Worte?«
    »Natürlich. Warum sollen das nicht meine eigenen Worte sein?«
    »Weil das immer so gleich klingt, weil du alles so gut weißt, weil du

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