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Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Titel: Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Wittekindt
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Warum hat sich Max noch nicht gemeldet? Jeder hier in Fleurville weiß, dass Geneviève ermordet wurde.«
    »Das wird er uns erklären müssen. Hat sich jemand negativ über Max geäußert?«
    »Nein.«
    »Bei dir, Ohayon?«
    »Nee, außer … Ein Mädchen meinte, dass er ein Schleimer ist, der immer nur sagt, was die anderen sagen.«
    »Ein Mitläufer.«
    »Ja, aber einer, der die Klappe ziemlich aufreißt. Ich glaube, eigentlich mag sie ihn. Das Mädchen, das sagte, dass er ein Schleimer ist.«
    »Ein Schleimer mit einer großen Klappe also. Na, mal sehen, was Max dazu sagt. So weit ist das Kino ja nicht.«

    Die Eltern von Max hatten schon geschlafen. Aber daran liegt es nicht, dass das Feuer nicht mehr brennt, dass sie nebeneinanderstehen wie zwei erloschene Kerzen, von denen die eine größer ist als die andere. Und wissen tun sie auch nichts. Angeblich ist Max in Deutschland. Sie haben mit ihm telefoniert. Noch vor einer Stunde. Es geht ihm gut. Sie sind nicht beunruhigt.
    »Na, dann rufen Sie bitte noch mal an!«
    »Anrufen?«
    »Jetzt?«
    »Ja, jetzt! Ihr Sohn soll sich sofort hier einfinden und seine Aussage machen!«
    Max’ Eltern sind seltsam gleichgültig. Als ginge sie das alles nichts an. Auch Ohayon und Conrey sagen nichts. Es ist still. Ohayon sieht eine Standuhr, die wohl vor einundvierzig Jahren stehen geblieben ist. Außerdem Teppiche. Sogar an den Wänden. Ein Goldfisch schwimmt in einer alten Vase. Und der immerhin ist munter! Freut sich darüber, dass es noch mal hell geworden ist in der Stube. Ohayon nickt, als er das bemerkt. Niemand beachtet ihn, und Roland Colbert verliert allmählich die Geduld.
    »Weil ihr Sohn zusammen mit Geneviève am Feensee war! Letzte Nacht, als sie ermordet wurde! Deshalb wollen wir mit ihm sprechen! Und wenn’s geht, noch bevor wir hier alle Wurzeln schlagen.«
    »Ach so.«
    Max’ Vater zögert. Macht zwei Schritte. Bleibt stehen. Zögert erneut. Ruft schließlich in Deutschland an. Max ist nicht da. Die Gleichgültigkeit der Eltern, die Teppiche, die Müdigkeit. Roland Colbert hat die Nase voll. »Gut, dann wird er zur Fahndung ausgeschrieben. Conrey, ruf in Deutschland an, die sollen ihn suchen und festnehmen.«
    Max’ Vater hält diese Maßnahme für übertrieben. Man sieht es. Er öffnet den Mund. Sagt nichts. Max’ Mutter schließt sich der Meinung ihres Mannes an, indem sie sich an der Hand kratzt.
    Die Ermittler verlassen das Haus. Sie stehen auf der Straße.Vor dem Kino ein paar Jugendliche, die rauchen. Ein älterer Mann mit einer Plastiktüte kommt vorbei. Bleibt kurz stehen. Dreht sich um. Geht ein Stück zurück. Dreht sich wieder um. Geht weiter.
    »Gut. Schluss für heute. Wir sehen uns morgen um acht.«
    Dann ruft Grenier an.
    »Was hat sie gesagt?«
    »Die Proben von Walter Heimanns Mercedes. Er war am Feensee.«
    »Voilà!«

    Sex. Fischernetze, Beichte und Mord.
    Es ist ein Zufall. Wirklich! Die meisten Morde sind Zufall. Gelegenheiten. Eine lange fällige Entlastung. Und sehr viele Morde passieren in der Familie. Oder unter Freunden. Da hält eine Frau ihren Mann nicht mehr aus, oder ein Mann seine Frau. Dabei hatte es doch so schön begonnen. So wie bei Roland und Juliet. Roland hat sich an den Abend nach dem Feuerwehrfest erinnert, daran, dass seine Frau eigentlich immer Lust hatte, was er für wichtig hält, und an die Fischernetze und auch daran, dass sie damals über Kinder gesprochen hatten.
    Juliet hat heute nicht an Sex gedacht. Aber an Kinder. Und an Pflichten. Sie ist müde. Mürbe. So mürb und müde, dass sie keine Lust hat, ins Bett zu gehen. Dabei war im Verlag gar nicht viel los. Nicht mal Monsieur Joiet hat sie heimgesucht. Nein, der Verlag konnte nichts dafür. Sie hatte keine Entscheidung getroffen. Noch vor ein paar Tagen war alles klar gewesen. Sie hatte einen guten Job und einen Mann. Da war es gar keine Frage, dass sie demnächst vielleicht Kinder haben würden. Andererseits – als sie vor zwölf Jahren im Verlag anfing, war sie sich so sicher gewesen, dass sie eines Tages allein bestimmen würde, was in die Lesebücher kam und was nicht. Woran lag es, dass sie dabei war, diese Vorstellung Stück für Stück aufzugeben? An Roland? In den Jahren vor ihm hatte sie alles dafür getan aufzusteigen. Sich zu verwirklichen.Seit sie mit Roland zusammen war, fühlte sie sich tausendmal besser. Aber ausgerechnet dieses Besserfühlen hatte ihr die Kraft geraubt. Stattdessen gefiel sie sich plötzlich in ihrer Rolle als

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