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Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Titel: Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Wittekindt
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gefunden?«
    »Ich lag schon eine Weile wach, als ich rausging. Ich war von irgendwas aufgewacht und konnte nicht wieder einschlafen, weil ein Junge im Wald rumgrölte. Das kommt öfter vor, dass sie grölen, wenn sie betrunken sind.«
    »Verstehe.«
    »Ich ging vor die Tür, ich … geh immer raus, wenn ich nicht schlafen kann. Frische Luft. Was soll man sonst machen?«
    Roland Colbert sagt nichts. Es entsteht eine Pause. »Ich kenne meinen Garten. Außerdem haben wir Vollmond, oder? Ich habe sofort gesehen, dass da was lag. Ich habe ihren Kopf angehoben. Das Blut. Es ist eine große Wunde. Sie war tot. Dann habe ich angerufen. Ich hätte sie vielleicht nicht anfassen dürfen.«
    »Ist Ihnen vorher was aufgefallen? Haben Sie etwas gesehen oder gehört? Einen Streit zum Beispiel.«
    »Nur den Jungen, der rumgrölte. Davon bin ich wahrscheinlich aufgewacht. Wie ich schon sagte: So was kommt öfter vor. Sie kommen gerne her, wenn sie betrunken sind. Ich habe mich schon öfter beschwert, aber niemand unternimmt etwas.«
    Roland Colbert nickt. Er steht auf, geht wieder zu Genevièves Bild. Madame ist etwas verstört. Der Kommissar behandelt sie mit einer Distanziertheit, als hätte er kein Interesse an ihr. Er fragt, aber er hat kein Interesse.
    Roland Colbert betrachtet das Bild. Aber da ist nichts zu sehen. Kein Geheimnis, kein versteckter Hinweis. Wie einfach doch alles sein könnte! Wenn er jetzt auf dem Bild, ganz klein und versteckt, eine Hexe entdecken würde, die zwischen den Bäumen hervorlugt. Eine Hexe mit einem Knüppel. Aber es gibt keine Hexe auf dem Bild.
    Madame Darlan hat ihre Ruhe zurückgewonnen. »Sie kam sicher vom Parkplatz. Der Parkplatz ist ein beliebter Treffpunkt. Meist sind die jungen Leute betrunken und kommen aus der Discothek von Fleurville. Der See wird von einer warmen Quelle gespeist.«
    »Ich kenne den See.«
    »Jetzt im Winter steigt über dem See Nebel auf. Offenbar gefällt der Nebel betrunkenen Jugendlichen.«
    Roland Colbert weiß, dass hier nichts mehr zu erfahren ist. Es hat ja auch kein Verhör stattgefunden. Er hat sich nur ein Bild vom Haus gemacht, kontrolliert, was man von hier aus sieht, ein paar Fragen gestellt und einen Eindruck gewonnen, von Madame. Wenn ein Verhör nötig ist, wird es stattfinden.
    »In Anbetracht dessen, was passiert ist, sind Sie sehr geistreich, Madame.«
    »Im Wald liegen überall Kondome rum. Die Jungen machen die Mädchen betrunken und bringen sie her. Was bleibt, sind die Kondome. Was, bitte, sollte ich da mit einer Attitüde?«
    Schritte im Flur, Ohayon. »Roland …«
    »Ich komme gleich.«
    »Nein, sofort. Die von der Feuerwehr haben im Wald einen Jungen gefunden. Er ist tot.«

    Nichts!
    Grenier hat den Schuppen untersucht. Nichts gefunden. Kein Blut. Keine Waffe. Der Schuppen selbst ist abgeschlossen. Sie hat sich einen Schlüssel bringen lassen. Als sie die Tür öffnet, Spinnweben. Da war keiner drin. Sie hat den Raum trotzdem untersucht. Wahrscheinlich aus dem Ersten Weltkrieg. Militärsachen. Uraltes Zeug. Uniformen, Zelte, lederne Taschen und Stiefel. Alles verstaubt, aber trocken. Säbel findet sie nicht. Keine Waffen.
    Sie verlässt den Schuppen, stellt sich die Situation vor. Ein Mädchen, das in der Disco war. Wie immer sie herkam und warum, sie muss gefroren haben. Unerklärlich. Warum ist sie nicht ins Haus gegangen? Wenn sie nicht im Haus war. Wohin? Schutz suchen vor der Kälte. Nur hier. Oder wurde sie erschlagen, als sie die Lichtung betrat?
    Der offene, überdachte Teil des Schuppens. Unter einemKartoffelsack. Zwei alte Säbel. Also von hier … Aber am Säbel war kein Blut. Hat sie den mitgenommen, um sich zu verteidigen? Gegen wen?

    Der Weg zu dem zwei Kilometer entfernt liegenden Jungen ist beschwerlich. Obwohl im Wald weniger Schnee liegt. Der Fundort des Jungen. Am Fuß einer mächtigen Tanne, weiß bestreut. Noch ein Fossil. Kein Hinweis auf äußere Gewalteinwirkung. Nicht auf den ersten Blick. Roland Colbert hat nur einmal hingesehen. Das Bild wird bleiben, den Rest werden Grenier und der Medizinmann erledigen.

    Der Mann aus dem Auto steht wieder in seinem Gewächshaus. Der Frauenschuh wird bald blühen. Es schneit immer noch. Der Schnee wird alles verdecken. Seine Anwesenheit wird unentdeckt bleiben. Auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause ist ihm niemand begegnet. Keiner fährt bei dem Wetter, Glück gehabt. Zwei Mal wäre er fast stecken geblieben. Sie werden nichts finden, keine einzige Spur.
    Mit den Orchideen ist

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