Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Titel: Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Wittekindt
Vom Netzwerk:
verloren? Er versucht das Verhör zu rekapitulieren, weiß, dass es etwas mit Kristinas Genauigkeit zu tun hat, mit der Art, wie sie die Fakten Wort für Wort wiederholt hat. Das war einstudiert! Sie hat Angst! Er hat kein Tonband mitlaufen lassen. Er wird nie beweisen können, was für eine Stimmung in seinem Büro geherrscht hat.
    Verstand verloren? Ausgerastet?
    Es ist viel schlimmer, als er sich eingesteht. Er ist ja gar nicht ausgerastet. Er hat vernünftige Fragen gestellt, und Kristina hat vernünftig geantwortet. Er kann sich überhaupt nicht erklären, was passiert ist. Das macht seine Verzweiflung aus. Und die ist vehement.

Zehnter Tag – Montag
    Am Montag muss das Team neu organisiert werden. Die Staatsanwältin hat mit dem Kommissar telefoniert, und der schlug vor, dass Ohayon bis auf Weiteres die Ermittlungen leiten soll. Der Kommissar hat außerdem ein Protokoll der Vernehmung von Kristina geschrieben und Ohayon gefaxt.
    Ohayon studiert das Protokoll und erschrickt. Kristina hat eine absolut schlüssige Geschichte erzählt. Nach Ohayon lesen auch Conrey und Grenier das Protokoll.
    Um zehn versammeln sie sich in Ohayons Büro. Es ist eng. Normalerweise besprechen sie sich immer im Zimmer des Kommissars. Jetzt will keiner da rein. Die Stimmung ist schlecht, und Conrey hat noch nicht verdaut, dass Ohayon plötzlich aufgestiegen ist.
    »Also Ohayon, du bist jetzt unser Chef, was sollen wir tun?«
    Ohayon weiß es nicht.
    Sie waren zwei Ansätzen gefolgt. Der Kommissar hatte sich auf Kristina gestürzt, und er selbst war einer Theorie nachgegangen, in der Heimann eine Rolle spielte.
    »Wir müssen wohl von vorne anfangen.«
    »Oder?«
    »Lass ihn in Ruhe, Conrey!«
    »Warum will er noch mal von vorne anfangen? Kristina hat doch klipp und klar gesagt, was passiert ist! Ihr habt doch das Protokoll gelesen. Sie hat sich ja sogar für schuldig erklärt!«
    Das war eigentlich eine gute Frage. Warum sollten sienoch mal von vorne anfangen? Und trotzdem! So zögerlich und verworren Ohayon oft war, dieser Fall war für ihn nicht abgeschlossen. Das hatte erst mal nichts mit Solidarität gegenüber Roland Colbert zu tun. Vielleicht ein bisschen, aber … Nein, es hatte etwas mit der Tatsache zu tun, dass Ohayon am Freitag auf der Lichtung zum Wald hinübergesehen hatte. Und es hatte etwas mit Roland Colberts Aufzeichnungen des Verhörs zu tun.
    Für Grenier ist der Fall offenbar auch noch nicht abgeschlossen: »Du bist zu schnell, Conrey, du bist immer zu schnell.«
    »Dann sag mir, Grenier, wonach suchen wir noch?«
    Ohayon schaltet sich ein. »Roland war offenbar der Meinung, dass sie jemanden deckt.«
    Conrey sieht das anders. »Kristina war dabei, als Geneviève das Ding auf den Kopf gekriegt hat. Also entweder du bist, genau wie Roland, der Meinung, dass sie lügt, dann haben wir Schwierigkeiten. Dann müssten wir nämlich genau da weitermachen, wo Roland aufgehört hat. Ich glaube allerdings nicht, dass die Staatsanwältin uns erlaubt, Kristina noch einmal zur Vernehmung …«
    »Jetzt halt mal die Luft an, Conrey! Was zu tun ist, bestimmt Ohayon, auch wenn dir das nicht gefällt.«
    Ohayon weiß, dass er keine Möglichkeit hat zu entkommen. Nur fällt ihm leider nichts ein. Also fängt er einfach an. Vielleicht kommt ihm ja beim Reden ein Einfall. »Wenigstens wissen wir jetzt, wer es nicht war. Ich war in Saarbrücken, und die sagen, Heimann war’s nicht.«
    »Woher wissen die das?«
    »Der stand nur auf kleine Mädchen, und selbst da wissen sie nicht, ob das was Sexuelles war oder … oder eben gar nichts.«
    »Natürlich war er’s nicht! Geneviève ist was auf den Kopf gefallen! Wieso wollt ihr …«
    Grenier unterbricht Conrey. »Bis gestern warst du dir absolut sicher, dass es Kristina war. Jetzt bist du dir absolut sicher, dass Geneviève nur einen Unfall hatte. Du bist zuschnell, Conrey.« Da sie ohnehin feststecken, nimmt Grenier einen ganz alten Faden wieder auf. »Wenn Roland meint, dass sie jemanden deckt … Wir wissen immer noch nicht hundertprozentig, ob Philippe nicht doch oben an der Lichtung war. Und was ist mit dem Mann, den ich am Waldrand gesehen habe? Von dem haben wir wenigstens eine Reifenspur.«
    »Also alles noch mal von vorne …«
    Ohayon hebt die Hand. Conrey schweigt. Er blättert in Roland Colberts Protokoll. Es dauert ein Weilchen, bis er die Stelle findet. Während er blättert, spürt Ohayon etwas, das gut ist. Sergeant Ohayon hat den Eindruck, er sei aufgewacht.
    »Hier …

Weitere Kostenlose Bücher