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Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Titel: Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Wittekindt
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sie es gemalt hat, er stellt sich vor, was für Bilder sie vielleicht in Zukunft noch gemalt hätte. Eine Entdeckungsreise, solche Bilder … Sergeant Ohayon malt sich einiges aus. Als er mit seinen Vorstellungen fertig ist, sieht er, dass er inzwischen allein am Grab steht. Es ist kalt. Die Blumen an den Kränzen werden schnell kaputt sein. Er geht.
    Danach fangen sie alle an, Geneviève zu vergessen.

    Der Urlaub in Spanien nähert sich seinem Ende. Die Tage, nachdem Juliet ihm erklärt hatte, dass sie im Moment keine Kinder wollte, waren schmerzhaft gewesen, und sie gingen vorsichtig miteinander um. Aber sie redeten auch viel. Nicht nur über Kinder. Und so kamen sie allmählich wieder zusammen. Ob da jemand großmütig war, verständnisvoll oder aufgeschlossen? Die Frage ist überflüssig. Liebende schaffen so was. Es war wohl einfach nur eine blöde Zeit gewesen. Diese Wochen, in denen sie getrennt waren.
    Vielleicht hat Roland ja etwas davon gespürt. Von Juliets inneren Kämpfen. Ihre Ungeduld ist vielleicht auf ihn übergesprungen und hat ihn ungeduldig gemacht, gegen Kristina.
    Hat er sich deshalb so verrannt bei ihrer Befragung? Liegt da die Verbindung zwischen ihrem Leben und seinem?
    Oder gab es in dieser Zeit überhaupt keine Verbindung zwischen ihnen?
    Manche werden das so sehen. Dass Juliets Fragen und Selbstzweifel nichts mit Rolands Arbeit zu tun hatten. Manche aber sind hellwach, wenn es um solche Zusammenhänge geht, die angeblich keine sind. Sie lauern auf den entscheidenden Gedanken, auf das entscheidende Wort. Sie sagen: » So getrennt darf man das nicht denken!«
    Manche wollen die Welt eben so sehen. Voller Verbindungen. Für sie sind sich die Menschen näher, als andere das für möglich halten. Sie würden tatsächlich behaupten, dass viele Motive, die für den Mordfall eine Rolle spielten, auch eine Rolle in Juliets und Sinas Leben dieser Tage spielten, sie würden behaupten, dass wir alle uns viel ähnlicher sind, als immer behauptet wird, sie würden sogar so weit gehen zu behaupten, dass sich Impulse, Zwänge und Motive eines Mädchenmörders auch in Juliets Denken wiederfinden, ja sogar im Denken von Sina. Und zwar nicht nur in allgemeiner Form, sondern oft knapp am Umschlagspunkt.
    Stehen wir also alle kurz davor, Mörder zu sein? Kann uns das, was so eklig ist, selbst passieren? Gäbe es am Ende eine Möglichkeit, oder … gäbe es sogar eine Art Verpflichtung, dieekelhaften Gedanken und Zwänge eines Mörders zu … zu verstehen? Sich damit zu … beschäftigen?
    Schluss!
    Es geht ohne Traum, Zauber und Dunkelheit weiter. Ganz irdisch und wach.
    In der letzten spanischen Nacht wacht Roland um drei Uhr morgens auf. Knallwach auf einmal. Es ist so hell im Zimmer und … irgendwas geht da in ihm um.
    Er entwindet sich der Schlafenden, zieht sich an und verschwindet. Vielleicht, weil Vollmond ist. In seinem Traum war es auch hell gewesen. Der ganze Traum hatte aus nichts als Helligkeit bestanden.
    Er geht zum Hafen. Spiegelglatt kommt ihm das Wasser vor. Am Himmel der Mond. Über dem Wasser Nebel. Dünn.
    Roland fühlt sich leer.
    Hängt das jetzt doch wieder mit Juliet zusammen oder liegt es am Mond? Oder am Nebel, der sich verdichtet?
    Zwanzig Minuten steht er so. Zwanzig Minuten muss er unter Mond und Nebel leiden, ehe ihm plötzlich etwas in den Sinn kommt. Ein kleiner Einfall nur, der nichts mit Juliet oder seiner Leere zu tun hat.
    Als sie am nächsten Morgen zurückfliegen, lehnt Juliet mit ihrem Kopf an seiner Schulter und schläft.

    Als Roland das Büro von Ohayon betritt, passiert das schwungvoll. Der Kommissar ist neu aufgeladen und gut gelaunt.
    »Ohayon! Mein Freund!«
    »Roland! Mein Freund! Wow! Ganz schön braun! Wie war der Urlaub?«
    In Ohayons Büro steht nur ein Stuhl.
    »Wir müssen reden. Komm!« Sie gehen in Rolands Büro. »Setz dich, Ohayon.«
    »Worum geht’s denn?«
    »Es ist nirgends aufgetaucht.«
    »Was?«
    »Genevièves Höschen.«
    »Fang nicht wieder an.«
    »Es ist nirgends aufgetaucht.«
    »Du hast keinen Fehler gemacht. Du hast dich nur irgendwie verrannt, bei deinem Verhör. Aber fang nicht wieder an.«
    »Ein Höschen hat Kristina nie erwähnt. Sie hat oft und ausführlich darüber gesprochen, was sie und Geneviève miteinander gemacht haben, aber …«
    »Vielleicht hat sie nicht alles gesagt. Weil das Sexuelle, was sie mit ihrer Freundin hatte, nicht in Ordnung war. Oder?«
    »Sie hat extrem viel darüber gesprochen, Ohayon.«
    »Roland,

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