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Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Titel: Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Wittekindt
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hin, ihm damit den letzten Fitzel unter den Füßen wegzuziehen? Denn das schließt jeder Versuch der Rehabilitierung mit ein. Hatte ihr Wühlen diese Größe, weil es dabei letztlich um Loyalität geht? Oder war es doch nur ein zwanghaftes Ausschalten letzter Eventualitäten, im fest umrissenen Rahmen ihrer Absperrbänder, ein stumpfes Kratzen in Schnee und Dreck? Weil das eben auch zur Arbeit gehört und zur Pflicht? Alles zu Ende zu bringen, koste es, was es wolle.
    Zwei Tage später klärt sich das Letzte, was noch in diesen Rahmen gehört, der vielleicht alles ist, für sie.
    Albert Munier erstattet ihr selbst Bericht.
    »Ich nehme an, du bist vor allem am Ergebnis interessiert.«
    »Und?«
    »Ja. Die Aussage eurer Zeugin deckt sich mit unseren Untersuchungen.«
    »Das Opfer ist also nicht aktiv erschlagen worden.«
    »Wir hatten den Auftrag herauszufinden, ob es möglich und wahrscheinlich ist, dass das Opfer von genau dieser herabfallenden Walze erschlagen wurde. Die Antwort lautet ja.«
    Marie sieht Albert an. Er kommt ihr fremder vor als irgendwer auf der Straße. Alle Arbeit: das Frieren, das Suchen, die Kosten. Alles umsonst? Oder doch richtig?
    Ja! Uneingeschränkt ja! Kein Zweifel in dieser Frage. Das hat Größe. Ironie ist hier völlig unangebracht. MenschlicheGröße. Wissen wollen. Völlig unabhängig von Sinn und Zweck. Daran zu zweifeln wäre Irrsinn, eine Verleugnung dessen, was Menschen sind. Den Dingen muss auf den Grund gegangen werden.
    Eine Stunde später klappt Marie Grenier von der Spurensicherung in Fleurville den Deckel ihres Berichts zu und gibt ihn ins Sekretariat zum Kopieren.

    Am Donnerstag ist es endlich soweit. Sina ist total überdreht, weil sie sich viel zu sehr in die Sache mit der Reise reingesteigert hat. Erst als sie im Flugzeug sitzen, wird sie ruhiger. Sie hat ein bisschen Flugangst.
    In Barcelona zieht sie sofort los. Für Roland und Juliet kommt das etwas überraschend. Diese Unternehmungslust. Aber Sina hat sich verändert. Ihr Haarschnitt gefällt ihr inzwischen, und sie zieht sich jetzt so auffällig an, dass Roland Colbert sich bereits Sorgen macht.
    »Natürlich ist es gut, Sina, dass du dich mehr um dein Äußeres kümmerst, wir haben ja öfter darüber gesprochen …«
    »Wo ist das Problem?«
    »Ich finde, du übertreibst es, ich meine, hast du dich mal im Spiegel angeguckt?«
    Juliet unterdrückt ein Lachen. »Davon darfst du ausgehen, dass sie sich im Spiegel angeguckt hat. Und zwar ungefähr zwei Stunden.«
    »Was ist jetzt? Seh ich dir zu nuttig aus oder was?«
    Roland Colbert versteht überhaupt nicht so ganz, was da gerade passiert. Sie haben doch alles besprochen. Nächtelang hatten Juliet und Sina in der Küche gesessen und auf Grundlage der Reiseführer ein komplettes Programm für die drei Wochen ausgearbeitet. Aber Sina geht ihre eigenen Wege.
    Während der ersten drei Abende berichtet sie noch davon, was sie alles gesehen hat, aber schon am vierten Abend geht es nicht mehr um Architektur oder Kunst. Sie hat ein paar junge Spanier kennengelernt. Von da an sehen die Eltern sienur noch manchmal beim Frühstück. Roland will wissen, mit wem sich Sina trifft, aber die wischt die Frage ihres Vaters einfach weg.
    »Leute wie ich!«
    Also verbringen Roland und Juliet ihren Urlaub zu zweit. Und vielleicht ist das auch besser so. Roland ist noch nicht ganz damit fertig, dass er so abgestürzt ist, als er Kristina verhört hat. Juliet muss sich immer wieder anhören, wie das Verhör gelaufen ist. Roland Colbert denkt laut. Versucht, den Moment einzugrenzen, in dem er abgerutscht ist. Und natürlich rechtfertigt er sich.
    »Ihre Mutter hat sich in allem widersprochen! Und wie sollte ich auf die Idee kommen, dass der Grund dafür einfach der war, dass sie ihre Tochter für schuldig hielt, weil sie schuldsüchtig ist! Das konnte ich nicht wissen!«
    Irgendwann hört das Gott sei Dank auf, und der Kommissar beginnt zu verstehen, dass er einfach einen Fehler gemacht hat. Nicht mehr und nicht weniger. Und so kommt es zu einer denkwürdigen Situation. Sie sind bereits zehn Tage in Barcelona, als er und Juliet an einem auffälligen Gebäude vorbeikommen. Der Kommissar bleibt stehen, blickt hoch und zeigt Juliet, was er sieht. Wieder muss Juliet scharf die Lippen zusammendrücken, um nicht zu lachen.
    »Ja, Roland. Gaudí. Da gehen wir jeden Tag dran vorbei.«
    Der Kommissar nickt. Er ist auf dem Wege der Besserung, wird bald die innere Ruhe haben, mit ihr über die

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